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Kommt Spendepflicht für Lebensmittel?

Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen jährlich allein in Deutschland im Müll. Ein Gesetz soll her, um das zu verhindern. Wie sinnvoll ist das? Der WochenSpiegel sprach mit Tafeln und Supermärkten über das Thema.
Verschwendung: Täglich landen viele noch brauchbare Lebensmittel in der Tonne. Um die Menge zu reduzieren, fordern die 800.000 Unterzeichner einer Petition ein entsprechendes EU-Gesetz. In Frankreich gibt es bereits eine gesetzliche Regelung, die aber neue Fragen aufwirft.Foto: Fotolia

Verschwendung: Täglich landen viele noch brauchbare Lebensmittel in der Tonne. Um die Menge zu reduzieren, fordern die 800.000 Unterzeichner einer Petition ein entsprechendes EU-Gesetz. In Frankreich gibt es bereits eine gesetzliche Regelung, die aber neue Fragen aufwirft.Foto: Fotolia

Viele ältere Menschen können sich nicht vorstellen, Nahrungsmittel einfach wegzuwerfen. »Das gehört sich nicht«, findet die Landwirtin Helga W. aus der Vulkaneifel und weiß, wie sie aus Resten vom Vortag noch Leckeres zaubern kann. Ihre Familie zieht mit, ohne Murren. Obwohl sie mit dieser Meinung nicht allein ist, landet in Deutschland laut einer Studie des Bundesernährungsministeriums jedes achte gekaufte Lebensmittel auf dem Müll. Hinzu kommen in Europa noch 40 Kilo ungenutzter, aber noch brauchbarer Nahrung pro Supermarkt in den Abfall – und zwar täglich.
Spendenpflicht?
Das ist inakzeptabel, finden die 800.000 Unterzeichner einer Petition, die ein EU-Gesetz zur Spendepflicht von abgelaufenen oder ablaufenden Lebensmitteln auf den Weg bringen will. In Frankreich gibt es ein solches Gesetz bereits. Christiane Böttcher vom Team der Tafel im Kreis Ahrweiler würde so ein Gesetz auch in Deutschland  begrüßen. »Wir könnten dann mehr Leuten helfen«, sagt sie. Allerdings sei es wichtig, dass die Lebensmittel auch den Menschen zugute kommen, die sie nötig haben. In Frankreich gäbe es Supermärkte, in denen die Waren dann einfach an die Kasse gestellt werden und jeder sie wegnehmen kann. Damit, so Böttcher, sei ja nicht sichergestellt, dass nicht jemand, der gar nicht bedürftig ist, die Dinge mitnimmt. Anders bei der Tafel – die prüfe schließlich, ob jemand bedürftig sei und nehme ihn nur dann als Kunden auf.
Aktuell unterstützen 70 Firmen aus dem Kreis die Tafel. Das sind aber längst nicht alle. »Manche Firmen werfen die Lebensmittel eher weg, als sie uns zur Verfügung zu stellen«, klagt Böttcher. Viel Resonanz hingegen bekommt die Tafel von kleinen Betrieben wie Bäckereien oder Bauern. »Die Großen helfen uns auch, aber leider nicht alle«, sagt Böttcher.
Der Bedarf ist hingegen riesig. Waren im Jahr 2011 noch 367 Kunden in der Kartei der Tafel, so sind es mittlerweile über 1000. Den Organisatoren blieb nichts anderes übrig, als die Ausgabe einzuschränken. Es wird jede Woche in Ahrweiler und in Sinzig eine Lebensmittelausgabe angeboten – aber die Kunden dürfen nur alle drei Wochen kommen. So soll sichergestellt werden, dass alle etwas vom Angebot haben. Die Bedürftigen können sich nicht allein mit dem versorgen, was sie bei der Tafel bekommen – die Zugabe kann die monatlichen Kosten aber senken.
Bedarf ist da
»Wir könnten mehr Lebensmittel brauchen«, sagt Böttcher klar. Was aber nicht in Frage kommt, ist Waren zu kaufen, um den Mehrbedarf zu decken. Die Idee der Tafel sei es schließlich, die Lebensmittelverschwendung einzuschränken.  
Der Rewe-Markt Jörg Schäfer in Bad Neuenahr-Ahrweiler hat sich das auch auf die Fahnen geschrieben. »Wir bemühen uns schon darum, möglichst wenig wegzuwerfen«, sagt Tobias Schröder, Abteilungsleiter für Obst und Gemüse in der Filiale Bad Neuenahr. »Da werden dann auch Sachen geputzt und schonmal Blätter abgerupft«, erklärt Schröder. Auch bei den Molkereiprodukten versuche man durch frühzeitige Senkung der Preise die Ware noch an den Mann bringen zu können. Ansonsten, so Schröder, bekäme die Tafel die Lebensmittel. Zweimal in der Woche gibt der Supermarkt Waren an die Tafel weiter. Obst und Gemüse, das von der Tafel nicht mehr verwendet werden kann, wird an einen Landwirt weitergegeben, der die Spenden an seine Tiere verfüttert.
Dabei stehen für den Markt natürlich auch wirtschaftliche Interessen hinter diesem Vorgehen. »Wenn wir viel wegschmeißen kostet uns das letzten Endes auch viel Geld«, sagt Schröder pragmatisch. (tn/ako)


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