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Bienensterben: Katastrophe vor der Haustür oder "Fake News"?

»Die Katastrophe vor der Haustür« – so bezeichnet Klaus Eisele, Erster Vorsitzender des Imkerverbands Rheinland-Pfalz, die besorgniserregende Tatsache, dass immer mehr Bienen ein vorzeitiges Ende finden. Doch welche Ursache das weltweite Bienensterben hat, ist sehr umstritten. Vergiften Pestizide das Grundnahrungsmittel »Bienenbrot«, mit dem die Larven aufgezogen werden? Oder macht gar Väterchen Frost alljährlich den fleißigen Insekten den Garaus? Ist das Verschwinden ganzer Bienenvölker mehr eine Reihe von Einzelfällen als ein globaler Notstand?
Honigbiene bei der Arbeit     Foto: Gertrudda/Fotolia

Honigbiene bei der Arbeit Foto: Gertrudda/Fotolia

Nichts als »purer Populismus« und »Wahlkampf auf dem Rücken der Landwirte« sei die Äußerung des umweltpolitischen Sprechers der Landesfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Hartenfels. Er nämlich sieht als Grund für das Sterben ganzer Bienenvölker eine »zunehmend industrialisierte Intensivlandwirtschaft« und wird darauf von Michael Horper, dem Präsidenten des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau, stark kritisiert.

Fake News und Sündenböcke
Sogar eine »Unkenntnis über grundlegende natürliche Vorgänge« wird dem Grünen-Politiker vorgeworfen. Harsche Töne. Vielmehr seien es Frost und der Befall durch die Varroamilbe, so Horper, welche die Hauptursache für Verluste der Bienenvölker darstellten. Zwischen elf und 22 Prozent läge die Verlustrate unverändert bereits seit mehreren Jahren. Entgegen der Behauptung Hartenfels’ sei es gerade die industrielle Landwirtschaft, die den Bienen durch verschiedene Förderprogramme angenehmere Bedingungen verschafft. Komplizierte Bürokratie und zu straffe Greeningauflagen seien eher als Übeltäter anzusehen.
Ganz im Stile momentaner politischer Diskussionen muss Horper sich seinerseits allerdings die Anschuldigung zur Verbreitung von Fake News gefallen lassen, eine Reaktion des Imkerverbands Rheinland-Pfalz auf einen Newsletter des Bauern- und Imkerverbands. Dieser nämlich trägt den problematischen Titel »Kein zusätzliches Bienensterben festgestellt« und erweise deutschen Bauern und Imkern einen Bärendienst. Frost beispielsweise sei keiner der Gründe für das drastische Bienensterben, was laut Dr. Christoph Otten vom Fachbereich Bienenkunde in Mayen durch Erhebungen des Landeswirtschaftsministeriums bestätigt werde. Eine deutliche Belastung des Bienenbrots mit Pestiziden sei nicht zu verleugnen und gefährde den Nachwuchs der Insekten enorm.

Gemeinsam zur Lösung

Doch was nun? Fachmeinungen gehen meilenweit auseinander, während ein großer Teil der Bevölkerung noch immer im Dunkeln tappt und Imker nur noch leere Kisten vorfinden. Franz Botens vom Imkerverband Rheinland-Pfalz sähe gerne eine Datenbank gegen Fake News, welche zusammen mit dem Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau ins Leben gerufen werden solle. Dies sei jedoch nur der erste Schritt zur Rettung unserer Honiglieferanten. Zusätzlich müsse die Öffentlichkeit, allen voran die Politik, davon erfahren. Offenkundig emotional, fast schon ein wenig verzweifelt, reicht der Imkerverband Rheinland-Pfalz ein Gesuch beim Rheinland-Pfälzischen Landtag ein und bittet um Untersützung.
»Mit der letzten Biene stirbt der Mensch«

Politik und Imkerei scheinen allerdings nicht die engsten Freunde zu sein, weder auf Landes- oder Bundesebene, noch international. Selbst Fachunkundigen dürfte der Prozentsatz der EU-Agrarförderung für Imkerei, der in unserem Bundesland 0,04 Prozent beträgt, etwas zu denken geben. Um die jährlichen Verluste an Bienenvölkern zu kompensieren, bedürfe es einer Förderhöhe von rund 50 Euro pro Volk, so der Imkerverband. Zudem fehle es an Transparenz. Den Imkern ist nicht bewusst, mit welchen Pestiziden die Pflanzen, die den Bienen als Pollenlieferanten dienen, behandelt werden. Fakt ist, dass momentan 90 Prozent des Bienenbrots stark pestizitbelastet sind und teilweise vom Bienennachwuchs nicht verwertet werden können. Bis 2027 strebt der Imkerverband daher eine 80-prozentige Verminderung dieses Werts an, sowie ein europaweites Umweltkataster. Gemeinsam mit Autoritäten der Veterinärmedizin, der Epidemiologie und der Evolutionsbiologie wollen Hunderte Imker der Problematik auf den Grund gehen.
Dabei drängt längst die Zeit. Denn nicht nur Imker und Honigliebhaber, sondern auch die Natur und damit wir alle sind auf den Fortbestand der Bienenvölker angewiesen. Wie bereits Albert Einstein sagte: »Mit der letzten Biene stirbt der Mensch.« jf


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