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Zulassung hat drei Tage gedauert

Alte Liebe rostet nicht - oder doch? Johannes Leyendecker fuhr einen Traktor des Herstellers Eicher von 1957.

»Töff, Töff, Töff…«, machte Johannes Leyendecker das Geräusch seines alten Eicher-Traktors nach. Es war das einzige, was ihm nicht so gut an seinem Schätzchen von 1957 gefiel. »Ansonsten war ich immer begeistert von dem Gefährt. Es war ein Kaltstarter und dadurch ist er zu jeder Jahreszeit ohne Probleme angesprungen. Auch mit dem Kühlwasser hatte ich nie was am Hut«, schwelgt der 89-Jährige in Erinnerungen. Für 1.000 Mark hat er den Einzylinder in den 70er Jahren von einem Landwirt aus Effelsberg abgekauft. »Damals haben viele landwirtschaftliche Betriebe schließen müssen und ihren Fuhrpark verkauft«, so Leyendecker. Der gelernte Elektromechaniker hat die Chance genutzt und sich den kleinen Traktor zu Eigen gemacht. Von dem Zeitpunkt an mussten seine Rinder nicht mehr dafür herhalten, den Pflug über die Felder zu ziehen. »Für meine Zwecke reichte der Traktor vollkommen aus, ich hatte schließlich nur zwölf Morgen Land«, erzählt der aus Bad Münstereifel-Rodert stammende Senior. Doch die geringe Größe seiner Felder (3 Hektar) hätte ihm bei der Zulassung seines Traktors fast einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Dreimal vor die Türe gesetzt

Denn um den Traktor mit einem grünen Nummernschild, also einer steuerfreien Plakette, zu fahren, hätte er mindestens vier Hektar Land besitzen müssen. Trotzdem ließ Johannes Leyendecker nichts unversucht, ging zum Straßenverkehrsamt und stellte sich sozusagen blöd. Wohl wissend, dass er die entsprechende Bescheinigung, die nur das Finanzamt aushändigte, nicht aufbringen kann. Zwei Mal hat man ihn abblitzen lassen. Dann hat er Rat bei der landwirtschaftlichen Genossenschaft gesucht. »Weil ich aber kein Mitglied war, konnte man mir nicht helfen. Also wollte ich Mitglied werden und fragte, ob ich dann einen Tipp bekomme, wie ich an das grüne Nummernschild komme. Daraufhin wurde ich mit dem Spruch ‚Wenn ich Ihnen das sage, wäre das schon eine Beratung‘ abgespeist«. Heute lacht er über die Aussage, doch als er damals das dritte Mal vor die Türe gesetzt wurde, fand er das nicht so lustig.

Gegen Bürokratie durchgesetzt

Er wollte aber nichts unversucht lassen und wagte den Weg zur Kreisbauernschaf am Erftstadion. »Ich wollte aber nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und fragte, ob ich eine Bodenprobe machen könnte«, erinnert sich Leyendecker. Erst im zweiten Satz rückte er mit der Sprache raus und fand mit seinem Anliegen ein offenes Ohr beim Chef des Hauses. Er verließ das Gebäude mit einer Unterschrift und einer Zusage, dass man für ihn in die Bresche springe. Leyendecker: »Manchmal schlägt gesunder Menschenverstand eben doch den Amtsschimmel«. Am nächsten Tag hat ihm dann der Direktor vom Finanzamt tatsächlich das grüne Nummernschild bewilligt. »Wenn wir Sie erwischen, sind Sie dran! Rief er mir noch hinterher". Doch die Drohung wurde natürlich nie wahr. Drei Tage lang hat das ganze Prozedere ums Nummernschild gedauert. »Zum Glück hatte ich mich damals böse an der Hand geschnitten, sodass ich nicht arbeiten konnte und die Zeit hatte«. Danach lief – bis auf verölte Bremsen, weshalb der Eicher von 1957 fast nicht mehr vom TÜV zugelassen worden wäre, alles rund. »Bis 2004 hat er gute Dienste geleistet, dann bin ich in meine seniorengerechte Wohnung im Dechant-Vogt-Haus gezogen«. Schweren Herzens hat er sein altes Schätzchen dann 2010 verkauft. Für die Landwirte des Freilichtmuseums Kommern dürfte das »Töff, Töff, Töff...« heute wie Musik in den Ohren klingen. Dort wird das Gefährt stets gepflegt und den Zuschauern präsentiert.

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