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Sybille Schönhofen bil

Bankgeschäfte per Videochat – Radikaler Schritt der Voba

Die Volksbank Eifel eG schließt weitere 16 Geschäftsstellen. Die Filiale in Rittersdorf hatte bereits im März den Anfang gemacht. Um weiter flächendeckend im Geschäft zu bleiben, beschreitet die Volksbank neue Wege der Kommunikation mit dem Kunden. Interaktive Servicepoints stellen den direkten digitalen Draht zum Bankberater her.

Ein kleiner Ort in der Eifel. In der Volksbankfiliale langweilt sich die Einmannbesetzung. Heute hatte der Bankangestellte in drei Stunden vier Kunden. »Arbeit für zwanzig Minuten«, schildert Andreas Theis, Vorstand der Volksbank eG, den durchschnittlichen  Kundenverkehr in vielen kleinen  Geschäftsstellen. »So kann es nicht bleiben«, sagt Theis. Zeit für eine Umstrukturierung. Ein Film zeigt, was sich ändern wird: Ein Volksbank-Kunde betritt durch einen schneckenhausförmigen Eingang eine Kabine mit Kameras. Von einem Bildschirm begrüßt ihn ein Bankangestellter.  Per Videokommunikation gibt er Auskünfte, nimmt Ein-und Auszahlungen und Überweisungen entgegen und erledigt weitere gängige Aufträge. Ein großer Vorteil für den Kunden  liege in den ausgedehnten Geschäftszeiten, betonen die Vorstände der Volksbank Eifel, Michael Simonis und Andreas Theis. Denn an den Servicepoints sind die Mitarbeiter der Bank an fünf Tagen von 7 bis 19 Uhr erreichbar. Sie bedienen den Videochat vom Servicecenter in Prüm aus.

Ziel: Modernste Bank in der Region

Das auf den ersten Blick futuristisch anmutende System trägt den Namen VR SISy. Die Abkürzung steht für Service-Interaktiv-System. Damit will die Volksbank Eifel eG zur modernsten Bank der Region werden. Die Idee, wie Geschäftsstellen reduziert, die Serviceleistungen mit persönlichem Kontakt zum Bankmitarbeiter aber trotzdem flächendeckend über digitale Servicepoints per Videokommunikation erhalten werden können, hat die Volksbank Eifel aus Landau übernommen. Dort erprobt die VR Bank Südpfalz das Modellprojekt seit einem Jahr. Den Videoservice VR SISy kombiniert die Volksbank mit einer Selbstbedienungszone mit Kontoauszugdrucker und Automaten für Ein- und Auszahlungen. Zudem ist ein Büro vorhanden für verabredete Beratungsgespräche.    
Das Konzept für die Zukunft der Volksbank sieht vor, bis Ende 2020 das Filialnetz von 33 auf 20 zu reduzieren. Für 3 Millionen Euro will die Bank  die verbleibenden Filialen technisch aufrüsten und die Beratungsqualität steigern. Dafür entstehen vier neue VR Eins-Filialen, in denen Kunden, die ihre Geldtransfers bereits komplett übers Internet abwickeln, persönlich beraten und betreut werden. Solche Zweigstellen sind neben der bereits bestehenden in Bitburg nun auch in Speicher, Prüm, Gerolstein und Neuerburg geplant.
Kassenschalter wird es in den acht so genannten »klassischen Filialen« (Stadtkyll, Hillesheim, Gerolstein, Prüm, Bitburg, Neuerburg, Welschbillig, Speicher) zwar weiterhin geben, aber die Volksbank setzt mit ihrer Umstrukturierung ein deutliches Zeichen hin zu digitalen Abläufen. Damit reagiere die Genossenschaftsbank auf ein sich änderndes Kundenverhalten, legt der Vorstand dar. »Es hat sich gezeigt, dass schon heute ein Großteil der Kunden seine Bankgeschäfte am liebsten online, mobil oder an Selbstbedienungsgeräten in der Geschäftsstelle abwickeln«, sagt Andreas Theis. Die Zahl der Kunden, die eine Geschäftsstelle noch persönlich aufsuchen, werde weiter zurückgehen.  Zu Menschen, die weder digital unterwegs noch mobil sind, werden Bankmitarbeiter nach Hause kommen, zerstreuen die Vorstände Bedenken, der ein oder andere könnte durch die Modernisierung und die Filialschließungen abgehängt werden.  

37 Automaten bleiben erhalten

Für die Versorgung mit Bargeld bleiben 37 Automaten erhalten. Vier werden aufgegeben (Lissendorf, Preist, Hallschlag, Spangdahlem).  Zudem gebe es eine Kooperation mit der Kreissparkasse, an deren Automaten kostenlos Geld abgehoben werden kann.
Als erste Filialen werden noch in diesem Jahr die Geschäftsstellen in Olzheim, Lissendorf, Hallschlag, Preist, Spangdahlem und Orenhofen geschlossen. Elf weitere folgen bis 2020. Auch wenn insgesamt 20 Arbeitsplätze wegfallen, werde es keine Kündigungen geben, versichern Theis und Simonis.  bil  

EXTRA: Schließungen und Neueröffnungen

Bis Ende 2017 schließen die Filialen in Olzheim, Lissendorf, Hallschlag, Orenhofen, Preist und Spangdahlem. 2018 folgen Biersdorf, Herforst und Birresborn. 2019 schließt die Volksbank ihre Standorte in Zemmer, Prüm (Bahnhofstraße), Jünkerath und Dudeldorf. Für 2020 sind Filialschließungen in Körperich, Gerolstein (Stadt) und Kyllburg beschlossen.  Außerdem werden bis Ende 2018 vier der 41 Geldautomaten abgebaut (Lissendorf, Hallschlag, Preist, Spangdahlem).


Die neue strategische Ausrichtung der Volksbank Eifel eG sieht eine Konzentration auf Beratungsleistungen vor, die vor allem in den neuen VR Eins-Filialen stattfinden wird. Diese entstehen in Speicher, Gerolstein, Neuerburg und Prüm.
Servicepoints werden ausgebaut in Üxheim, Bitburg, Dockweiler, Oberweis, Mettendorf, Badem und Bollendorf.
VR SISy wird integriert in Speicher, Bitburg, Prüm, Gerolstein, Welschbillig, Neuerburg, Hillesheim und Stadtkyll.

Kommentar: Contra

Die Schließung von Filialen ist für zahlreiche Bankkunden im Eifelkreis eine schlechte Nachricht. Bei allem Verständnis bezüglich Kosteneinsparung und unterbeschäftigten Mitarbeitern, ist dieser Schritt für Bankkunden nur ärgerlich. Online-Banking und Video-Beratung stehen nun auf der Tagesordnung. Doch niemand fragt die Kunden mal, ob Sie das überhaupt auch wollen. Besonders für viele ältere Bankkunden ist »Online« immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Auch viele jüngere Menschen, mich eingeschlossen, stehen dieser Entwicklung sehr skeptisch gegenüber, zum Beispiel auf Grund der Datensicherheit. Schön wäre es, wenn die betroffenen Orte nun wenigstens mit Automaten ausgestattet werden, an dem die Kunden alle Bankgeschäfte tätigen können. Noch tragischer ist die mangelnde Kundennähe. Ich möchte nicht in einen Bildschirm sprechen, sondern mit einem Berater direkt vor Ort. Im Wettbewerb mit zahlreichen anderen Banken, die oft mit günstigen Angeboten locken, war gerade die Nähe zum Kunden eine Trumpfkarte der regionalen Banken. Diese nun aus der Hand zu geben, scheint sehr riskant. Stefan Schröder
stefanschroeder@tw-verlag.de

Kommentar: Pro

Es ist verständlich, dass sich kleine Orte, in denen die Infrastruktur immer mehr abnimmt, abgehängt fühlen. Dennoch,   die Entscheidung der Volksbank scheint gut durchdacht. Ein Wirtschaftsunternehmen muss verantwortlich in die Zukunft planen. Die Sparkasse Mittelmosel hat bereits reagiert und abgebaut. Die Volksbank tut das nun auch, aber sanft. Das ist ihr anzurechnen. Für die softe Landung der Kunden nutzt die Bank moderne Technik. Wer ihr das ankreidet, verdrängt die Entwicklung ins digitale Zeitalter. Bargeld gibt es  am Automaten in fünf Kilometer Entfernung,  man kann es sich zudem bereits an Supermarktkassen auszahlen lassen.  Außerdem  verspricht die Volksbank  Hausbesuche.  Der Rest läuft bequem per Online-Banking.
Das Konzept, das auf die Professionalisierung von Beratung in neuen VR Eins Filialen setzt, klingt plausibel. Denn wer lässt sich nicht lieber eine Baufinanzierung von Experten erstellen, als in einer Mini-Geschäftsstelle, in der Nicht-Spezialisten sitzen, die viel Zeit mit Däumchendrehen verbringen müssen.   
Sybille Schönhofen
sybilleschoenhofen@tw-verlag.de


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