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Fußball-Weltmeister kommt nach Euskirchen

Er hat in seiner aktiven Fußballer-Zeit alles erreicht: Weltmeister, Europameister, Champions-League-Sieger, Weltpokal-Gewinner und viele Triumphe mehr. Auch heute ist Jürgen Kohler erfolgreich, allerdings nicht mehr auf den großen Bühnen, sondern mit dem VfL Alfter in der Mittelrheinliga. Vor dem Gastspiel in Euskirchen sprach Sascha Bach mit dem Trainer des Spitzenreiters.
Gesicht mit Strahlkraft: Jürgen Kohler ist für die Fans der

Gesicht mit Strahlkraft: Jürgen Kohler ist für die Fans der "Fußballgott". Foto: Bach

WochenSpiegel: Herr Kohler, Sie kommen am Sonntag nach Euskirchen. Ihr erster Abstecher in die Kreisstadt? Jürgen Kohler: Nein, ich kenne Euskirchen und habe auch schon das Erftstadion besucht, eine schöne Anlage dort.  WochenSpiegel: Ihr Gegner rangiert im Mittelfeld der Mittelrheinliga. Wie haben Sie sich im Vorfeld über den Euskirchener TSC informiert? Jürgen Kohler: Indem ich mir unter anderem das Heimspiel der Euskirchener gegen Wegberg-Beeck live angesehen habe. WochenSpiegel: Wo sehen Sie Stärken und Schwächen des ETSC? Jürgen Kohler: Die Mannschaft ist physisch sehr stark und gehört nicht in die aktuelle Tabellenregion. Wenn es gut läuft, sehe ich das Team auf den Positionen zwischen drei und sechs. Euskirchen besitzt ein paar richtig gute Kicker, ist auf dem Weg nach vorn gefährlich und versteht es, die Bälle fest zu machen. Beim ETSC ist Potenzial vorhanden. WochenSpiegel: Was hat sich Ihre Mannschaft für die Partie vorgenommen? Jürgen Kohler: Mit einem Punkt wären wir nach den zwei Niederlagen gegen Herkenrath und in Wegberg-Beeck zufrieden. Damit, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt oben stehen, war nicht zu rechnen. Doch wir sind als Mannschaft gewachsen. Es ist schon beeindruckend, wie meine Jungs im zweiten Durchgang noch zulegen können. Allerdings müssen wir daran arbeiten, die Fehler abzustellen, und die vielen Torchancen, die wir uns erarbeiten, effektiver zu nutzen. Ich habe ein junges Team, allein fünf A-Jugendliche sind im Sommer zu uns gestoßen. Auch wenn wir noch souveräner auftreten müssen, bin ich mit der Entwicklung zufrieden. WochenSpiegel: Stellt sich die Frage nach den Aufstiegsambitionen des VfL. Jürgen Kohler: Wir haben nicht die Möglichkeiten, die bei einem Aufstieg geforderten infrastrukturellen Rahmenbedingungen zu schaffen, und uns die Plätze vier bis acht zum Ziel gesetzt. Das ist realistisch. Wegberg-Beeck, Herkenrath, Hennef sind Top-Mannschaften. Und es gibt noch mehr. WochenSpiegel: Sie sind 105-maliger Nationalspieler. Wie kommt ein so großer Fußballer wie Jürgen Kohler in die Mittelrheinliga? Jürgen Kohler: Es macht mir einfach Spaß, an der Basis zu arbeiten, Erfahrungen einzubringen und Spieler weiterzuentwickeln. In meinen fünf Jahren Oberliga Südwest haben wir mit Hauenstein und Wirges auch Vorbereitungsspiele gegen Alfter ausgetragen. Ich kannte das VfL-Team also. Und als der Vorsitzende Uwe Emons auf mich zukam, habe ich mir zwei Spiele angeschaut und dann entschieden: Ich mache das! WochenSpiegel: Was schätzen Sie am Fußballleben abseits der großen Bühne? Jürgen Kohler: Ich muss flexibel sein und anders als im Profibereich steht mir immer eine unterschiedliche Anzahl an Spielern zur Verfügung. Somit bin ich gefordert, die Trainingseinheiten den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Es ist ein vertrauensvolles Arbeiten. So weihen die Jungs mich auch schon mal in Probleme ein. Und donnerstags wird nach dem Training noch in gemütlicher Runde der Grill angeschmissen. Dass ich jetzt weniger Fahraufwand betreiben muss als zu Zeiten in Hauenstein und Wirges, kommt mir entgegen. Mein großer Sohn macht Abitur. Da ist es ganz gut, wenn beide Elternteile zu Hause sind, selbst wenn es Angebote aus höheren Ligen gegeben hat. WochenSpiegel: Mit Blick auf Ihre aktive Laufbahn als Fußballer: Gibt es ein ganz besonderes Spiel in ihre Karriere? Jürgen Kohler: Na klar, mein erstes Länderspiel im Herbst 1986 in Dänemark. Damals fehlten Beckenbauer Vorstopper. Franz rief mich an und fragte, ob ich mir zutraue, gegen Preben Elkjær Larsen zu spielen. Ja klar, den kenne ich sowieso nicht, lautete meine Antwort. Wir gewannen damals 2:0 und es war ein gigantisches Gefühl für mich, als 18-Jähriger in Kopenhagen auflaufen zu dürfen – vor dieser grandiosen rot-weißen Kulisse. Das erste Länderspiel ist für einen Fußballer entscheidend für den weiteren Weg. Von da an habe ich eine sensationelle Entwicklung genommen. Das Spiel habe ich immer noch daheim auf Video-Kassette. WochenSpiegel: Dann kam das Halbfinale gegen die Niederlande bei der Heim EM 1988. Jürgen Kohler: Das war sicher ein Rückschlag, aber auch Antrieb für mich, es allen zu zeigen, dass ich es noch besser kann. Im Grunde genommen bin ich meinem Gegenspieler von damals, Marco van Basten, der den Treffer erzielte, dankbar. Während meiner Zeit bei Juventus Turin kam er nach dem Ligaspiel auf mich zu und wollte mein Trikot haben. Das ist eine unheimliche Anerkennung und Wertschätzung. ETSC-Programm Mit dem VfL Alfter gas­tiert der aktuelle Spitzen­reiter der Mittelrheinliga am Sonntag, 27. Novem­ber, beim Euskirchener TSC. Anpfiff im Erftstadi­on ist um 14.30 Uhr. Der Eintritt für Erwachsene beträgt 7 Euro. Rentner, Schwerbehinderte, Ju­gendliche, Mitglieder und Frauen zahlen für die Par­tie 4 Euro. Es lohnt sich, sonntags den Weg ins Erfstadion schon frühzeitiger anzutreten. Denn um 11 Uhr empfan­gen die A-Junioren des ETSC den FC Wegberg-Beeck zum Heimspiel in der Mittelrheinliga, der zweithöchsten Spielklasse dieser Altersgruppe. Mehr Infos unter: www.tsc-euskirchen.com


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