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Rien ne va plus – Badelatschen und kurze Hosen bleiben tabu

Sie treten stets korrekt und etwas distanziert auf. Ihre Berufskleidung sind schwarze Anzüge oder dunkle Westen mit Fliege oder Krawatte. Sie arbeiten immer nur Nachtschicht. In der Woche von 19 bis 2 Uhr und am Wochenende bis 3 Uhr morgens. Sie müssen voll konzentriert sein und ständig kleinere und größere Rechenaufgaben souverän und schnell lösen. Denn in ihrer Arbeitswelt dreht sich alles um Zahlen. Croupiers sind die Herrscher an den Roulettetischen dieser Welt. Ohne sie ist das große Spiel zwischen Null und 36 nicht denkbar. Ihr legendäres "Rien ne va plus" (Nichts geht mehr), nachdem die Kugel rollt, entscheidet über Gewinn oder Verlust – über Triumph oder Niederlage.

"Was ich in meinem Beruf am meisten liebe? Den Umgang mit den völlig verschiedenen Menschen. Das ist auch nach 28 Jahren immer wieder interessant." Dietmar Schier (51) arbeitet seit 1988 als Croupier in der Spielbank Trier. An den Job kam er eher zufällig: "Der Vater meiner damaligen Freundin arbeitete an der Kasse in der Spielbank und die suchten junge Kollegen. Nach dem Einstieg als Saalassistent habe ich dann die mehrmonatige Croupierausbildung gemacht, seitdem bin ich im Beruf. Ich wollte immer viel mit Menschen zu tun haben und der Verdienst ist auch okay."

Dreimal Maximalgewinn

Kuriose Begebenheiten hat er viele erlebt, doch über große Gewinner und enttäuschte Verlierer spricht er nicht. "Nur eine elegant gekleidete und leicht alkoholisierte Dame, die werde ich nicht vergessen. Sie blieb nur 15 Minuten, setzte dreimal mit einem Fünf-Euro-Stück auf jeweils nur eine Zahl und gewann dreimal hintereinander jeweils 175 Euro (35-facher Einsatz), eine fast unglaubliche Geschichte. Dann ging sie wieder, nicht ohne ein üppiges Trinkgeld dazulassen", erzählt Dietmar Schier.  Es sind diese Geschichten, die den Reiz der Spielbanken bis heute ausmachen, doch die fetten Jahre scheinen erst einmal vorbei zu sein.

Fette Jahre sind vorbei

Das weiß vor allem Gregor Dyla, seit Ende 2005 Leiter der Spielbank Trier. »Früher erhielten wir Croupiers nur ein geringes Grundgehalt und konnten vom Trinkgeld – dem sogenannten Tronc – gut leben. Doch das geht heute nicht mehr.« Damit das Grundgehalt stimmt, werden die Angestellten der Spielbank Mainz, Trier, Bad Ems GmbH & Co. KG deshalb seit einigen Jahren »nach den Tarifen der Branche Handel, Banken und Versicherung bezahlt«, so Dyla. Gründe für die Umsatzrückgänge in den Spielbanken mit staatlicher Konzession sieht Dyla vor allem in einem geänderten Spielverhalten der Gäste und den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die das Automatenspiel in den Spielhallen begünstigen.

Jünger, schneller, vorsichtiger

"Die Gäste sind heute im Durchschnitt jünger. Sie spielen schneller, aber mit geringeren Einsätzen und weniger risikofreudig", beobachtet auch Dietmar Schier. "Früher kamen mehr elegant gekleidete Ehepaare, die einen gemeinsamen Abend beim Spiel verbringen wollten. Es herrschte einfach mehr Flair, auch durch die strengere Kleiderordnung", blickt er mit etwas Wehmut auf die mondänen Spielbankzeiten zurück. "Gott sei Dank bleiben Badelatschen und kurze Hosen trotz gelockerter Kleiderordnung ein Tabu", so Schier.  Der zweifache Familienvater hat sich mit den festen Arbeitszeiten in seinem Job arrangiert. "Früher hat mir das viel ausgemacht, vier Samstage arbeiten und dann nur zweimal frei – da sind so einige soziale Kontakte zu kurz gekommen", weiß Schier.

Körper gewöhnt sich daran

"Heute mache ich das Beste daraus, schlafe bis 10, 11 Uhr und kümmere mich dann um Haus und Garten, gehe Fahrrad fahren, Schwimmen oder spiele mit den Kindern. Auch der Körper hat sich an die Arbeitszeiten gewöhnt, auch wenn es wieder etwas schwerer fällt, je älter man wird", erklärt Schier abschließend.

Trendwende oder Atempause

Dort, wo früher einmal vier Roulettetische standen, gibt es heute nur noch zwei. "Das Automatenspiel hat auch in Trier dem klassischen Roulette den Rang abgelaufen", weiß Spielbankleiter Gregor Dyla. Über 80 elektronische Spielautomaten haben in den vergangenen Jahren im großen Saal und einem angrenzenden Raum Einzug gehalten. Trotzdem verzeichneten die Spielbanken bis 2014 bundesweit weiter Umsatzrückgänge. Illegale Glücksspiele im Internet, Spielhallen- und Sportwettangebote, die Anti-Glücksspielkampagnen gegen Spielsucht sowie die strengen Ausweiskontrollen haben den Markt für die Spielbanken mit staatlicher  Konzession immer schwieriger gemacht und die Umsätze gegenüber 2010 auf rund 560 Millionen Euro nahezu halbiert. Auch wenn 2015 die Umsätze wieder auf über 610 Millionen Euro gestiegen sind, ist es fraglich, ob die Trendwende anhält. "Die Spielbanken müssen sich etwas überlegen und vielleicht mehr auf Eventmodelle und Sonderveranstaltungen setzen", rät Gregor Dyla.  Gespannt ist er auf die Entwicklungen im kommenden Jahr, wenn ab Juli 2017 Änderungen im Glücksspielstaatsvertrag greifen, die die Zahl der Spielhallen drastisch senken sollen. FIN


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