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Mehrfach-Stigma: Zwillinge, Juden, schwul

Erstmals werden am Montag, 6. November, in Trier Stolpersteine verlegt für zwei Männer, die in der NS-Zeit als Homosexuelle verfolgt wurden (15 Uhr, Hohenzollernstraße 13). Die Patenschaft für die Stolpersteine hat die Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, übernommen.

Die eineiigen Zwillinge Ernst und Leo Salomon entstammten einer alteingesessenen jüdischen Trierer Kaufmannsfamilie und waren beide homosexuell. Beide waren Kriegsfreiwillige im Ersten Weltkrieg. Beide wurden Kaufleute und traten ab 1927 in leitender Funktion in den väterlichen Betrieb ein, die mechanische Kleiderfabrik J.Schloss Söhne in Trier. Am 28. August  1935 wurden beide in Saarbrücken verhaftet wegen des Vorwurfes homosexueller Kontakte. Das Landgericht Trier verurteilte sie im April 1936 zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis wegen sogenannter "Widernatürlicher Unzucht". Als die Brüder bereits drei Jahre ihrer Haft abgesessen hatten, wurde ihnen in einem weiteren Verfahren der betrügerische Bankrott der Kleiderfabrik vorgeworfen, das Urteil erhöhte die Gesamtstrafe um jeweils ein weiteres Jahr. Im NS-Regime wurde von verschiedenen Stellen nach den Ursachen der Homosexualität geforscht – in der Hoffnung, sie beseitigen zu können. Einen möglichen Ansatz sah man in der Zwillingsforschung. Deshalb wurden die Brüder zu begehrten Forschungsobjekten. Leo Salomon starb am 11. Oktober 1942 an Tuberkulose. Ernst Salomon kam Ende November 1942 nicht in Freiheit, sondern wurde von der Polizei erneut verhaftet und nach Auschwitz deportiert, wo er am 18. Februar 1943 ermordet wurde. Auch die anderen Familienangehörigen starben während der NS-Verfolgung. Die Tante der Geschwister Salomon, Frieda Schloss, wurde in Treblinka ermordet, deren Kinder, die Dichterin, Feministin, Lesbe und Sozialdemokratin Dr. Gertrud Schloss und Heinrich Schloss wurden ebenfalls deportiert und ermordet.

Weitere Steine und Vortrag

Am Montag, 6. November, finden in Trier noch weitere Stolperstein-Verlegungen im Auftrag des Kulturvereins Kürenz statt: Engelstraße 15/17, Peter Friedhofen Straße 7 und Kyllstraße 37. Am Mittwoch, 8. November, findet um 20 Uhr im Stadtmuseum Simeonstift, der Vortrag "Das doppelte Stigma" zur Verfolgung Homosexueller in der Nazizeit in Trier statt. Weitere Infos gibt es hier.

Hintergrund

"Den Opfern ihre Namen zurückgeben", das wollen der Kulturverein Kürenz und die AG Frieden, die das Stolperstein-Projekt des Künstlers Gunter Demnig 2005 nach Trier gebracht haben, seitdem wurden über 160 Gedenksteine für Opfer des Nationalsozialismus in Trier verlegt. Weitere Infos gibt es hier.


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