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Sybille Schönhofen (bil)

»Mach´ es mit Herz und es wird gut!«

Gerd Wanken, der Leiter der Bitburger Jugendeinrichtung "Haus der Jugend", hat der Jugendarbeit in der Stadt eine starke Lobby verschafft und der Integration Behinderter Gewicht verliehen. Nach 39 Jahren geht er nun in Rente.

Mit 63 geht Gerd Wanken im September in den Ruhestand. "Wehwehchen", wie er es nennt, zwingen ihn, die 65 bis zur Rente nicht mehr voll zu machen. "Langsamer hab ich probiert, geht nicht", sagt er. Typisch. Also geht er ganz. Gerd Wanken hat fast vier Jahrzehnte die offene Jugendarbeit in Bitburg geprägt. Er hat sie in den Siebzigern überhaupt erst auf den Weg gebracht, als die neue Welle der offenen Jugendarbeit mit Verzögerung endlich auch in die Eifel schwappte. Da war Wanken längst Feuer und Flamme für die Idee. Was er wollte, war ein Platz, an dem sich Jugendliche in ihrer Freizeit außerhalb von Elternhaus und Vereinen treffen konnten. Ab 1973 arbeitete er daran, die Bitburger Gesellschaft vom Sinn und Nutzen zu überzeugen und gegen Vorurteile und Ängste anzukämpfen, ein offener Jugendtreff bedeute Drogen, Schlägereien und Müll. Mitstreiter hatte Wanken in einer Initiativgruppe, die aus der kirchlichen Jugendarbeit entstanden war. 1977 gelang der Durchbruch. Das Bistum erklärte sich bereit, das Jugendheim der Pfarrei Liebfrauen für 1,6 Millionen D-Mark umzubauen. Im August 1981 trafen sich hier die ersten Jugend- und Kindergruppen. Am Wochenende gab es Discos, Konzerte oder Theater, in den Ferien Kinder- und Jugendfreizeiten. All das stemmte Gerd Wanken als einziger hauptamtlicher Angestellter und Leiter des Hauses in Personalunion. Mit den Jahren hat das Haus der Jugend eine große Lobby gewonnen und die Zahl der Unterstützer ist bemerkenswert: 186 ehrenamtliche Mitarbeiter und drei pädagogische Fachkräfte sorgen für das Angebot. Einiges musste sich im Laufe der Zeit Entwicklungen anpassen und erforderte ein Umdenken. Den größten Einschnitt brachte die Ganztagsschule, die den Nachmittag im HdJ zuerst leerfegte, ärgert sich Wanken, der die Ganztagsschule auch aus entwicklungspädagogischer Sicht ablehnt. Er und sein Team reagierten und knüpften Kooperationen mit den Schulen. So entstanden Medien-AG, Sozial-AG, eine Mittagsbetreuung für Grundschüler und eine Bambini-Feuerwehr-AG.

Zum Abschied gehen Wünsche in Erfüllung

Und einmal in der Woche sind die Förderschüler der St. Martin Schule nachmittags zu Gast im Housecafé. Um die Mittagszeit muss das HdJ nie leere Flure fürchten. Zum Mittagstisch zwischen 12 und 14 Uhr ist das Housecafé immer rappelvoll. So begehrt wie das Mittagessen sind auch die Ferienfreizeiten. Nach eineinhalb Stunden sind am Anmeldetag alle Plätze ausgebucht. Das bringt zwar die Eltern auf die Palme, aber Wanken sieht keine Möglichkeit, noch mehr Plätze anzubieten. Denn das ginge auf Kosten der Qualität. Die größte Errungenschaft im Laufe der Jahre ist die Integrationsarbeit, die im HdJ zum Schwerpunkt wurde. Für sie steht das Kürzel BAG. Seit 1982 gibt es die AG zur Integration Jugendlicher mit Behinderung, die Patenkind des Wochenspiegels ist. Zurzeit hat die BAG 16 Mitglieder, die sich einmal in der Woche treffen und in den Sommerferien gemeinsam mit dem HdJ verreisen. Ableger sind die Sport-BAG und die BAG-Classic für Ehemalige, die das Schulalter überschritten haben. Die Integrationsarbeit bescherte Wanken auch seine schönste Erinnerung. "Ein Highlight war für mich der `Tomatenmaler´", schwärmt er von der Musicalproduktion von der vor zweieinhalb Jahren gegründeten integrativen Musical AG (iMAG). Aus dem Bühnenstück entsteht derzeit ein Hörspiel und im Herbst beginnen die Proben für das zweite Musical: "Be a King". Eine "riesen Sache" für Wanken, "über so einen langen Zeitraum eine Gruppe von 90 Leuten zusammenzuhalten, die mit Begeisterung dabei sind und jeder an seine Grenzen geht. Mit so einem tollen Ergebnis". Wie zum Zeichen, dass die Integrationsarbeit seine absolute Herzensangelegenheit ist, unternimmt Wanken seine letzte "Dienstreise" auch mit der BAG. Darauf folgt sein letzter Schachzug: Am 1. Oktober wird ein Behinderter als Hausmeisterassistent fest eingestellt. Damit erfüllt sich Wanken seinen allerletzten beruflichen Wunsch. Oder vorletzten... Nach ihm kommt Thorsten Hauer. Nun, er kommt nicht erst, er ist bereits seit 17 Jahren da. "Thorsten ist im Haus groß geworden", lacht Wanken. Der Diplomsozialpädagoge sei optimal als sein Nachfolger und sein Wunschkandidat. Schlusspunkt einer Erfolgsgeschichte, die Wanken nach dem Leitspruch "Mach es mit Herz und es wird gut" schrieb. bil


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