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Traditionsreiche Adler-Apotheke schließt nach fast 220 Jahren

Bernkastel-Kues. Die seit Generationen familiengeführte Adler-Apotheke am Marktplatz in Bernkastel hat zum 1. Mai geschlossen.

Bild: Marita Blahak

Seit fast 220 Jahren besteht die Apotheke in Bernkastel. Im Jahre 1805 gegründet ist sie in der sechsten Generation im Besitz der Familie Stöck. Aus Altersgründen und aufgrund schwieriger äußerer Bedingungen ist ihre Schließung unumgänglich. Auf der Kueser Seite führt Apotheker Michael Stöck mit der Marien-Apotheke und demnächst auch der Cusanus-Apotheke die Familientradition aber weiter.

Gebäude wurde 1660 erbaut

Sie ist ein wahres Prunkstück in der Runde der alten Fachwerkhäuser am Marktplatz in Bernkastel. Mit ihrer prächtigen Fachwerkfassade trägt die Adler-Apotheke als größtes Haus sehr zur Schönheit des Marktplatzes bei. Wie die überwiegenden Häuser ist sie mit einer schmiedeeisernen Wetterfahne des Meisters Georg Ambeck geschmückt, unter dem geschwungenen Giebel ist das Baujahr 1660 zu lesen. Jährlich zur Adventszeit verwandelt sich die Apotheke in den größten Adventskalender der Region. In den Fenstern öffnet sich dann jeden Abend ein Türchen, begleitet von einer adventlichen Darbietung aus dem Erker.

Seit 1805 befindet sich in diesem vornehmen Patrizierhaus eine Apotheke, gegründet von Anton Stöck. Er stammte aus Ochtendung und heiratete Maria Clara Elisabeth Deuster aus diesem Haus am Markt. Apotheker Stöck betrieb seine Apotheke mit einem angestellten Provisor (erster Gehilfe in einer Apotheke). Aus der Familie Stöck gingen in den folgenden zwei Jahrhunderten einige aufeinander folgende Apotheker hervor, die teilweise auch in der Stadtpolitik sehr aktiv waren.

"Das Wohl des Kranken ist oberstes Gesetz"

So wie es früher üblich war, beherbergten die meisten Häuser im Erdgeschoss Handwerk und Gewerbe, in den Obergeschossen die Wohnräume. Im Jahre 1970 wurde das Apothekerhaus grundlegend renoviert und den veränderten Anforderungen der Betriebserlaubnis angepasst. So entstand aus der Apotheke mit integriertem Wohnhaus dann ein reines Geschäftshaus, Der heutige Senior, Apotheker Peter Stöck, ist seit 1971 der Inhaber der Adler-Apotheke. Seine Schwester Eva Stöck gründete 1958 die Marien-Apotheke in der Saarallee auf der Kueser Seite. Sie war die erste Frau in der langen Reihe der männlichen Apotheker. Die Marien-Apotheke zog 1997 in die Friedrichstraße um. Peter Stöck übergab im Jahre 2006 den Betrieb an seinen Sohn Michael, blieb aber weiterhin Leiter der Apotheke am Markt.

Auf einer historischen Eichentür im Obergeschoss des Hauses steht ein Spruch in lateinischer Sprache, der übersetzt lautet: "Das Wohl des Kranken ist oberstes Gesetz". Dem fühlt sich die Apothekerfamilie Stöck von Anfang an verpflichtet, und so wird es auch in der jetzigen, sechsten Generation bleiben. Peter Stöck war mit Leib und Seele Apotheker und um das Wohl seiner Kunden bedacht: "Aber mit 84 Jahren ist es sicher an der Zeit, aufzuhören", sagt er.

Veränderte Rahmenbedingungen

Stöck, der sich auch lange Zeit kommunalpolitisch als Vorsitzender des Werbekreises für seine Stadt eingesetzt hat und als Mitinitiator des Weihnachtsmarktes gilt, nennt aber auch einen bedeutenden Grund, der die nun erfolgte Schließung unausweichlich macht. "Die geschäftlichen Bedingungen wurden im Stadtteil Bernkastel ab Mitte der 90er Jahre ständig schlechter und schwieriger", betont er. Die großen Filialen auf der "Grünen Wiese" zogen den Rückgang des "kleinen" Einzelhandels nach sich. Und auf den Bau des Burgbergtunnels, der sicher auch begrüßenswert war, folgte die Sperrung der Innenstadt für den Verkehr.

Die Stadt wurde zur Fußgängerzone, was die Touristen freute, den Einheimischen aber als Einkaufsstadt für den täglichen Bedarf weniger zugute kam. Auch die Adler-Apotheke am Markt spürte die verkehrstechnische Veränderung. Sie bedeutete für die Kunden, die Medikamente im Notdienst benötigten, das Auto kostenpflichtig auf dem Parkplatz an der Mosel abzustellen und dann zu Fuß in die Innenstadt zu gehen, was für Kranke, Beeinträchtigte und Mütter mit Kindern eine nicht geringe Belastung darstellte.

"Als notwendigen Teil einer Touristenstadt und für unsere Bürger haben wir die Adler-Apotheke aber dennoch weitergeführt", erklärt Peter Stöck. Nach seinem Ausscheiden aus Altersgründen wird die Apotheke nun endgültig geschlossen. Die Familie Stöck bleibt der Stadt aber als Apothekerfamilie erhalten, mit der bestehenden Marien-Apotheke und der künftigen Übernahme der Cusanus-Apotheke.

Text: Marita Blahak


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