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Gesundheitskarte für Flüchtlinge: Stimmen zum Thema

In Trier ist mit Jahresbeginn die Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) für Flüchtlinge gestartet. Die Gesundheitskarte hat viele Befürworter, es gibt aber auch kritische Stimmen.
So sieht sie aus, die Gesundheitskarte. Foto: Gematik

So sieht sie aus, die Gesundheitskarte. Foto: Gematik

Oberbürgermeister Wolfram Leibe: "Trier ist Vorreiter. Mit der Gesundheitskarte haben die Menschen jetzt einen direkten Zugang zur medizinischen Versorgung - alle Frauen und Männer gleichberechtigt. Deshalb hat Trier ein Konzept erarbeitet, das auch weitere Personen ohne Krankenkassenkarte mit einer Gesundheitskarte ausstattet." Bürgermeisterin Angelika Birk: "Ich freue mich sehr, dass wir die Gesundheitskarte trotz einiger Hürden letztlich realisieren konnten. Uns war von Anfang an ein umfassendes Konzept wichtig, das nicht nur die Flüchtlinge, sondern auch die wenigen Hundert Trierer, denen bisher aus bestimmten Gründen die Mitgliedschaft in einer Krankenkasse verwehrt wurde, berücksichtigt." Ingo Kailuweit, Vorstandsvorsitzender der Kaufmännischen Krankenkasse: "Hoffentlich macht das Beispiel Trier Schule, denn wir als Krankenkasse haben aufgrund unserer Erfahrung das nötige Wissen, um Gesundheits-versorgung effizient im Sinne aller Beteiligter zu organisieren. Technisch gesehen steht alles bereit, um mit der Gesundheitskarte den Flüchtlingen die medizinischen Leistungen zukommen zu lassen, die ihnen rechtlich zustehen. Von der Einführung der Karte profitieren auch Arztpraxen, da die Abrechnung vereinfacht wird und niemand irgendwelchen Behandlungsscheinen hinterherlaufen muss." Dr. Walter Gradel, Vorsitzender der Bezirksärztekammer Trier: "Die Bezirksärztekammer Trier begrüßt ausdrücklich die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Asylbewerber und für Einheimische ohne Krankenversicherung. Asylbewerber haben bisher bei akuten Beschwerden Hilfe im Krankenhaus oder in Arztpraxen gesucht.  Verständlicherweise in dieser Situation oft, ohne sich Gedanken über eine Übernahme der Behandlungskosten zu machen. Deshalb glauben wir auch nicht, dass die Gesundheitskarte - wie von Kritikern befürchtet - zu einer unkontrollierten Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen führen wird. Die Beschaffung der im Akutfall nicht selten fehlenden Behandlungsscheine führt in den Arztpraxen und Krankenhäusern zu einem erheblichen bürokratischen Aufwand. Dieser kann durch die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte deutlich reduzierten werden." Arbeitsgemeinschaft Frieden (AGF): "Die AGF begrüßt die Einführung der Gesundheitskarte für Flüchtlinge und Sozialhilfe­empfänger. Dies ist eine humanitäre Verpflichtung und verringert die Diskriminierung. Zwar werden Flüchtlinge bis zu ihrer Asylanerkennung weiterhin nur eingeschränkt im Rahmen des Asylbewerber­leistungsgesetzes medizinisch versorgt, dennoch haben sie die Möglich­keit bei Bedarf unmittelbar einen Arzt aufzusuchen und müssen nicht um die Ausstellung weiterer Behandlungsscheine bitten. Die Gesundheitskarte mindert das Risiko der Ver­schleppung von Krankheiten und von Folge­erkrankungen oder Chronifizierungen sowie teuren Krankenhausaufenthalten. Sie bedeutet eine Vereinfachung der Abrechnungs­modalitäten für die Behandler und verringert Hürden bei der Behandlung von Flüchtlingen. Verwaltungen und Gesundheits­amt werden entlastet, alle Prognosen sprechen von Kosteneinsparungen. Die Kosten für die sogenannten 'Hochkostenfälle' werden fast vollständig vom Land über­nommen. Die Rahmenvereinbarung lässt zudem eine Überprüfung der angefallenen Kosten zu. Alles in allem ein gelungenes Projekt und ein Schritt in Richtung soziale Teilhabe und bessere Integration von Flüchtlingen. Die AGF verbindet mit der Einführung der Gesundheitskarte keinerlei Nachteile. Eine anzustrebende Verbesserung wäre die gesundheitliche Gleichbehandlung der Flüchtlinge mit Einheimischen. Die Entscheidung dazu muss auf Bundesebene erfolgen. Bis dahin hoffen wir, dass alle Städte und Kommunen in Rheinland-Pfalz dem Trierer Beispiel folgen und die Gesundheitskarte für Flüchtlinge zeitnah umsetzen." SPD-Stadtratsfraktion: "Unsere Fraktion freut sich, dass Trier ab 2017 als erste Stadt in Rheinland-Pfalz die elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge eingeführt hat. Wir sehen darin vor allem Vorteile für alle Beteiligten: Sie verbessert die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge, erleichtert die Arbeit der Arztpraxen und entlastet die Mitarbeiter/innen im Sozialamt. Diese können sich wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren und die Prüfung der erbrachten Leistungen kann dort erfolgen, wo die spezialisierten Fachkräfte sitzen, nämlich bei den Krankenkassen. Nicht vollständig ausgeräumt werden konnte die Sorge um eventuelle Mehrkosten durch die Einführung der Karte. Eine von der SPD initiierte Expertenanhörung führte aber zur Klärung wichtiger Fragen und zur Bestätigung des Ratsbeschlusses aus Oktober 2015. Wir setzen jetzt auf die praktische Erprobung und die Evaluation durch das Land. Aber klar ist, für uns als SPD stehen die Menschen und die Vermeidung von Diskriminierung im Vordergrund." CDU-Stadtratsfraktion: "Wir erhoffen uns von der eGK, dass der direkte Zugang zur medizinischen Versorgung mit Vorteilen für die Flüchtlinge und für die städtische Verwaltung verbunden sein wird. Es ist gut, dass neben den Flüchtlingen rund 130 Menschen, die seit Jahren in Trier leben und keine Krankenversicherung haben, zum Beispiel Obdachlose, die Karte auch erhalten. Dass die Flüchtlinge bisher pro Quartal einen Behandlungsschein beim Sozialamt abholen mussten, stellte jedoch keine Diskriminierung dar. Ebenso wenig die Einschränkung der medizinischen Versorgung für Flüchtlinge gegenüber den Leistungen für gesetzlich Krankenversicherte. Dies ist im Asylbewerberleistungsgesetz explizit so geregelt. Von der KKH erhoffen wir uns: Nötiges Wissen, um die Gesundheitsversorgung effizient zu organisieren und somit die städtische Verwaltung zu entlasten. Unsere Forderung an die Ampelkoalition in Mainz: Die eGK flächendeckend für RLP einzuführen, um die Kommunen finanziell und organisatorisch von dieser Aufgabe zu entlasten." AfD-Stadtratsfraktion: "Die Gesundheitskarte ist ein Beispiel für sinnlose und teure Symbolpolitik auf dem Rücken der Steuerzahler. Denn die Karte bringt weder den betroffenen Menschen noch der Stadt Trier einen zusätzlichen Nutzen. Bereits zuvor hatten Asylbegehrende unbürokratischen Zugang zur medizinischen Grundversorgung. Der notwendige Behandlungsschein wurde ihnen einmal im Quartal im Rahmen ihres Pflichtbesuches beim Sozialamt ausgehändigt oder per Post zugeschickt. Dies als Diskriminierung zu bezeichnen, ist vollkommen absurd. Zudem dürfte es für die Stadt in Zukunft teurer werden. Denn trotz einer 8-prozentigen Verwaltungsgebühr überprüfen die Krankenkassen die abgerechneten Leistungen nicht. Darüber hinaus entfällt die Kontrollfunktion des Hausarztes - Asylbewerber können mit der Karte jeden Arzt ihrer Wahl aufsuchen. Beides wird erheblich höhere Aufwendungen zur Folge haben. Nicht ohne Grund haben alle kommunalen Spitzenverbände in Rheinland-Pfalz die Gesundheitskarte aus Kostengründen abgelehnt." FDP-Stadtratsfraktion: "Grundsätzlich unterstützt die FDP-Fraktion einen guten und direkten Zugang der Asylbegehrenden zur medizinischen Versorgung. Trotzdem haben wir uns bei der Abstimmung über die Einführung der Gesundheitskarte enthalten. Wir sind skeptisch, ob die ursprünglichen Ziele mit der Einführung der Gesundheitskarte überhaupt erreicht werden, nämlich Entbürokratisierung, Entlastung der Verwaltung und allgemeine Kosteneinsparungen bei der medizinischen Versorgung von Asylbegehrenden. Der Inhalt der Verwaltungsvorlage vom Oktober 2016 überzeugte uns leider nicht. Es gab unserer Meinung nach noch zu viele Unsicherheiten bei der Kosten- und Fallzahlenentwicklung. Nicht deutlich wurde außerdem, ob der Verwaltungsaufwand tatsächlich signifikant gesenkt werden kann und inwieweit bei der Umsetzung Kosteneinsparungen erzielt werden. Angesichts der angespannten Haushaltslage möchten wir keine Experimente wagen, die eventuell am Ende mehr Geld kosten und Ressourcen verbrauchen, als vorher geplant." UBT-Stadtratsfraktion: "Zum 1.Januar 2017 führt die Stadt Trier als erste Kommune in Rheinland Pfalz die Gesundheitskarte ein! Trier schafft damit einen diskriminierungsfreien Zugang zur medizinischen Versorgung. Die Karte hat Vorteile, wenn Asylbegehrende bei plötzlichen Erkrankungen beispielsweise an Wochenenden, das Krankenhaus oder den ärztlichen Notdienst aufsuchen müssen. Ein weiterer Vorteil liegt aber auch im normalen Praxisbesuch, denn bei vergessen des Krankenscheins nach der alten Reglung, muss die Praxis nicht den fehlenden Krankenscheinen anmahnen. Auch die Ausgabe der Quartals-Krankenscheine durch das Sozialamt kann entfallen. Außerdem erhalten einige hundert Trierer, die bislang aus unterschiedlichen Gründen nicht oder nicht mehr versichert waren, eine Gesundheitskarte. Positiv zu werten ist auch die Übernahme der Hochkostenfälle durch das Land. Der nicht genau  einzuschätzende Kostenrahmen ist aus Sicht der UBT  der einzig erkennbare Nachteil." Den Artikel zum Theme lesen Sie hier.


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