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»Die Kirchenmitglieder müssen mitgenommen werden«

Das Bistum Trier gliedert seine Pfarreien neu. Ende März wurde der Entwurf für eine neue Raumgliederung der Diözese in 35 »Pfarreien der Zukunft« vorgestellt. Darin wird Adenau mit Gerolstein, Hillesheim und Teilen von Daun und der Oberen Kyll zu einer fast 600 Quadratkilometer großen Pfarrei zusammengefasst. Der WochenSpiegel hat mit Pfarrer Rainer Justen über den Entwurf und die Reaktion der Adenauer darauf gesprochen.
Pfarrer Rainer Justen hofft darauf, den vorgestellten Plan des Bistums zur Zusammenlegung der Pfarreien mit einem konstruktiven Entwurf abwenden zu können. Foto: Tim Nolden

Pfarrer Rainer Justen hofft darauf, den vorgestellten Plan des Bistums zur Zusammenlegung der Pfarreien mit einem konstruktiven Entwurf abwenden zu können. Foto: Tim Nolden

WochenSpiegel: Waren sie am Entwurf beteiligt?
Justen: Der Entwurf wurden von einer sogenannten Teilprozessgruppe erarbeitet. Dies ist im Rahmen der Umsetzung der Beschlüsse der Bistumssynode geschehen. Darin war ich nicht Mitglied. Die Pfarreien der Zukunft sollen große Räume umfassen, in denen netzwerkartig gearbeitet werden soll. Als Richtwert wurden 60 Pfarreien angegeben.
Wie war ihre Reaktion auf den Entwurf?
Meine persönliche Reaktion war ambivalent. Ich war aber durchaus überrascht, dass 35 eingerichtet werden sollen. Eigentlich standen 60 im Raume. Ich hatte damit gerechnet, dass Adenau eine Pfarrei der Zukunft wird, weil hier ja auch ein Mittelzentrum ist. Eine gewisse Perspektive liegt darin, dass die neue Pfarrei einheitlich ländlich ist. Je heterogener die Gegend ist, desto schwieriger wird die Arbeit.
Was sind die grundsätzlichen Herausforderungen bei einer Pfarrei dieser Größe?
Die Funktion einer Pfarrei muss ganz neu entwickelt werden. Was wir bisher kennen, hat nicht diese Dimensionen.
Die Erwartungen der Pfarrangehörigen werden sich grundlegend verändern müssen. Wie werden die Vermögensverwaltung oder die Gremienarbeit umgesetzt und wie wird die Erstkommunion und die Beerdigungen organisatorisch realisiert?
Ist die Umstrukturierung Chance oder Gefahr?

Ich würde den Begriff Herausforderung bevorzugen. Da weiß man vorher auch nicht, ob man sie bestehen kann, ob man die erforderlichen Kräfte und die Kompetenz hat. Die Kirchenmitglieder müssen mitgenommen werden – sonst werden die Kräfte nicht reichen.
Wird die Kirche dann unpersönlicher?  
Der persönliche Kontakt ist eine wesentliche Ausdrucksform der Kirche. Der Pfarrer kann durch den Kontakt schon gemeinschaftsstiftend sein. Dieses Potenzial nimmt ab, je größer die Einheiten werden. Aber die Strukturveränderungen sind dem Rückgang der Priesterzahlen geschuldet. Schon aktuell kann das Bistum Trier nicht alle 172 Pfarrgemeinschaften bedienen. Der Entwurf richtet sich danach, mit wie vielen Priestern man in 20 Jahren rechnet. Ich fürchte auch, dass der Beruf durch die Neugliederung nicht attraktiver wird. Es könnte das Gegenteil der Fall sein. Eine große Rolle kommt den kompeteten hauptamtlichen Laienseelsorgern zu, deren Bedeutung zunehmen wird. Wir müssen zudem auf die Ehrenamtler hoffen, mit denen auch ohne Seelsorger eine Zusammengehörigkeit entsteht.
Wünschen sie sich, dass Adenau alleine eine Pfarrei der Zukunft wird?
Nicht nur ich, auch die Gremien, in denen wir den Entwurf reflektiert haben. Wir fürchten, dass die 9.142 Katholiken aus der Pfarreiengemeinschaft Adenauer Land durch die ungute Randlage sich in einer Raumgliederung wiederfinden, die den Kriterien, die sich das Bistum gesetzt hat, nicht entspricht.
Was kann man nun tun?
Die Menschen sollten eine Rückmeldung an das Bistum geben, dass die vorgeschlagene Lösung nicht ideal für uns ist. Eine konkrete Alternative kann aber nur auf der Ebene der Gremien gefunden werden. Wir müssen Argumenten finden für eine umsetzbare Alternative, die den Kriterien des Bistums entspricht.  Deshalb sprechen wir jetzt mit den umliegenden Pfarreien. Da gibt es Orte, die an Adenau als Mittelzentrum orientiert sind, aber zu anderen Pfarrengemeinschaften gehören. Wir wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen, ob man das nicht anders gestalten kann und so eine Alternative bieten. Das Zeitfenster für diese Diskussion ist begrenzt und es ist jetzt offen. Danach wird die Neugliederung die Grundlage für die nächsten 20 Jahre pastoralen Handelns sein.

Resonanz an das Bistum

In einer »Resonanzphase«, die bis in den Herbst 2017 dauern soll, lädt das Bistum ein, Rückmeldungen, Bedenken, Anregungen und Vorschläge zum vorgelegten Entwurf der Raumgliederung zu äußern. In Aussicht gestellt wird, dass diese von der Teilprozessgruppe Raumgliederung mitbedacht und gewürdigt werden, wenn sie einen vorläufig endgültigen Gliederungsvorschlag vorlegen wird. Der Pfarreienrat der Pfarreiengemeinschaft Adenauer Land und die Verbandsvertretung des Kirchengemeindeverbands haben sich auf ihrer gemeinsamen Sitzung am 26. April 2017 mit dem Entwurf für die »Pfarreien der Zukunft« befasst. Die Vertreter beider Gremien haben sich einstimmig dafür ausgesprochen, sich beim Bistum Trier für die Einrichtung einer eigenen »Pfarrei der Zukunft« Adenau einzusetzen. Dafür benötigen sie auch die Unterstützung der Bevölkerung. Dies kann schriftlich oder im Internet gegeben werden. Formulare zur Rückmeldung sind über das Pfarrbüro erhältlich. Im Netz kann man partizipieren unter
www.bistumtrier.de/heraus-gerufen/raumgliederung-35-pfarreien-der-zukunft/weiter-gehts-resonanzphase/  und
www.resonanz-bistum-trier.de/


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