Stolpersteine gegen das Vergessen
»Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist«, zitiert der Künstler Gunter Demnig den Talmud. Am Mittwoch, 10. Mai, kommt der Gründer der »Stolperstein«-Stiftung nach Eicherscheid. Gegenüber der Kirche lebte dort von 1922 bis 1939 die einzige jüdische Familie des früheren Landkreises Monschau - Leo Kaufmann mit seiner Frau Helene und Tochter Edith. Der Familienvater hatte 1922 vom damaligen Bäcker und Gastwirt Junkersdorff in der Ortsmitte ein Haus samt Gaststätte gekauft und diese Gastronomie auch weiter geführt. Gleichzeitig betrieb Leo Kaufmann eine Landwirtschaft sowie einen Viehhandel. Die Familie war im Dorf- und Vereinsleben zunächst gut integriert. Dies änderte sich jedoch schlagartig nach der Machtübernahme der Nazis 1933 und insbesondere nach der Inkraftsetzung der »Nürnberger Rassengesetze« 1935. Der damalige Lehrer Hermann Althoff schrieb in die Ortschulchronik, welche Schwierigkeiten allein die Anwesenheit der jüdischen Familie hervorrufe. Trotz eindringlicher Appelle mache mancher Bewohner Geschäfte mit Leo Kaufmann, der in ungezählten Fällen »die biederen Bauern des Monschauer Landes übers Ohr gehauen hat«. Die Schikanen wurden zusehends größer - eingeworfene Glasscheiben, Hakenkreuz-Schmierereien am Haus, antisemitische Gesänge vor den Fenstern. Doch es gab auch Lichtblicke: Mitarbeiter des Dorfladens aber versorgten die Kaufmanns in der Dunkelheit mit dem Nötigsten. Nach schwierigen und unerträglichen Jahren im Ort wurde Leo Kaufmann schließlich am 10. November 1938 - dem Tag nach der Reichsprogromnacht - verhaftet und zur Zwangsarbeit ins Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. Als Kriegsversehrter des ersten Weltkrieges wurde Kaufmann nach sechs Wochen freigelassen - mit seiner Familie gelang ihm Anfang 1939 die Flucht ins nahe Belgien. Nach der deutschen Besatzung Belgiens überlebte die Familie den Zweiten Weltkrieg mit gefälschten Papieren. Nach Kriegsende kehrte Leo Kaufmann 1949 für wenige Monate nach Eicherscheid zurück, während seine Frau und Tochter in der Zeit in Mützenich wohnten. Kurze Zeit später emigrierte die Familie in die USA.