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Wiederaufbau geht nur nachhaltig

Der Kreisbeigeordnete Horst Gies und die Altenahrer Bürgermeisterin Cornelia Weigand sind sich einig: Nachhaltigkeit wird jeden Bereich begleiten.
Nachhaltig bedeutet nicht nur grün. Doch gemeinsam mit der Natur zu leben, ist ein wichtiger Aspekt für den Wiederaufbau des Ahrtals. Archivfoto: Mager

Nachhaltig bedeutet nicht nur grün. Doch gemeinsam mit der Natur zu leben, ist ein wichtiger Aspekt für den Wiederaufbau des Ahrtals. Archivfoto: Mager

Dass der Wiederaufbau des Ahrtals kein reines Zurückdrehen auf die Zeit vor dem 14. Juli sein kein, steht für die Bewohner des Ahrtals und die Entscheidungsträger außer Frage. Neue Lösungen müssen gedacht, Erwartungen der Zukunft eingebunden werden. Einer der allgegenwärtigen Aspekte dabei: die Nachhaltigkeit. »Nachhaltigkeit in seiner umfassenden Bedeutung muss aus meiner Sicht das Leitmotiv für den Wiederaufbau an der Ahr sein«, sagt Cornelia Weigand, Bürgermeisterin der VG Alten­ahr: »Bei jedem Thema müssen die Verantwortlichen für die anstehenden Entscheidungen überlegen, was nachhaltig ist und wie dies umgesetzt werden kann.« Das bekräftigt auch der Kreisbeigeordnete Horst Gies, der aktuell die Amtsgeschäfte des Landrats ausführt. Das vorrangige Ziel sei der nachhaltige und moderne Aufbau des Ahrtals. Das sei diese Woche auch bei einem Treffen der VG- und Stadtbürgermeister, zu der auch die Ortsbürgermeister eingeladen waren, deutlich geworden. Beispiel Wärmeversorgung. Öltanks wurden massenhaft weggeschwemmt, Heizöl floss ins Wasser. »Nach dem Hochwasser sind aus vier Millionen Litern Wasser 1,8 Millionen Liter Heizöl zurückgewonnen worden«, beschreibt Gies die Dimensionen. Ob Ölheizungen im Überschwemmungsgebiet noch genehmigt werden sollten, müsse »sorgfältig überlegt werden«, findet Weigand. Gies geht einen Schritt weiter. »Es wird im Ahrtal keine Heizöltanks mehr geben«, prognostiziert er. Ab Marienthal müsse eine andere Art und Weise der Energieversorgung als bisher betrachtet werden. In Marienthal endet das Gasnetz der Energieversorgung Mittelrhein (evm) – zumindest noch. Überlegungen, das Netz womöglich auszubauen, gibt es bereits. Aber auch auf andere Energieträger wird gesetzt. »Es gibt beispielsweise schon Initiativen, die eine gemeinsame Anschaffung von Hackschnitzelheizanlagen erwägen«, weiß Gies. Und auch die Sonnenenergie müsse bei der Energiegewinnung eine Rolle spielen. Wobei die nachhaltige Wärme- und Energieversorgung im Kreis Ahrweiler kein komplett neues Thema ist. »Es gibt ja den Beschluss, dass der Kreis seinen Strom bis 2030 bilanziell aus erneuerbaren Energien herstellt«, erklärt Gies.
Auch die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler habe die Bedeutung der Nachhaltigkeit schon vor elf Jahren durch die Gründung der Ahrtal-Werke als kommunales Stadtwerk deutlich gemacht, wie Karl Walkenbach, Sprecher der Kreisstadt, sagt: »Gerade die nachhaltige Wärmeversorgung in Form von Nah- und Fernwärme ist die Spezialität der Ahrtal-Werke.« Für die Kreisstadt sei klar, dass »der Aufbau dem Aspekt der Nachhaltigkeit ohne Zweifel tragen müsse« – zum Teil überregional für das gesamte Ahrtal. Konkrete langfristige Konzepte gebe es bei der Stadt aktuell noch nicht. Denn – und das ist klar – der Fokus liege derzeit auf der meist provisorischen Wiederherstellung der Infrastruktur, so Walkenbach. Nachhaltigkeit spielt auch bei den künftigen Siedlungsflächen eine Rolle. Beim Thema Wohnen sei zu entscheiden, »wo künftig nicht mehr gesiedelt werden kann und wie jene Häuser, die neu entstehen, widerstandsfähig gegen Hochwasserfluten gemacht werden können, zum Beispiel durch Aufständerung oder auch ihre Ausrichtung«, stellt Cornelia Weigand fest. Wo und wie wiederaufgebaut werden könne, liege nun erst einmal bei Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD), erklärt Gies. Erste Möglichkeiten wurden am vergangenen Donnerstag bei der zweiten Auflage der Zukunftskonferenz vorgestellt (mehr zu den neu festgelegten Überschwemmungsgebieten der Ahr einschließlich Kartenmaterial gibt es auf der Hochwasserseite der SGD Nord). »Es wird sicher künftig nicht mehr in jedem Ort einen Sportplatz geben, sondern die Orte tun sich zusammen«, sagt Gies mit Blick auf den Flächenverbrauch. Dass Sportplätze auch im hochwassergefährdeten Gebiet liegen und als Retentionsfläche dienen, sei durchaus denkbar, so Horst Gies. Schließlich seien dort keine Leben in Gefahr. Auch Cornelia Weigand hält im Bereich der Infrastruktur nachhaltiges Denken für notwendig. Als Beispiel nennt sie die Brücken, »die künftig kein solches Hindernis mehr sein dürfen, wenn große Wassermassen Bäume, Autos oder ganze Hausteile anschwemmen«. Im Bereich Verkehr denkt Gies noch in eine ganz andere zukunftsweisende Richtung. »Man könnte überlegen, in die Straßen Induktionsschleifen für führerloses Fahren einzubauen«, sagt er mit Blick auf den Busverkehr. Die Liste lasse sich fortsetzen, so Weigand: »Sie zeigt, dass wir für den ‚Masterplan Zukunft Ahr‘ Expertenwissen brauchen, auch aus dem Ausland, denn die Ahr hat gezeigt, dass sie sich eher wie ein schnell fließender Gebirgsfluss verhält denn wie ein langsamer Fluss in der Ebene.« Die Notwendiigkeit des Inputs mit fachlichem Blick von außen sieht auch Horst Gies: »Wir brauchen innovative Begleitung.« Erste Gespräche wurden laut Horst Gies bereits geführt. Wichtig sei aber auch, das Ahrtal gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern nachhaltig wiederaufzubauen. Mehr als 400 Anregungen habe es nach der ersten Zukunftskonferenz gegeben. »Bei jeder Planung in der Zukunft werden wir also Nachhaltigkeit und Resilienz immer im Fokus behalten müssen«, sagt Cornelia Weigand: »Die Konsequenzen werden von uns Anwohnerinnen und Anwohnern der Ahr auch Einsicht erfordern, wenn im einen oder anderen Fall nicht mehr alles genau so wiederhergestellt werden kann, wie es über Jahrhunderte aufgebaut worden ist und wir alle es bisher gewohnt waren. Wir werden also auch Mut benötigen auf unserem Weg in die Zukunft an der Ahr.«


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