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Attacke von elf Tigern überlebt

Am Aschermittwoch 1973 hängt Günter Charells Leben nur noch an einem seidenen Faden. In einem Safaripark will er elf Tiger mit Wasser tränken, aber die Raubtiere haben den damals 24-Jährigen in ihre Pranken bekommen.
Adelheid und Günter Charell haben die autobiografische Erzählung des

Adelheid und Günter Charell haben die autobiografische Erzählung des "Tigermannes" herausgegeben. Ein eher verharmlosender Titel, denn die »Begegnung mit elf Tigern« hat Günter Charell nur mit sehr viel Glück überlebt.

Günter Charells linke Hand wandert an die rechte Schulter. "Hier hat mich der erste Tiger gepackt", beginnt er die Geschichte seines Lebens zu erzählen. Die Spur der Tigerpranke ist noch zu sehen; der rechte Arm fehlt. Mehr als 44 Jahre nach der Tigerattacke kann er heute recht frei das Erlebte erzählen. Das war nicht immer so. "Er hat immer alles in sich reingefressen. Eine psychologische Betreuung hat er nie bekommen", berichtet seine Frau Adelheid, die den Impuls gab, dass er seine Lebensgeschichte doch aufschreiben sollte. Mit einem Diktiergerät legt er 2004 los. Zehn Jahre später geben Günter Charell und seine Frau "Der Tigermann - Auf ewig gezeichnet" (im Buchhandel erhältlich) heraus. "Es hat mir geholfen einen Abschluss zu finden", sagt der Autor, der seit rund zwei Jahren mit seiner Frau Adelheid im Hunsrückdorf Altstrimmig lebt und sich dort auch sehr wohl fühlt. "Wir haben hier früher oft Urlaub gemacht und es hat uns einfach wieder hierhin zurückgezogen." Der Hunsrück, der Anker in einem Leben, dass als junger Mann fast zu Ende war. Zirkusleben fasziniert gelernten Bergmann Günter Charell (69) macht nach der Schule eine Lehre als Bergmann. Er leistet seinen Wehrdienst, aber als er fertig ist, ist "seine Grube" geschlossen. Beim "Bund" hat er den Führerschein Klasse 2 machen können. Darüber hinaus nennt er einen Schein für Hochbaukräne sein eigen. Er verdingt sich als Monteur und ist deutschlandweit unterwegs. In München lernt er zufällig den Chef vom Zirkus Sembach-Krone kennen. Das Zirkusleben fasziniert ihn und er heuert als Lkw-Fahrer für den Wassertransport an. Wenn er nicht fährt, steht er in der Manege und wird für Tierdressuren ausgebildet. Eine schmerzhafte Allergie gegen Schläuche beendet diese Episode schlagartig. Als er eine Stellenanzeige für einen Safaripark liest, sieht er eine neue Chance gekommen. Er bewirbt sich und wird als Tierpfleger angestellt. "Es hieß, dass mein Vorgänger verstorben sei. Da wusste ich allerdings noch nicht, dass er von Tigern getötet wurde", erzählt Charell, dem die Käfige der Raubtiere von Anbeginn an nicht geheuer waren. Die Abstände zwischen den Gitterstäben seien zu groß gewesen. "Ich hatte bereits mündlich zum 1. April 1974 gekündigt und am 7. März passierte es. Ich hab‘ Wasser in den Käfig geschoben und dabei packte mich die Pranke eines Tigers und zog mich in den Käfig". Das Martyrium nimmt seinen Lauf. Die Tigerattacke Elf Tiger stürzen sich auf Charell und zerfleischen ihn. Sein rechter Arm wird aufgefressen, sein linker zerfetzt, seine Kniegelenke werden zerstört und sein linker Unterschenkel ist ab. "Da werden Sekunden zu Minuten", erzählt Charell, der letztlich von einem zufällig vorbeifahrenden Kollegen aus dem Käfig gezogen wird, der durch sein Schreien aufmerksam wurde. So brülle kein Löwe, war die lapidare Erklärung. 18 Monate wird der "Tigermann" in Krankenhäusern wieder "zusammengeflickt". Die Narben werden ihn sein Leben lang begleiten. "Ich hatte wahnsinnige Zukunftsängste. Arbeiten gehörte zu meinem Leben. Damals war ich froh, dass viele Zeitungen und Zeitschriften über mich berichteten. Von ihrem Geld hab‘ ich eine Wohnungseinrichtung gekauft. Aber ich suchte auch jemanden, der mich versorgt und den habe ich in meiner Frau gefunden", ist er ihr sehr dankbar. Später erwirbt Charell die Herstellungsrechte für Springbrunnen und Skulpturen unter anderem aus Alabaster und Gießharz. Er ist wieder ein Arbeitstier... Lesung in Altstrimmig Am Freitag und Samstag, 1. und 2. Dezember, 20 Uhr, liest Günter Charell im Bürgerhaus in Altstrimmig aus seinem Buch "Der Tigermann". Der Eintritt ist frei. Der Erlös kommt der Jugendfeuerwehr Strimmiger Berg zugute. Foto: Pauly www.der-tigermann.de


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