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Robert Syska

Hilfe für Sterneneltern: "Ist es okay, glücklich zu sein?"

Bad Kreuznach. Trauer, Schmerz, Schuldgefühle: Krankenschwester Annette Martin unterstützt Eltern, die ihr Kind verloren haben dabei, mit ihrem Verlust umzugehen. Für Ihre ehrenamtliche Arbeit hat sie ein Crowdfunding-Projekt gestartet.

Unterstützung für Sterneneltern: »Diesen Schmerz zu durchleben und sich wieder aufzurichten, verdient den größten Respekt«, sagt Annette Martin. »Dabei möcht ich helfen!«

Unterstützung für Sterneneltern: »Diesen Schmerz zu durchleben und sich wieder aufzurichten, verdient den größten Respekt«, sagt Annette Martin. »Dabei möcht ich helfen!«

Bild: Privat

Sternenkinder – so werden Kinder genannt, die vor, während, oder bald nach der Geburt sterben – für Eltern wohl die schmerzhafteste und schlimmste Erfahrung, die man sich nur vorstellen kann. Oftmals stehen diese »Sterneneltern« mit ihrem Schmerz alleine da. Denn viele empfinden den frühen Verlust ihres Kindes als Tabuthema. »In der Vergangenheit gab es für die Trauer und den Schmerz dieser Eltern kaum gesellschaftliches Verständnis«, sagt Kinderkrankenschwester Annette Martin. Zum eigenen Schmerz und den Schuldgefühlen, die insbesondere betroffene Mütter oft plagten, seien diese Eltern oftmals auch mit wohlmeinenden »Ratschlägen« aus ihrem Umfeld konfrontiert, berichtet Martin. »Das reicht bis zur Aufforderung, sich nicht so anzustellen«, sagt die Krankenschwester. »Schließlich sei es ja im Grunde noch gar kein richtiges Kind gewesen.«

Sie weiß: Für betroffene Eltern ist das Kind sehr real - und zwar seit dem positiven Schwangerschaftstest. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Stefanie Spitzbarth hat sie sich deshalb der Unterstützung für Sterneneltern verschrieben - sowohl als Teil ihrer Arbeit als Kinderkrankenschwester im Bad Kreuznacher Krankenhaus St. Marienwörth, als auch ehrenamtlich über die Betreuung im Krankenhaus hinaus. Sie versucht, betroffene Eltern in ihrer Trauer aufzufangen. »Wir bieten die Begleitung an, stellen uns kurz vor und lassen den Schmerz erst einmal sacken«, berichtet sie. Denn gerade am Anfang sitzt der Schock tief. Umso wichtiger findet Annette Martin den tabufreien Umgang mit der Geburt eines toten Kindes: Wie bei jeder anderen Geburt auch wäscht und wiegt sie das Kind, macht Videos, macht Fotos - auch mit Unterstützung von Fotografen, die ehrenamtlich Sternenkinder fotografieren. Was auf den ersten Blick befremdlich klingen mag, ist  betroffenen Eltern später eine große Stütze. »Diese Fotos und Erinnerungen sind für die Verarbeitung enorm wichtig, auch wenn sich das viele Betroffene das so kurz nach der Geburt noch nicht vorstellen können«, sagt sie. Ehrenamtlich betreut sie Sterneneltern deshalb auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus weiter. Sie organisiert Trauerfeiern und begleitet den Trauerprozess, auch von Großeltern oder Geschwisterkindern.

Sechs Familien betreut sie derzeit akut. Insgesamt hat sie in den vergangenen Jahren mittlerweile rund 20 Paare begleitet - mit denen sie auch weiter in Kontakt steht. Auch wenn die Akzeptanz wächst, sind Angebote für Sterneneltern rar gesäht. Rückbildungskurse etwa, die auch Mütter benötigen, die ihr Kind verloren haben, müssen sie in aller Regel gemeinsam mit anderen Müttern und ihrem Nachwuchs absolvieren. »So frisch nach dem eigenen Verlust ist das eine echte Qual«, sagt Martin. Sie will mit ihrem Engagement deshalb auch für einen offeneren Umgang mit ihrem Herzensthema in der Gesellschaft werben. Denn viele seien unsicher, wie sie betroffenen Eltern gegenüber auftreten sollen. Dabei ist die Antwort recht einfach: »Offen sein und die Eltern so trauen lassen, so wie sie es brauchen«, sagt Annette Martin.

So können Sie helfen:

  • Zur Unterstützung ihres ehrenamtlichen Engagements für Sterneneltern hat Annette Martin eine Spendenaktion auf der Crowdfunding-Plattform ins Leben gerufen. Fernziel: Die Gründung einer eigenen Hilfsorganisation. Wer ihre Arbeit unterstützen möchte, erhält weitere Informationen unter: www.gofund.me/ee846e3d

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