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»Ich kenne nur: Ganz oder gar nicht!«

»Es ist nicht übertrieben wenn ich sage: 100 Prozent reichen mir nicht.« Und diese zu geben, falle ihm zunehmend schwerer, hört Helmut Etschenberg auf Signale seines Körpers und scheidet zum 1. Januar 2019 als Städteregionsrat aus.
Helmut Etschenberg scheidet nach über 50 Jahren aus dem öffentlichen Dienst aus - die letzten neun davon stand er an der Spitze der Städteregion Aachen. Damit die Eifel dort auch zukünftig Gehör findet, fordert er Einigkeit im ländlichen Raum. Foto: T. Förster

Helmut Etschenberg scheidet nach über 50 Jahren aus dem öffentlichen Dienst aus - die letzten neun davon stand er an der Spitze der Städteregion Aachen. Damit die Eifel dort auch zukünftig Gehör findet, fordert er Einigkeit im ländlichen Raum. Foto: T. Förster

»Ich habe bei Regierungspräsidentin Gisela Walsken beantragt, mit zum Jahresende aus meinem Amt als Städteregionsrat zu entlasten«, verkündet Helmut Etschenberg pünktlich zu seinem 71. Geburtstag. Er empfinde dies als richtigen Zeitpunkt, das anspruchsvolle Amt in andere, kompetente Hände zu geben. »Dies ist ein Schritt, der mir nach über 50 Jahren im öffentlichen Dienst, davon über 30 Jahre in Leitungsfunktion als Monschauer Stadtdirektor, Kreisdirektor in Aachen und später Städtergionsrat nicht leicht gefallen ist«, gesteht der seit dem Jahreswechsel in Imgenbroich lebende Politiker ein. Aber er wolle aufrichtig sein, zu seiner Familie, zu Weggefährten, Mitarbeitern, aber ganz besonders auch zu ihm selbst. Besonders der plötzliche Tod des stellvertretenden Städteregionsrates, Hans-Josef Hilsenbeck (74 Jahre) und Städteregionsratsmitglieds Richard Okon (56 Jahre) habe ihm vor Augen geführt, wie sich plötzlich das ganze Leben verändern kann. »Ich freue mich auf die freie Gestaltung meines Lebens gemeinsam mit meiner Frau und meiner Familie - denn Freiheit in all seinen Facetten war mir immer wichtig«, unterstreicht ein bewegter Etschenberg. Lange Tage, oft mehr als 12 bis 14 Stunden, Abendtermine mit später Heimkehr, Dienstreisen im In- und Ausland und zahlreiche Wochenendtermine forderten enorm. »Da reichen 80 Prozent nicht!« Das einzugestehen sei er auch den 2200 Mitarbeitern der Städteregion Aachen schuldig.

Vom Sozialamt zum Chefsessel

Helmut Etschenberg hatte 1963 im Alter von 15 Jahren seine Verwaltungsausbildung beim Kreis Aachen begonnen. Schon in jungen Jahren wurde der heutige Städteregionsrat persönlicher Referent von zwei Oberkreisdirektoren, mit erst 28 Jahren Kreissozialamtsleiter und mit 32 Stadtdirektor von Monschau.
1993 kehrte er zurück aus der Stadt- in die Kreisverwaltung, wurde  Kreisdirektor und Sozialdezernent. Im April 2009 wollte er nach 46 Berufsjahren eigentlich in Pension gehen, aber dann rief man ihn als Verwaltungschef und politisches Oberhaupt der neu gebildeten Städteregion, einem Zusammenschluss von Stadt und Kreis Aachen, den er selbst mit vorbereitet hatte. »Ich habe dem Kind das Laufen beigebracht«, schaut Etschenberg zufrieden auf neun Jahre Städteregion Aachen. Ein Forschungsflughafen Merzbrück, ein interkommunales Gewerbegebiet oder aber die Modellregion für Digitalisierung seien nur einige Beispiel, was man als Städteregion bewegen kann. »Der Zusammenschluss der Kommunen wird mehr und mehr zur Normalität - bei den Bürgern, aber gerade auch bei den politisch Verantwortlichen«, ist Etschenberg erfreut. Und auch bei der Sicherheitsfrage rund um das belgische Atomkraftwerk »Tihange 2« sieht Etschenberg weiter Bewegung durch gemeinsame Anstrengungen. Wenn der Eifeler nun zum 1. Januar 2019 in Ruhestand tritt, sieht er die Verwaltung gut und zukunftsfähig aufgestellt.

Einigkeit, um sich Gehör zu verschaffen

Nach dem plötzlich verstorbenen Hilsenbeck verliert die Eifel mit Helmut Etschenberg einen weiteren, gewichtigen Fürsprecher für den ländlichen Raum: »Wenn Monschau und Simmerath weiter so miteinander umgehen, werden sie die Verlierer sein«, stellt Etschenberg klar, dass die kleinen Kommunen mit einer Stimme sprechen müssen, um sich in der Städteregion Gehör zu verschaffen. »Die Schullandschaft ist auf einem guten Weg, das Krankenhaus lassen wir nicht im Stich. Aber Klagen gegen Gewerbegebiete schaffen dauerhaften Unfrieden, der schnell überwunden werden muss«, fordert Etschenberg Einigkeit in seiner Wahlheimat Eifel.

Neuwahl im späten Herbst

»Es muss eine nahtlose Nachfolgeregelung geben«, geht Etschenberg von einem Wahltermin für den Städteregionsrat noch in diesem Jahr aus. Der Parteivorsitzende der CDU Aachen-Land, Hendrik Schmitz, bedauert die Entscheidung Etschenbergs, respektiert sie aber zugleich: »Er hat der neu gegründeten StädteRegion ein Gesicht gegeben und mit seiner Verwaltungserfahrung dazu beigetragen, dass dieses neue und beispielhafte Projekt auf die Erfolgsspur gekommen ist. Seine verbindliche, umsichtige und ausgleichende Amtsführung ist Grundlage dieses Erfolges.« Nun mache man sich in der CDU, aber sicher auch in den anderen Parteien mit Nachdruck daran, einen geeigneten Nachfolger zu finden.

Etschenberg in Un-Ruhestand

Auch nach dem Ende seiner offiziellen Dienstzeit hat Helmut Etschenberg keine Langeweile:
Er steht ehrenamtlich der Unfallkasse NRW vor und ist Mitglied der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung.
Auch Vorsitzender des DRK-Ortsvereins Monschau will er bleiben.
Im Kunst- und Kulturverein Haus Troistorff hat der künftige Rentner eine Menge vor.
Und zwischendurch geht es immer mal wieder in sein geliebtes Bourg St. Andéol.


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