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Mario Zender

Operation »U2«: Spionage-Fall in der Eifel aufgedeckt

Es wäre der Stoff für einen neuen »Eifel-Krimi«, doch die Fakten in diesem Spionage-Thriller sind nicht von einem Buchautor frei erfunden, sondern sie schrieb das »wahre Leben«. Verfasst hat sie kein prominenter Schriftsteller, sondern ein Jurist, ein Amtsanwalt der Staatsanwaltschaft Koblenz, Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen.

Die mehrere hundert Seiten lange Ermittlungsakte (Az.: 2050JS61673/11) ist mindestens genauso spannend wie mancher Bestseller, auf dessen Cover »Eifel-Krimi« steht. Hauptakteure in diesem »Wirtschafts-Krimi« sind mehrere ehemalige Mitarbeiter eines Eifeler Unternehmens sowie ein Software-Unternehmer aus Saarbrücken. Die vier Männer sollen, nach den durchgeführten Ermittlungen, systematische Betriebsspionage durchgeführt haben, um  ein eigenes Unternehmen aufbauen zu können. Dabei soll das Quartett (42 bis 62 Jahre), so ein Ermittler, äußerst zielstrebig, professionell und vor allem abgebrüht vorgegangen sein.  Dass der perfide Plan nicht aufging, ist offenbar nur der akribischen Arbeit der Kripo Trier und der Hartnäckigkeit der Staatsanwaltschaft Koblenz zu verdanken. Mehrere Monate Ermittlungsarbeit stecken in diesem Fall. Ex-Mitarbeiter in Verdacht Im Zentrum des Skandals stehen drei Ex-Mitarbeiter eines Unternehmen aus der Eifel, das sich in den vergangenen Jahren einen ausgezeichneten Ruf als Netzwerkspezialist verschafft hatte. Die Firma »Martin Networks GmbH« aus Gillenfeld ist ein europaweit tätiges Unternehmen, welches auch sogenannte »Global Player« mit Netzwerktechnik und Servern ausrüstet. Als weiteres Geschäftsfeld hat das inhabergeführte Unternehmen aus der Eifel vor einigen Jahren auch den Bereich »Server-Hosting« aufgebaut. Bei diesem Projekt arbeitet die Firma mit einem Softwarehaus in Saarbrücken zusammen. Die saarländische Firma lieferte die Software für die Kunden, die dann auf den Servern am Pulvermaar aufgespielt und als sogenannte »Cloud-Lösung« für die Endkunden angeboten wurde. Zahlreiche namhafte Großunternehmen griffen auf das »Know How« der Eifeler Netzwerkspezialisten zurück und schlossen »Service-Verträge« ab. Alles lief gut, die Umsätze waren »ansprechend«. Das Unternehmen investierte groß, um den hohen technischen Anforderungen gerecht zu werden. Plötzlich hagelte es Kündigungen Doch plötzlich »flatterten« der Firma zahlreiche Kündigungen ins Haus. Teils langjährige Kunden beendeten die Geschäftsbeziehung. Zur Verwunderung der Verantwortlichen in dem Eifeler Unternehmen  »Martin Networks GmbH«.  Dort konnte sich keiner einen »Reim« darauf machen, dass täglich gleich mehrere Kündigungen eingingen. Wenige Tage später kam der Firmeninhaber der Kündigungswelle »auf die Spur«. Sofort wurde eine entsprechende Anzeige erstattet. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Kündigungen der Kunden dann ein Fall für den Staatsanwalt. Es folgten zahlreiche Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen, Vernehmungen und umfangreiche Ermittlungen der Kriminalpolizei Trier.  Die Staatsanwaltschaft Koblenz deckte Fall auf Beamte der Kripo Trier und Juristen der für Wirtschaftsstraftaten zuständigen Zentralstelle der Staatsanwaltschaft Koblenz deckten den umfangreichen Fall von Betriebsspionage auf. Monatelang sollen die Angeklagten das Projekt »U2« vorbereitet, einen detaillierten »Businessplan« erstellt haben. Den Namen des Projektes »U2« hatten sie offenbar in Anlehnung an eine große Spionageoperation der Amerikaner im »Kalten Krieg« gewählt (»Operation U2« - siehe Extra). Nach den Ergebnissen der Ermittlungen sollen die Männer über Wochen in dem Eifeler Unternehmen Listen mit Kundendaten, Übersichten von Umsätzen, betriebswirtschaftliche Kalkulationen sowie technische Ausarbeitungen kopiert haben. Gezielt soll der Saarbrücker Unternehmer sensibles, firmeninternes Material angefordert haben. So sollen auch Sicherungen von Serverdaten von den »Spionen« hergestellt worden sein. Spezielle Forensiker der Polizei Trier (Abteilung »IuK-Technik«) sowie des LKA Saarland konnten die »digitale Spur« nach Informationen des WochenSpiegel genau zurückverfolgen. Die Männer wollten offenbar, so ist die Staatsanwaltschaft überzeugt, ein Konkurrenzunternehmen aufbauen. Kunden zur Kündigung bewegt Außerdem sollen die Männer zahlreiche Kunden der »Martin Networks GmbH« mit falschen Vorgaben zur Kündigung von Service-Verträgen bewegt haben. Den Kunden wurden neue Verträge von dem neu gegründeten Unternehmen der »Wirtschafts-Spione« angeboten. Ein Ex-Mitarbeiter des Unternehmens, der den Männern bei ihrer kriminellen Aktion geholfen haben soll, hat bei der Kripo, so Informationen des WochenSpiegel, ein umfassendes Geständnis abgelegt. Dem Eifeler IT-Unternehmen ist nach Informationen unserer Zeitung ein erheblicher Schaden im sechsstelligen Bereich entstanden. Offiziell möchte sich das Unternehmen nicht äußern. Auf Anfrage des WochenSpiegel wies Geschäftsführer Heinz Martin auf das anstehende Gerichtsverfahren hin, vor dem man sich nicht öffentlich äußern möchte.  Betriebsspionage, Unterschlagung und Hehlerei Neben der Betriebsspionage wird zwei der Angeklagten auch noch Unterschlagung und dem Softwareunternehmer aus Saarbrücken Hehlerei von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen. Dabei soll es um Server gehen, welche die beiden Ex-Mitarbeiter des IT-Unternehmens unterschlagen haben sollen.  Den mutmaßlichen Wirtschafts-Spionen soll ab dem 4. November vor dem Amtsgericht Trier der Prozess gemacht werden. Auf Anfrage des WochenSpiegel wollten sich zu den Vorwürfen weder der 57-jähriger Ingenieur noch der Saarbrücker Geschäftsmann äußern. Bericht folgt! 

EXTRA: 51 Millarden Euro Schaden pro Jahr durch Wirtschaftsspionage

51 Prozent der deutschen Unternehmen waren bereits von Datendiebstahl oder Spionage betroffen. Dies hat eine Umfrage des IT-Branchenverbands »Bitkom« ergeben. Die Schäden in Deutschland belaufen sich demnach auf  rund  51 Milliarden Euro pro Jahr. Meist gehen die Delikte auf das Konto von »Innentätern«: 52 Prozent der Beteiligten verweisen auf Mitarbeiter. Die Staatsanwaltschaft Koblenz bearbeitet nach Angaben von Oberstaatsanwalt Hans Peter Gandner im Jahr rund 15 Verfahren von Betriebsspionage.

EXTRA: Spionage-Operation »U2«: Ein Name der Programm war/ist

Die »Operation U2«  gilt als umfassendste und erfolgreichste Einzelaktion in der Geschichte der Spionage im Kalten Krieg: Mit insgesamt zwölf eingesetzten Maschinen des Typs »U 2« hatten früher amerikanische Geheimdienstpiloten jahrelang die Sowjetunion ausspioniert, im Monatsdurchschnitt drei, insgesamt rund 150 Flüge, in großen Höhen quer über die Sowjet-Union durchgeführt.
Dabei wurde von den Piloten jeweils jeder Quadratzentimeter des Sowjetreiches fotografiert. 


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