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Ewige Ruhe auf wackeligem Fundament

Sieglinde Breidbach hat 2002 ihren geliebten Ehemann Werner verloren. Seitdem pilgert sie regelmäßig zu seiner Grabstätte auf dem Kuchenheimer Friedhof, trauert dort und hält alles in Ordnung. Als sie vor wenigen Wochen wieder das Grab besuchte, hing dort ein gelbes Schild »Unfallgefahr«. »Natürlich habe ich den Hinweis ernst genommen«, erzählt die Hinterbliebene. Als sie ihren Sohn hinzurief, um nach dem Rechten zu schauen, bewegte sich der Stein aber keinen Zentimeter. Hat sich jemand einen schlechten Scherz erlaubt?
Der Grabstein ist erst 15 Jahre alt und muss nun trotzdem repariert werden. Darüber sind Michael, Thomas (fehlt auf dem Bild) und Sieglinde Breidbach wütend.  Foto: Breuer

Der Grabstein ist erst 15 Jahre alt und muss nun trotzdem repariert werden. Darüber sind Michael, Thomas (fehlt auf dem Bild) und Sieglinde Breidbach wütend. Foto: Breuer

»Der Friedhofsträger ist verpflichtet, die aufgestellten Grabmale laufend auf ihre Standsicherheit zu überprüfen«, erklärt Pressesprecherin Silke Winter. Eine solche Überprüfung stand kürzlich auch in Kuchenheim auf der Tagesordnung. Sie wird einmal jährlich durchgeführt. »Die Standsicherheitsprüfung ist keine ‚Willkür‘ der Stadt, sondern eine von der Berufsgenossenschaft vorgeschriebene gesetzliche Vorgabe im Sinne der Sicherheit der Friedhofsbesucher«, erklärt die Pressesprecherin. Die Grabstätte von Werner Breidbach war deshalb nicht die einzige, an der ein Zettel »Unfallgefahr« hing. »Es wimmelte nur so vor gelben Schildern«, erzählt Thomas Breidbach, Sohn des Verstorbenen Werner Breidbach. An einem Grabmal in unmittelbarer Nähe habe er sogar ein rotes Schild aufgefunden, mit dem Hinweis »extrem baufällig«. »Insgesamt 13 Grabsteine wurden als nicht standsicher gekennzeichnet, davon eins rot, zwölf gelb«, ergänzt Silke Winter. Die Prüfung der Standsicherheit werde händisch mit einer Horizontallast von 50 Kilogramm aufgebracht. Die Versuchsdurchführung entspreche der Vorschrift des Bundesverbandes.

Auf eigene Faust

Was die Breidbachs allerdings wundere ist, dass sie unmittelbar nach Auffinden des Zettels vom 14. August verschiedene Gräber auf eigene Faust überprüft haben und sich »nicht eines auch nur ein bisschen bewegte«. Deshalb vereinbarte man mit der Friedhofsverwaltung eine Ortsbesichtigung am 30. August, die jedoch kurzfristig abgesagt wurde. Für zwei Tage später erhielten die Breidbachs einen neuen Termin und dabei fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen. »Das Grabmal ließ sich plötzlich mit nur einer Hand bewegen. Es war ganz offensichtlich locker und man konnte es auch am Sockel sehen«, erinnert sich Thomas Breidbach. Doch zum Glück habe er die eigenständige Überprüfung mit einem Handy aufgenommen. »Als wir das Video dem Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung zeigten, faselte er etwas von Vandalismus und wir sollen doch Anzeige gegen Unbekannt stellen«, erinnert sich auch Bruder Michael Breidbach. Auf Nachfrage des WochenSpiegel heißt es seitens eines Mitarbeiters der Friedhofsverwaltung nun: »Ob der Grabstein zwischen den beiden Terminen tatsächlich fest war, kann seitens der Stadt nicht überprüft und somit auch nicht bestätigt werden, den Videobeweis kenne ich nicht«. Die Familie hat nun einen Anwalt beauftragt der Sache nachzugehen. »Den Grabstein werden wir natürlich trotzdem reparieren lassen«, so Sieglinde Breidbach.  Dem WochenSpiegel liegen zwei Handyvideos von Thomas Breidbach vor. Diese zeigen des Zustand des Grabsteins vor der Besichtigung durch die Friedhofsverwaltung und danach.


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