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60 Jahre nur im Wohnzimmer »gelebt«

Vor Kurzem wurden viele römische Funde aus Dernau erstmals der Öffentlichkeit gezeigt. Bald soll eine dauerhafte Ausstellung entstehen.

Rund 60 Jahre fristete der römische Soldat ein wenig beachtetes Dasein. Matthias Bertram aus Walporzheim kennt seine Geschichte. Bei Erweiterungsarbeiten am Dernauer Winzerverein 1949 stießen die Arbeiter auf Reste römischer Besiedlung. Darunter war die gut erhaltene, rund 20 Zentimeter große Bronzefigur eines römischen Soldaten. »Sie lag schon im Aushub, als sie entdeckt wurde«, weiß Bertram. Von dort fand sie ihren Weg in ein Wohnzimmer, fernab der Öffentlichkeit. Soldat war womöglich in Bonn stationiert Erst vor rund zehn Jahren erfuhr Bertram über einen Verwandten von der Figur und machte sie schließlich ausfindig. Akribisch untersuchte der Historiker die Darstellung und entdeckte viele Anzeichen dafür, dass sie tatsächlich einen römischen Soldaten darstellt. Das Schwert, dessen Gurt, die Schuhe, der Umhang und dessen Riemen sowie der Schild, den sich der knieende Soldat über den Kopf hält, sind nur einige der Details, die für einen römischen Soldaten typisch sind. Erst kürzlich entdeckte Bertram »Kringel« auf Brust- und Rückenpanzer, die er als Widderköpfe deutete. Und tatsächlich – bei Nachforschungen stieß er auf die Legio I Minervia, die ab dem 1. Jh. n. Chr. in Bonn stationiert war und einen Widder als Emblem führte. Eine Öffnung im Schild lässt vermuten, dass die Figur als Öllämpchen oder Kerzenhalter diente. Der römische Soldat zählt sicherlich zu den bemerkenswertesten Funden aus dem römischen Dernau. Auch wenn im Ortsbild keine erkennbaren Spuren erhalten sind, kann vom römischen Dernau teils ein recht genaues Bild gezeichnet werden. In den vergangenen rund 150 Jahren wurden auf einer Fläche von etwa 100 mal 350 Metern rund um die Wingertstraße bei Bauarbeiten immer wieder römische Überreste gefunden. »Viele davon kamen ins Ahrgaumuseum, viele zu Privatleuten im Ort«, weiß Bertram. Großes Interesse an dauerhafter Ausstellung Der Soldat und viele andere Fundstücke wurden vor Kurzem bei einem Vortrag Bertrams erstmals der Öffentlichkeit gezeigt. Das Interesse der Besucher war groß. Ebenso wie Bertram haben viele Dernauer und auch Besitzer der Fundstücke ein großes Interesse daran, die Funde endlich in einer dauerhaften Ausstellung Einheimischen und Besuchern zu zeigen. Die Planungen laufen bereits.
»Es sollen Tafeln mit Beschreibungen angebracht werden, damit ein Bewusstsein zum Thema Heimat geschaffen wird«,  sagt Bertram: »Man sieht zum Beispiel, dass es am Rhein eine Mischbevölkerung gab, von der wir abstammen. Außerdem zeigen sie den hohen kulturellen Standard, den es damals hier gab.«
Es sei niemandem damit gedient, wenn die Funde in Kellern liegen und niemand wisse, woher sie kommen. Im übrigen müsse niemand befürchten, seinen Besitz abzugeben. »Wir möchten sie nur als Dauerleihgabe, die dem Ort und der Touristik nutzen können«, sagt Bertram: »Es ist auch keine Konkurrenzveranstlatung zur Römervilla, sondern mehr eine Ergänzung. Schließlich gehe es um die Geschichte der gesamten Region.« Matthias Bertram wünscht sich Offenheit Hier wünscht sich Bertram eine größere Offenheit von manch einer offiziellen Stellen. So lagere im Archiv der Stadt Ahrweiler ein römischer Grabstein, den er habe vermessen wollen, um eine Sandsteinabbildung anfertigen zu lassen und diese auszustellen. Das sei ihm aber verwehrt worden.
»Ich glaube, die Institutionen müssen offener sein«, findet der renommierte Hobbyhistoriker: »Ich denke, dass die lokalen Leute nicht genug eingebunden werden.« Ebenso bemängelt er, dass viele Stücke, die teils aus den Dreißiger Jahren stammen, nicht mehr ihren Fundorten zugeordnet werden können. Viele seien nicht in einem gemeinsamen regionalen Zusammenhang betrachtet worden.
Mit einer größeren Offenheit könne auch dem Umstand entgegengewirkt werden, dass antike Funde bei Bauarbeiten bisweilen verschwiegen werden, da die Bauherren einen Baustopp befürchten. Das ist laut Bertram üblicherweise aber nicht der Fall: »Meistens werden die Funde nur fotografiert.« So können sich die Historiker ein Bild von den antiken Gegebenheiten machen.


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