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Bürger-Protest: Cattenom am Pranger

Das Atomkraftwerk (AKW) im französischen Cattenom befindet sich nur knapp 50 Kilometer von Trier entfernt. Regelmäßig kommt es in dem "Pannenmeiler" zu Störfällen. Versuche, gegen das AKW politisch oder juristisch vorzugehen, sind bislang gescheitert. Nun ruft das Trierer Antiatomnetz die Bürger zum Widerstand auf.
Das Material wird bei der Kundgebung kostenlos oder gegen freiwillige Spenden verteilt und steht auch auf der Seite des Antiatomnetzes zum Herunterladen bereit. Foto: Antiatomnetz

Das Material wird bei der Kundgebung kostenlos oder gegen freiwillige Spenden verteilt und steht auch auf der Seite des Antiatomnetzes zum Herunterladen bereit. Foto: Antiatomnetz

Mit der Kundgebung "Cattenom am Pranger" am Samstag, 26. Mai, in der Trierer Brotstraße (Nähe Commerzbank) möchte das Antiatomnetz die Bevölkerung mobilisieren. Ab 11 Uhr werden Buttons und Aufkleber sowie Plakat- und Bannerentwürfe verteilt. Ziel der Aktion ist es, dass die Bürger ihren Widerstand zu Atomanlagen wie den Pannenreaktoren in Cattenom oder dem geplanten Endlager in Bure (150 Kilometer von Trier) mit Aufklebern und Plakaten dauerhaft zum Ausdruck bringen. Die Aktion soll am Samstag, 30. Juni, wiederholt werden.

Protest sichtbar machen

"Der mehrheitliche Wunsch der Bevölkerung für die Stilllegung  von Atomanlagen wie Cattenom soll für alle sichtbar werden, damit Öffentlichkeit, Touristen, Medien und vor allem die Politik nicht vergessen, wie wichtig der Einsatz für die Schließung dieser Pannenreaktoren ist", erklärt Markus Pflüger vom Antiatomnetz. "Es soll zudem mehr Menschen ermutigen, sich für die Stilllegung der Atomanlagen und für eine atomkraftfreie Zukunft einzusetzen." Zwar sind viele Trierer gegen das AKW in Cattenom, öffentlichen Widerstand vonseiten der Bevölkerung gibt es bislang jedoch kaum. "Wenige haben gelernt, sich für ihre Überzeugungen öffentlich einzusetzen und viele glauben, dass ihr Protest nichts bringe, weil Frankreichs Politik eh mache was sie wolle. Uns ist wichtig, zu zeigen, dass viele Menschen sehr wohl etwas bewirken können", so Pflüger. "In Deutschland wurden durch unseren Protest und Widerstand statt den geplanten Hunderten Atomanlagen nur gut 20 Atomkraftwerke gebaut. Auch Frankreich wird sich der Erkenntnis, dass die Hochrisikotechnologie unverantwortlich ist, nicht auf Dauer entziehen können – die Aktion Protest sichtbar machen ist ein Baustein dazu."

Keine Klage gegen Cattenom

Wie wichtig dieser Baustein sein kann, zeigt die aktuelle Entwicklung: Das AKW in Cattenom entspricht nicht den heutigen europäischen Sicherheitsstandards für den Neubau von Atomanlagen und kann dieses Niveau auch durch Nachrüstungen nicht mehr erreichen. Das geht aus dem sicherheitstechnischen Gutachten hervor, das das Öko-Institut in Darmstadt im Auftrag der Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und des Saarlands erstellt hat. Die von den beiden Bundesländern geplante Klage gegen den Weiterbetrieb des AKW wird dennoch nicht eingereicht. Zur Begründung verwies die Mainzer Umweltministerin Ulrike Höfken auf die hohen Kosten für eine lückenlose Beweisführung bei gleichzeitig geringen Erfolgsaussichten vor einem französischen Gericht.

Juristische Möglichkeiten prüfen

"Es ist enttäuschend, dass die juristischen Möglichkeiten so eingeschränkt und teuer sind – für vieles sind Milliarden da, warum nicht auch dafür?", sagt Markus Pflüger. "Es gilt noch mal zu prüfen, ob es nicht doch juristische Möglichkeiten gegen Cattenom gibt, beispielsweise auch über europäische Richtlinien oder Umweltverträglichkeitsprüfungen. Zudem können Gesetze auch geändert werden. Vor allem erscheint es mir aber geboten, dass immer wieder bei allen möglichen Anlässen von der kommunalen bis zur Regierungsebene für den Ausstieg aus der Atomkraft geworben wird und die Vorteile einer ökologischen Energieversorgung für Mensch und Umwelt herausgestellt werden – konkret sind grenzüberschreitende Projekte bei erneuerbaren Energien denkbar sowie beispielsweise Solidaritätskommitees gegen das Endlagerprojekt Bure." Weitere Infos gibt es hier.

Hintergrund: Gutachten zählt Defizite auf

  • In dem Gutachten des Öko-Instituts werden acht Defizite des AKW Cattenom aufgezählt, die schwerwiegende Risiken für die Menschen und die Umwelt zur Folge haben können.
  • Demnach bestehe die Gefahr, dass das Feuerlöschsystem und die Notstromversorgung bei einem Erdbeben ausfallen.
  • Weiter wird bemängelt, dass die Anlage nur für den Absturz kleinerer Flugzeuge gerüstet sei, nicht aber gegen den unfallbedingten oder gewollten Absturz einer größeren Verkehrsmaschine. Das könnte die sehr frühe Freisetzung großer Mengen Radioaktivität zur Folge haben.

+++ In eigener Sache +++

Einige Angaben in der aktuellen WochenSpiegel-Ausgabe sind leider nicht mehr korrekt. So wurde die Veranstaltung kurzfristig von der Grabenstraße in die Brotstraße verlegt. Außerdem wurde die Fukushima-Fotoausstellung auf einem Auto-Anhänger von der Stadt nicht genehmigt. Eine Wiederholung der Aktion findet nicht am 23. Juni, sondern am 30. Juni statt.  Die Korrekturen des Antiatomnetzes lagen erst nach Redaktionsschluss vor. Der Artikel konnte entsprechend nicht mehr geändert werden. Wir bitten dies zu entschuldigen.


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