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»Habt Mut und setzt ehrgeizige Ziele«

Die regionale Wirtschaft blickt auf ein erfolgreiches Jahr und startet mit positiven Erwartungen, aber auch vielen Herausforderungen ins neue Jahr. Im Interview spricht Wolfgang Mainz, Präsident der Industrie- und Handelskammer Aachen, über Konjunktur, Brexit, Strukturwandel und appelliert an die Kohlekommission.
Bewegende Zeiten stehen bevor: IHK-Präsident Wolfgang Mainz rechnet im Jahr 2019 mit vielen politischen und wirtschaftlichen Veränderungen. Foto: Herrmann

Bewegende Zeiten stehen bevor: IHK-Präsident Wolfgang Mainz rechnet im Jahr 2019 mit vielen politischen und wirtschaftlichen Veränderungen. Foto: Herrmann

»Der wirtschaftliche Aufschwung hält seit fast zehn Jahren an. Dieser Beitrag der Wirtschaft zum Erfolg unseres Landes ist eine Gemeinschaftsleistung, die sich aus den Handlungen von Menschen ergibt – seien es Unternehmer, Mitarbeiter, Freiberufler oder Wissenschaftler. Ihnen allen gilt es zu danken«, sagt Mainz. Durch das positive konjunkturelle Umfeld werde die Beschäftigung weiter steigen und die Arbeitnehmer könnten sich nach den letzten Tarifabschlüssen über steigende Gehälter freuen. Gut sei dies auch für die öffentlichen Haushalte – von den Gemeinden bis hin zum Bund. Überall würden steigende Steuereinnahmen erwartet. »Uns geht es gut. Manche sagen sogar, wir leben auf einer ‚Insel der Glückseligkeit‘«, meint der IHK-Präsident: »Allerdings wird unsere Zukunft von erkennbaren Umbrüchen geprägt sein, in der wir die Wirtschaftskraft in der Region Aachen wahren und stärken müssen – für uns und ganz besonders für die kommenden Generationen.« Damit blickt Mainz auf Veränderungen in der Weltpolitik, auf die Digitalisierung oder Fragen der Infrastruktur, auf Ausbildung und Integration, Unternehmensgründung und Strukturwandel: »Alle Fragen rund um unsere Zukunft sind das Werk von Menschen – von uns allen ganz persönlich. Das heißt auch: Wir können die Zukunft gestalten!«

Auf »harten Brexit« vorbereiten

Drei Themen würden die Wirtschaft 2019 laut Mainz besonders bewegen: Brexit, Protektionismus und Kohleausstieg. »Wir müssen uns definitiv auf das Extrem ‚harter Brexit‘ vorbereiten!« sagt er: »Alles andere ist fahrlässig. Wenn es dann doch anders kommt, profitieren wir immerhin von den positiven Auswirkungen.« Durch protektionistische Strömungen in der Weltpolitik seien neue Rahmenbedingungen entstanden, die auch in der Region spürbar würden. »Viele Betriebe sind als Zulieferer für die Automobilwirtschaft oder den Maschinenbau aktiv. Die gute Binnennachfrage der vergangenen Jahre wird auch in den kommenden Monaten einiges ausgleichen können – aber eben nicht alles.«

Startschuss für Strukturwandel

Wenn die Kohlekommission in wenigen Wochen den Ausstieg aus der Kohleverstromung beschließen sollte, sei das der Startschuss für den Strukturwandel. »Das Rheinische Revier soll bis 2030 die Hauptlast des Kohleausstiegs für ganz Deutschland tragen. Ich halte das für riskant – jedenfalls, wenn verlässliche Energieträger und notwendige politische Entscheidungen fehlen, die uns Energieverfügbarkeit zu wettbewerbsfähigen Preisen garantieren. Denn es stehen tausende von Arbeitsplätzen in den energieintensiven Industrien, also im Lebensmittel-, Chemie-, Metall-, Glas- oder Papier-Bereich, auf dem Spiel. Und davon haben wir viele in unserem Bezirk.«

Appell an Kohlekommission

Natürlich sei der Klimaschutz wichtig, um den Lebensraum erhalten zu können. Allerdings könne das Rheinland nicht die Verantwortung für die ganze Welt übernehmen, meint der IHK-Präsident. Hierfür seien verbindliche internationale, mindestens aber europäische Lösungsansätze, gefragt.
»Auch wenn es fast unlösbar erscheint, muss die Kommission ähnlich wie bei der Steinkohle einen breiten gesellschaftlichen Konsens finden, der für die Politik, die beteiligten Unternehmen und die Gewerkschaften tragbar ist und einen vernünftigen Pfad aufzeigt. Dazu gehörten Versorgungssicherheit und Vereinfachungen im Planungsrecht, damit neue Leitungen gebaut und Gewerbegebiete für Ersatzarbeitsplätze entstehen können. Und schließlich benötigt das Rheinische Revier Finanzhilfen, damit der Strukturwandel durch eine gute Infrastruktur und zukunftsfähige Projekte abgefedert werden kann.« Das Ziel müsse sein, im regionalen Schulterschluss die Stärken sowie die industriellen Wertschöpfungsketten zu wahren und Potenziale durch Innovationen zu fördern, erklärt Mainz: »Haben wir also Mut und setzen wir uns ehrgeizige Ziele!«


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