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Aufklärungsarbeit nach 25 Jahren

Das Schöffengericht Mayen muss einen Sachverhalt klären, der 25 Jahre zurückliegt. Im Zeitraum September 1990 bis Mai 1991 soll es in einer Andernacher Wohnung zum sexuellen Missbrauch eines damals vierjährigen Mädchens gekommen sein. Angeklagt ist der heute 48 Jahre alte Onkel des Kindes.

Kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist wandte sich die 29 Jahre alte Klägerin an den Weißen Ring - eine Organisation, die Kriminalitätsopfern hilft. Nach Gesprächen mit Psychologen und anderen Fachleuten entschloss sich die junge Frau, bei der Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten. Bereits zuvor hatte sie sich als Pubertierende und als Teenager gegenüber ihren Adoptiveltern und Freunden zu den vermeintlichen Übergriffen im genannten Zeitraum geäußert. Die Onkel hätten sie damals angefasst; gemeint waren der Angeklagte und sein Bruder. In der besagten Wohnung soll es zu Szenen gekommen sein, die der Entwicklung eines Kindes abträglich sind. Der inzwischen verstorbene Vater schaute Pornofilme im Beisein des Kindes; die in der Wohnung lebenden Erwachsenen, weitere Familienmitglieder und Bekannte soffen sich häufig durch den Tag bis hin zum Vollrausch. Das Jugendamt griff ein, holte das Mädchen und dessen Bruder aus diesen Verhältnissen heraus und übergab es 1992 Pflegeeltern, die die Kinder 1996 adoptierten. Während des aktuellen Verhandlungstages wird die junge Frau 50 Minuten lang unter Ausschluss der Öffentlichkeit und des Angeklagten vernommen. Richter Joachim Anheier fasst die Aussage zusammen. Danach befand sich der Angeklagte in der Wohnung; die Mutter war unterwegs. Er las eine Pornozeitschrift und kündigte dem Kind an , den dort dargestellten Geschlechtsverkehr mit ihm zu vollziehen: "Das machen wir gleich auch." Als der Angeklagte zur Tat schritt, reagierte das Kind panisch, es wehrte sich und versteckte sich bis zur Rückkehr der Mutter hinter einer Couch. Der Angeklagte bestreitet die Tat. Er sei nie ohne Anwesenheit anderer Erwachsener in der Wohnung gewesen. Er liebe Kinder, und er vermutet die Großmutter hinter dieser - aus seiner Sicht - Verleumdungsgeschichte.  Die Mutter der Klägerin - beide haben schon länger keinen Kontakt mehr untereinander - bezweifelt während ihrer Zeugenaussage die Tatvorwürfe gegen ihren Bruder: "Ich glaub' das irgendwie nicht. Sie hat sich das eingeredet." Sie erinnerte sich nicht daran, dass der Angeklagte und das Kind jemals allein in der Wohnung gewesen sind. Die Pflegeeltern bestätigen, dass ihre Adoptivtochter im Alten von elf, zwölf Jahren das Thema ansprach. Sie sei in ihrer Ursprungsfamilie angefasst worden, hieß es. Eine Freundin dieser Eltern und zugleich die Mutter des Mannes, mit dem die Klägerin seit Jahren liiert ist, bestätigte ähnliche Berichte und dass die Onkel sich an dem Kind gerieben hätten. Als letzter Zeuge sagt der langjährige Freund der Klägerin aus. Er berichtete von Mitteilungen, dass beide Onkel das Kind angefasst hätten. Erst als seine Freundin ihre Biografie aufgeschrieben, ihre Arbeitsstelle verloren und eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt wurde, war sie in der Lage, ihre Panikattacken und ihre Angst vor Männern therapeutisch behandeln zu lassen. Die Verhandlung wird am Montag, 5. September, 10 Uhr, fortgesetzt.


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