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»Was ist dein Lieblingsschimpfwort?«

Melanie Hinze und die Kinder aus Dernau haben ein spezielles Helferfreundebuch entwickelt. Verleger Georg Weiss hat den Druck übernommen.
Persönlich brachten Melanie Hinze (2.v.r.) und Jennifer Heller (r.) von den Johannitern das Freundehelferbuch nach Dernau  – zur Freude des Dernauer Ortsbürgermeisters Alfred Sebastian und von Bigsi Choi (l.) von der Helfer-Stab gGmbH. Foto: Mager

Persönlich brachten Melanie Hinze (2.v.r.) und Jennifer Heller (r.) von den Johannitern das Freundehelferbuch nach Dernau – zur Freude des Dernauer Ortsbürgermeisters Alfred Sebastian und von Bigsi Choi (l.) von der Helfer-Stab gGmbH. Foto: Mager

Kleine bunte Flügel aus Schaumstoff, befestigt an den ebenso bunten Schnürsenkeln, zieren die Schuhe von Melanie Hinze. Es sind ihre »Sicherheitsschuhe«, wie sie sagt. Genauso wie die Engelsflügel sie schützen sollen, zeigen sie andererseits, dass Melanie Hinze einer der zahlreichen »Engel« ist, die nach der Hochwasserkatastrophe ins Ahrtal kamen, anpackten, rackerten, Solida(h)rität und Hoffnung schenkten. Hinze ist Trauerbegleiterin für Kinder und leitet beim Regionalverband Rhein-Main der Johanniter des Projekts »Lacrima«, das Kinder und Jugendliche in Trauersituationen begleitet. Kurz nach der Flut kam sie erstmals ins Ahrtal, drei Wochen später nochmals. »Ich habe in Dernau mit Kindern und Familien gearbeitet«, sagt sie. Aber auch erwachsene Betroffene und Helfer begannen abends beim Zusammensein auf dem Schulhof der Grundschule in Dernau, wo sie durch das Küchenteam versorgt wurden, sich die Seele freizureden. Melanie Hinzes Name ist vielen Dernauern inzwischen bekannt. Doch die Namen vieler anderer Engel, die ins Ahrtal eilten, sind selbst vor Ort unbekannt. »Wir merkten, dass viele Kinder nicht wussten, wer ihnen alles hilft«, berichtet Melanie Hinze: »Und die wenigsten Menschen werden in 20 Jahren noch wissen, wer ihnen das Dach gedeckt hat.«

Zusammenhalt soll Katastrophe überdauern

Damit das positive Gefühl des Zusammenhalts der Ahrtaler und ihrer Helfer die Katastrophe und die Zeit des Aufbaus überdauert, entwickelte Melanie Hinze gemeinsam mit den Kindern eine Helferfreundebuch. Freundebücher kennt man aus der Schule. Klassenkameraden beantworten darin Fragen nach Lieblingsfarbe, -essen und -tier, nach Berufswunsch und liebstem Song. »Wir haben überlegt, was die Kinder hier interessiert«, erklärt Hinze. Dabei entstanden Fragen danach, wo man sich zum ersten Mal gesehen hat, wo der Helfer vom Unglück erfahren hat, wem und warum er geholfen hat sowie etliche weitere Fragen. »Natürlich darf auch die Frage nach dem Lieblingsschimpfwort nicht fehlen«, sagt Melanie Hinze schmunzelnd. Geflucht wird schließlich in dieser Situation immer wieder. Zunächst stellten Melanie Hinze und ihre Mitstreiter die Blätter als Schnellhefter zusammen. »Damit sind die Kinder hier über den Schulhof geflitzt«, berichtet sie. Damit war auch das Interesse der Erwachsenen geweckt. »Die fragten: Wo kriegen wir auch so ein Heft her?«, erzählt die Organisatorin. Das Interesse spornte sie an, das Buchprojekt nun professionell anzugehen. Melanie Hinze schrieb mehrere Kinderbuchillustratoren an und bat darum, die Gestaltung einer Seite zu spenden. Tatsächlich waren etliche von ihnen begeistert. Sage und schreibe zwölf verschiedene Illustrationen der Profis, aber auch von Dernauer Kindern zieren nun die Hintergründe der Seiten. »Der Wunsch, die anderen nicht zu vergessen, Kontakte halten zu können, war so groß, dass wir uns auf die Suche nach einem Verlag machten«, erklärt sie. So erfuhr auch Verleger Georg Weiss, gleichzeitig Herausgeber des WochenSpiegel, von dem Ansinnen. Beeindruckt von dem Projekt entschied er sich spontan, den professionellen Druck der Helferfreundebücher zu stiften und beim hauseigenen Unternehmen Weiss-Druck in Monschau zu Papier zu bringen.

»Ohne den Verlag wäre das Buch nicht möglich«

»Das Helferfreundebuch soll daran erinnern, dass niemand das Erlebte mit sich alleine ausmachen muss«, sagt Andreas Rohfleisch, Leiter des Weiss-Verlags: »Auch Mitarbeiter von uns und deren Familien sind von der Flut betroffen. Daher war es uns eine Herzensangelegenheit, an der Entwicklung des Buches mitzuwirken.« Für diese Unterstützung bedankt sich Melanie Hinze: »Ohne den Verlag wäre das Buch nicht möglich.« Auch weitere Unterstützter wie ihre Kollegin Jennifer Heller, die von der Mainzer Johanniter-Zentrale aus Unterstützung leistete, trugen zum Gelingen des Projekts bei. 1.000 bunte Helferfreundebücher wurden gedruckt. Der Verein »kinderspAHRstart«, der den betroffenen Kindern im Ahrtal Wünsche erfüllen möchte und Weihnachtspäckchen packt, hat sich bereiterklärt die Helferfreundebücher den Päckchen beizulegen. Außerdem sind Exemplare im Bürgerbüro der Ortsgemeinde Dernau, Römerstraße 32, sowie im Tante-Emma-Laden erhältlich.


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