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Sybille Schönhofen (bil)

Schultoilette: »Ein Ort der Anarchie«

Zerstört, verschmutzt, verstopft. Was die Hygiene und Pflege von Schultoiletten angeht, haben Schüler noch Lernbedarf. Schulen bereitet das Kopfzerbrechen. Denn viele Schüler zeigen sich auf dem Gebiet lernresistent.
Schultoiletten haben in der Regel keinen Wohlfühlfaktor. Wie andere öffentliche Toiletten sind sie häufig ein Ort, den jeder lieber meidet. Foto:  Pixelio/ D. Schütz

Schultoiletten haben in der Regel keinen Wohlfühlfaktor. Wie andere öffentliche Toiletten sind sie häufig ein Ort, den jeder lieber meidet. Foto: Pixelio/ D. Schütz

Was wurde nicht schon alles versucht! Einzelblattausgabe an extra dafür angeschafften Papierspendern, Registrierung der Toilettennutzer während des Unterrichts im Klassenbuch, Toilettenbenutzung nur während der Pausen, persönliche Toilettenpapierausgabe im Sekretariat oder durch den Lehrer im Klassenraum, Schlüsselhoheit fürs Örtchen in den Händen der Lehrer oder der Sekretärinnen, Listeneintrag bei Schlüsselausgabe.

Appelle und Pädagogik laufen oft ins Leere

Auch der pädagogische Ansatz führte nur in seltenen Fällen zum Erfolg: Neue Klassen erhielten eine Ortsbegehung mit Erläuterungen über hygienische Verhaltensweisen. Dazu ein Appell ans soziale Bewusstsein, reinlich und sorgsam mit den sanitären Anlagen umzugehen, also Toilettenpapier nicht zu verschwenden oder anzuzünden, Klorollen nicht in die Schüssel zu stopfen, und in das Loch und nicht daneben zu zielen, weil das eine Respektsbekundung gegenüber den Mitnutzern sei. Ihre Worte hätte die eigens zur Sauberkeitserziehung eingestellte Reinigungsfachfrau auch in den Trichter sprechen können. Genauso hätte sie das Desinfektionsmittel - an den Waschbecken als Extra-Service bereitgestellt - hinterherkippen können. Denn Schüler setzten es lieber für Tsunami-Spiele als zum Händesäubern ein. Alle diese Maßnahmen führten nicht dazu, dass die Kanalreinigungsfirma seltener anrücken muss. Sogar Arbeitskreise beschäftigten sich mit dem Thema. So groß wird das Problem mancherorts eingeschätzt. Dabei spielt die Schulform keine Rolle. Was sich aber bei den Gesprächen mit Schulleitern in der Region herauskristallisiert, ist Folgendes: Wo Toiletten neu sind, gehen Schüler sorgsamer mit ihnen um. "Seit der Renovierung sind mir nur noch marginale Fälle von Vandalismus bekannt", erzählt ein Schulleiter aus dem Eifelkreis. "Schüler reagieren auf die Räumlichkeiten."

Schulgröße spielt eine Rolle

Das hat auch einer seiner Kollegen aus Bitburg festgestellt: "Nach meiner festen Überzeugung gehen Schülerinnen und Schüler mit Schuleinrichtungen pfleglich um, wenn diese sich in einem ordentlichen Zustand befinden. Dass es immer mal wieder Einzelne gibt, die sich in unbeobachtbaren Räumen - wie Toiletten dies nun einmal sind - nicht zu benehmen wissen, lässt sich sicher nicht ausschließen. "Was auch eine Rolle zu spielen scheint, ist die Größe der Schule. Schulen mit einer kleineren Schülerzahl klagen weniger über schmuddeligen Umgang mit den sanitären Anlagen als große. Ein Schulleiter aus der VG Prüm macht sich Gedanken, warum Schüler sich überhaupt so verhalten. "Es gibt dabei nicht Schwarz oder Weiß. Toilettenverschmutzung hat viele Ursachen. Man muss sich mit den Kindern die Fragen stellen, ob die Motivation auf der Beziehungsebene oder auf der Erziehungsebene liegt." Gemeint ist, ob die Schüler ihren Ärger über Lehrer, Noten oder allgemeinen Schulfrust rauslassen, oder ob es an der fehlenden Werteerziehung liegt. Er ist überzeugt, dass Schüler respektvoll mit den Räumlichkeiten umgehen, wenn sie sich mit ihrer Schule identifizieren. Hier läge also ein pädagogischer oder psychologischer Ansatz. "Nur über Verantwortungsgefühl, Identifikation und Werteerziehung ist etwas zu erreichen", meint der Schulleiter. Diese Auffassung vertritt auch die Schulleitung einer weiterführenden Schule aus der VG Wittlich. "Bei uns sind die Toiletten sauber. Aber woanders habe ich erlebt, dass ein Schüler in den Papierkorb gepinkelt hat und einer sein Geschäft in den Behälter der Reinigungsbürste gemacht hat." Die Erklärung für den Unterschied im Verhalten der Schülerschaft läge in der Größe des Systems, der Erziehung zuhause, der Identifikation und der Schulkultur.

Ein Massenphänomen

Ein weiterer Schulleiter, der viele Schulen im Land und ADD-Bezirk erlebt hat, ist zu dem Schluss gekommen, dass Kontrolle das Einzige ist, was hilft. "Sonst ist das ein Ort der Anarchie". Einer seiner Kollegen aus der Eifel führt das Fehlverhalten auf die Einstellung "was mir nicht gehört, dafür übernehme ich keine Verantwortung" zurück. Dass das keinesfalls nur ein Phänomen unter Schülern ist, sondern ein gesamtgesellschaftliches, bestätigt Ulrike Reichel von der Gebäudereinigung Reichel GmbH in Bitburg: "Ich finde, in Diskotheken und bei Veranstaltungen sieht es am nächsten Tag nicht besser aus." Ein Massenphänomen also, das nach Ansicht von Schulen durch Identifikation, Verantwortungsgefühl, Erziehung, aber auch Räumlichkeiten, die das Gefühl vermitteln, dass sie es wert sind, von jedem persönlich gepflegt zu werden, aus der Welt geschafft werden kann. Wenn alles nicht hilft, bleibt nur noch Kontrolle.


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