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Fotografie lehrt zu sehen

»Die Welt mag keine unabhängigen Frauen. Warum das so ist, weiß ich nicht, aber es ist mir auch egal.« Diese lakonische Bilanz zog Berenice Abbott im Alter von 92 Jahren.

Kurz vor ihrem Tod im Jahr 1991 blickte die 1898 in Springfield geborene Fotografin auf eine sechs Dekaden umspannende Karriere zurück. Ihre Erfolgsgeschichte begann sie als Porträtfotografin in Paris und sie brachte ihr dank des Mammutprojekts Changing New York schon früh Weltruhm ein. Selbst das MoMA als Olymp zeitgenössischer Kunst würdigte ihre Errungenschaften mit einer eigenen Retrospektive. »Changing New York« gilt als eines der ehrgeizigstenfotografischen Großprojekte, das jemals realisiert wurde. Zwischen 1935 und 1939 dokumentierte die studierte Bildhauerin den rasanten Wandel der amerikanischen Metropole. Dieses und ihr Gesamtwerk sind Inhalt der monografischen Werkschau, die ursprünglich für das Jeu de Paume in Paris konzipiert wurde und danach unter anderem in der kanadischen Art Gallery of Ontario zu sehen war. Nun kommt sie zu Besuch nach Monschau. Mehr als 120 Vintage-Drucke illustrieren den faszinierenden Weg dieses Freigeistes, der in den 1920ern Europa kennen- und die Fotografie lieben lernte. Wolkenkratzer, Reklameschilder, metallene Konstruktionen, glänzende Pflastersteine, ungeschönte Gesichter: Berenice Abbott revolutionierte Architekturaufnahmen, fing mit Straßenszenen den Zeitgeist ihrer Ära ein, porträtierte Menschen und dokumentierte Reisen. Die sich verändernde Welt und insbesondere den »American Way of Life« bannte sie zwischen zwei Weltkriegen und im Zuge vieler Erfindungen und Neuerungen in Schwarz-Weiß. In ihren Arbeiten wird auch immer wieder deutlich, wie wenig diese Bohème sich um gesellschaftliche Konventionen und ungeschriebene Gesetze scherte: Sie überschritt sie, knipste sie weg. »Fotografie bringt dir bei zu sehen«, sagte sie selbst. Ausstellungseröffnung ist am Sonntag, 16. Oktober, um 12 Uhr im KuK, Austraße 9. Geöffnet ist das offene Atelier dienstags bis freitags von 14 bis 17 Uhr sowie am Wochenende und an Feiertagen von 11 bis 17 Uhr. www.kuk-monschau.de


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