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"Schade, dass er geht!"

Nach fast zwölf Jahren haben sich am Montag der Eifelkreis Bitburg-Prüm und sein Landrat Joachim Streit mit großem Dank und Wehmut voneinander verabschiedet. Streit wechselt am 18. Mai als Vorsitzender der Freien Wähler in den Mainzer Landtag.

„Die Veranstaltung könnte ganz andere Dimensionen haben“, sagt Kulturamtsleiter Herbert Fandel, als er am Montagnachmittag zum Mikro greift. In der Stadthalle begrüßt er Bundes-, Landtags- und Kreistagsabgeordnete, die nach Bitburg gekommen sind, um Joachim Streit im Vorfeld seiner letzten Kreistagssitzung die Ehre zu erweisen. An Streits Seite seine Frau und seine Eltern. Kein allzu großer Bahnhof. Gäbe es Corona nicht, sähe das anders aus. So muss es ohne pompöse Feier über die Bühne gehen. Die Musik eingespielt per Video von einem Bläserquartett der Kreismusikschule. Das Stück: „Hallelujah Drive“. Bevor Missverständnisse aufkommen, stellt Fandel spaßend klar: „Damit ist nicht gemeint, Gott sei Dank, fahre!“ Die Musiker wollten viel mehr damit sagen: „Schade, dass er geht!“ Diese Ansicht zieht sich durch alle weiteren Videogrüße und Redebeiträge. Thomas Linnertz, Präsident der ADD, weist darauf hin, wieviel Streit bewegt hat in den fast zwölf Jahren als Landrat, vor allem auf den Feldern Breitbandausbau, Konversion und Schulentwicklung. Mit dem Zukunfts-Check Dorf und dem Kreisentwicklungskonzept sei der Eifelkreis Bitburg-Prüm sogar bundesweit zum Vorbild geworden. Streit hinterlasse einen starken Kreis. Als Joachim Streit selbst das Wort ergreift, gibt er das Lob an seine Mitarbeiter der Kreisverwaltung weiter. Sie hätten ihm geholfen, in das Amt hineinzufinden. Allen voran Büroleiter Karl Diederich, dem er zugesteht: „Ich stehe tief in deiner Schuld.“ Denn der Wechsel vom Bitburger Bürgermeister zum Landrat sei ihm „sehr schwer“ gefallen. „Als Landrat ist man weiter weg vom Geschehen“, erklärte Streit, der von Anfang an daraufsetzte, die Nähe zu den Bürgern zu suchen. So wie Streit ein Landrat „zum Anfassen“ wurde, so stellt ihn auch Nils Leinen, Personalratsvorsitzender der Verwaltung, als Behördenchef dar. Egal, ob Azubi oder Amtsleiter, Streit habe jeden der rund 500 Mitarbeiter mit Respekt und Wertschätzung behandelt und das Betriebsklima und den Zusammenhalt gestärkt. Dass bei Katastrophenlagen und in der Pandemie alle an einem Strang gezogen hätten, sei sein Verdienst. Ein Weggefährte der ersten Stunde beschreibt, wie er Joachim Streit sieht. Rudolf Rinnen, Zweiter Beigeordneter. 1988 haben sie auf der Schwimmbadterrasse gemeinsam den Plan geschmiedet, in die Politik zu gehen. Aus seiner Charakterisierung spricht der Freund: Er beschreibt Streit als analytischen Menschen, der auf der Basis von Zahlen, Daten und Fakten handelt und gleichzeitig über großes Einfühlungsvermögen verfügt. Sein Enthusiasmus, mit dem er ständig neue Ideen verfolge, sei ansteckend und begeistere Andere dafür, seinen Weg mitzugehen. Was ihm dabei auch geholfen habe sei sein Talent, komplizierte Vorgänge in einfache Worte zu packen und der mit Autorität gepaarte Frohmut, mit dem er positive Stimmung verbreite. Sein schallendes Lachen ist legendär. Dass es nicht immer nur leicht mit ihm war, stellt Streit selbst klar: „Auch mir ist mal der Gaul durchgegangen.“ Zwei, die besonders nah dran waren, ruft er auf die Bühne, um sich zu bedanken. „Mit ihnen habe ich die meiste Zeit verbracht und sie mussten meine Launen ertragen“: Seine Sekretärin Monika Reifers und sein Fahrer Michael Ferner. Seine Familie habe es auch nicht immer leicht mit ihm gehabt: „Ich arbeite gern – zum Leidwesen meiner Familie.“ Mit dem Wechsel in den Mainzer Landtag werde sich daran eher nichts ändern, versichert Streit augenzwinkernd in Richtung seiner Frau Petra und dankt auch seinen Eltern und Kindern für ihr Verständnis. Ein Bild aus seinem Bitburger Amtszimmer und das Kfz-Kennzeichen, das zu seinem Landrat-Auto gehörte, nimmt er als Geschenke zur Erinnerung mit nach Mainz. Sybille Schönhofen


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