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Und plötzlich flogen die Fäuste

Diese Mittagspause wird André Dalkner sicher noch lange in Erinnerung bleiben. Aus heiterem Himmel geht beim Brötchenkauf ein Mann auf ihn los, schlägt auf ihn ein. Der 38-Jährige kann sich zwar wehren, doch wenige Tage später flattert ihm eine Anzeige wegen Körperverletzung ins Haus. Wie konnte es dazu kommen?
André Dalkner hat das Video von der Attacke auf seinem Handy gespeichert. Darin ist der Angriff genau zu erkennen. Foto: mb

André Dalkner hat das Video von der Attacke auf seinem Handy gespeichert. Darin ist der Angriff genau zu erkennen. Foto: mb

Ein paar Tage Nackenschmerzen, die er mit einem Kirschkernkissen behandelt habe - das ist alles, was er von dem Angriff davongetragen habe, erzählt André Dalkner. Er hat Glück gehabt, es hätte schlimmer ausgehen können. Der Riesweilerer erinnert sich noch genau an die Geschehnisse vom 21. Oktober: »Ich wollte in meiner Pause kurz zum Bäcker in Simmern gehen, als mich am Eingang ein Mann um eine Zigarette anschnorrte. Ich sagte ihm, dass ich keine dabei habe, dachte mir nichts weiter dabei und ging rein.« Der Mann folgt Dalkner unbemerkt. Dann, urplötzlich, habe er ihn von hinten angefallen und mehrfach gegen den Kopf geschlagen, schildert der 38-Jährige die gefährliche Situation. Überwachungsvideo zeigt den Angriff
»Ich konnte mich wehren, aber nicht auszudenken, wenn es eine Frau oder ein Kind erwischt hätte«, so der Geschädigte. Von dem Übergriff gibt es ein Überwachungsvideo, das unserer Redaktion bekannt ist. Darin ist zu sehen, wie Dalkner von hinten angefallen wird, ohne, dass ersichtlich wäre, dass er den anderen Mann verbal oder  mit Gesten provoziert hätte. Was den Schlosser und Baggerfahrer antreibt an die Öffentlichkeit zu gehen, sind die Geschehnisse  im Anschluss. Polizei kam erst später Die Polizei sei unmittelbar gerufen worden, aber erst eine halbe Stunde später in der Bäckerei eingetroffen. »Da war der Mann natürlich schon weg«, ärgert sich André Dalkner. Weil die Polizei den Flüchtigen nicht habe auffinden können, habe er sich selbst auf den Weg gemacht und den Mann schließlich in Holzbach angetroffen. »Ich habe  die Polizei gerufen, aber man hatte gerade keine Zeit«, so der 38-Jährige. Erst am nächsten Tag habe er einen Anruf der Beamten erhalten, dass der Mann in Holzbach gefunden und auf die Wache mitgenommen worden sei. »Am gleichen Tag war ich später noch auf der Wache in Simmern gewesen, habe erzählt, dass ein Video existiert«, schildert Dalkner. Anzeige flattert ins Haus

Der Beamte habe ihm zugesichert, sich den Film bei der Bäckerei zu besorgen und anzuschauen. Wenige Tage später traute der Schlosser aber seinen Augen kaum, als er im Briefkasten eine Anzeige vorfand. »Ich werde beschuldigt, eine Körperverletzung begangen zu haben, das bringt mich wirklich auf die Palme«, ärgert er sich. Er sei daraufhin nochmals auf die Wache gefahren, um seine Aussage, er habe den Mann nicht provoziert, zu wiederholen. »Ich wollte dem Beamten auch das Überwachungsvideo zeigen, aber er wollte es nicht sehen. Ich bin wirklich enttäuscht, muss ich mich etwa erst in den Rollstuhl prügeln lassen, bevor etwas passiert und man mir glaubt?«, fragt er sich. Polizei liefert Aufklärung
Aufklärung liefert Kriminaloberrat Frank Wimmel, Leiter der Polizeiinspektion Simmern, im WochenSpiegel-Gespräch. Er bestätigt, dass der mutmaßliche Schläger bereits polizeibekannt ist. »Genau das war auch der Grund, warum die Beamten nach dem Anruf aus der Bäckerei direkt in die Fahndung gegangen sind. Laut der Personenbeschreibung hatten wir schnell einen Verdacht, um wen es sich handelt. Deshalb kamen die Kollegen erst später am Tatort an«, erklärt Wimmel. Es sei das übliche Prozedere: Wenn statt zwei nur eine Streife rausfahren kann, heftet sie sich direkt an die Spur des Flüchtigen. Ermittlungen werden eingestellt
Wegen der Anzeige müsse sich André Dalkner jedenfalls keine Sorgen machen, die sei bloß eine formelle Geschichte. »Es hat sich ganz am Anfang den Kollegen ein etwas anderes Bild geboten, nämlich, dass hier zwei Personen aufeinander losgegangen sind, also eine wechselseitige Körperverletzung«, erklärt der Kriminaloberrat, »Sie sind dann verpflichtet, eine Anzeige zu fertigen.«
Das Überwachungsvideo liege der Polizei natürlich vor und daraus gehe »ganz klar hervor, dass Herr Dalkner nichts getan hat«, so Frank Wimmel weiter. Deshalb sei er sicher, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren in Kürze einstellt. Dass der Kollege auf der Wache das Video nicht sehen wollte, erklärt er damit, dass es entweder ein anderer Sachbearbeiter war - der mit dem Film gar nichts anfangen konnte - oder es lag schlicht ein Kommunikationsproblem vor, zum Beispiel, dass der Beamte das Beweisstück bereits kannte. Polizei lädt zum persönlichen Gespräch ein
»Herr Dalkner kann in Koblenz jederzeit eine Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt. Ich kann aber verstehen, dass er in seiner ungewohnten Situation Angst im Hinterkopf hat. Vor allem wegen der Anzeige, das ist ja nicht gerade etwas, das man jeden Tag erlebt. Ich lade ihn deshalb herzlich auf die Wache zum persönlichen Gespräch ein, in dem wir sicher alles aufklären können«, betont PI-Leiter Frank Wimmel abschließend.


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