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Leben mit Mukoviszidose: Wenn Aufgeben keine Option ist

Bei sonnigem Herbstwetter einen kleinen Spaziergang machen – davon kann Charlotte vor dem Berge derzeit nur träumen. Die 30-Jährige hat die Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose (CF). Ihre Lunge ist kaum noch funktionsfähig. Retten kann die junge Frau nur noch eine Transplantation. In einem Facebook-Blog schreibt sie regelmäßig über ihr Leben mit der CF, langwierige Krankenhausaufenthalte und Dinge, die ihr Hoffnung geben.
Charlotte vor dem Berge ist dauerhauft auf Sauerstoff aus der Flasche angewiesen. Foto: Privat

Charlotte vor dem Berge ist dauerhauft auf Sauerstoff aus der Flasche angewiesen. Foto: Privat

Die Lungenfunktion von Charlotte vor dem Berg beträgt nur noch 18 Prozent. Sie ist dauerhaft auf Sauerstoff aus der Flasche angewiesen. Nachts ist sie außerdem an eine Beatmungsmaske angeschlossen. Ihre Krankheit befindet sich im Endstadium. Seit Kurzem ist sie gelistet und wartet auf ein passendes Spenderorgan. "Die durchschnittliche Wartezeit beträgt momentan circa ein Jahr. Allerdings kann es auch sehr schnell gehen oder länger dauern. Da steckt man nicht wirklich drin. Mein Problem ist, dass ich nur 1,51 Meter groß bin und es nicht so viele kleine Lungen gibt", sagt die 30-Jährige.

Humor bewahrt

Ein Darmverschluss gab bei ihrer Geburt den Hinweis auf die CF. "Meine Eltern waren natürlich geschockt, da sie die Krankheit nicht kannten. Ich hatte da als Neugeborenes keine große Meinung zu", erzählt Charlotte vor dem Berge mit einem Augenzwinkern. Trotz ihrer schweren Krankheit hat sich die junge Frau ihren Humor bewahrt. Bis vor ein paar Jahren hat sie die CF nicht sonderlich eingeschränkt. "Ich war eigentlich mit anderen Leuten meines Alters immer gleichauf. Ich habe Abi gemacht und danach studiert. Von der CF habe ich in meiner Jugend nur gemerkt, dass ich Tabletten nehmen und meine Inhalationen und Atemtherapie machen musste", erzählt sie. Mit Mitte 20 verschlechterte sich ihre Lungenfunktion. "Ich habe gemerkt, dass ich nicht Vollzeit arbeiten gehen kann, weil die tägliche Atemtherapie immer mehr Zeit und Kraft in Anspruch genommen hat. Nach meinem Studium hatte ich daher auch große Probleme, eine Stelle zu finden", sagt vor dem Berge, die einen Masterabschluss in molekularer Biotechnologie hat.

Aufgeben ist kein Thema

Arbeiten kann sie derzeit nicht. Ihre Krankheit und die zahlreichen Klinikaufenthalte lassen das nicht zu. Für die junge Frau ist das nicht immer einfach. "Meine Altersgenossen stecken ja momentan alle entweder in einer Karriere- oder Familiengründungsphase, und es tut manchmal schon weh, da nicht mehr mithalten zu können. Ich bin sehr gerne arbeiten gegangen und hätte auch gerne ein Kind gehabt. Ich bin aber glücklich verheiratet mit einem tollen Mann, und wir haben einen lustigen Beagle als Kindersatz. Darüber bin ich sehr froh und dankbar." Aufgeben war bei der jungen Frau deshalb auch nie ein Thema. "Dafür hänge ich viel zu sehr an meinem Leben. Und solange man noch irgendwelche Optionen hat, kommt das für mich nicht infrage."

Eigener Blog bei Facebook

Das war auch einer der Gründe, warum Charlotte vor dem Berge sich vor gut einem Jahr entschied, bei Facebook einen eigenen Blog zu schreiben. "Ich wollte mich ablenken und nicht jeden einzeln informieren müssen, wie es mir geht. Außerdem finde ich es sehr wichtig, über die Krankheit und auch über Organspende aufzuklären, da viele Leute einfach keine Berührungspunkte damit haben." Die Resonanz auf ihren Blog hat sie erstaunt. "Ich hätte nicht gedacht, dass sich doch so viele Leute für mich und meine Krankheit interessieren. Wenn mir jemand Fremdes schreibt, dass er oder sie wegen meines Blogs einen Organspendeausweis ausgefüllt hat, finde ich das toll."

Pläne für die Zeit nach der Transplatation

Für die Zeit nach ihrer eigenen Transplantation hat die junge Frau schon ganz konkrete Pläne: "Ich möchte viel reisen. Außerdem hätte ich gerne ein rotes Cabrio für schöne Ausflüge mit Mann und Hund. Und ich möchte endlich wieder das Leben genießen können – das ist eigentlich mein größter Wunsch." Zum Blog von Charlotte vor dem Berge geht es hier.

Hintergrund: Mukoviszidose

Mukoviszidose ist die häufigste erbliche Stoffwechselerkrankung in unseren Breiten. In Deutschland erkranken etwa 8000 Kinder und junge Erwachsene daran. In der Region Trier gibt es aktuell 46 Betroffene (21 Erwachsene und 25 Kinder). Durch die Krankheit werden alle körpereigenen Sekrete eingedickt produziert. Ein zäher Schleim verklebt so vor allem die Lunge und die Bauchspeicheldrüse. Schrittweise verlieren die Organe ihre Funktionstüchtigkeit. Am Ende fehlt den Betroffenen die Kraft zum Atmen. Durch lebenslange Krankengymnastik, Inhalationen und Medikamente haben sich die Chancen der Betroffenen in den vergangenen Jahren erheblich verbessert. Heilbar ist die Krankheit nach wie vor nicht. Bei betroffenen Kindern wird Mukoviszidose in der Regel in den ersten Wochen nach der Geburt festgestellt. Seit September 2016 ist der Test auf die Erkrankung Teil des Neugeborenen-Screenings. Nach einem auffälligen Ergebnis ist eine weiterführende Diagnostik – der sogenannte Schweißtest – nötig, um die Krankheit nachzuweisen. In der Region Trier gibt es eine Selbsthilfegruppe für Betroffene. Weitere Informationen zur Krankheit gibt es hier.


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