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Respekt vor Rettungskräften sinkt

Rettungskräfte sorgen sich nicht nur um das Leben ihrer Patienten, sie werden vermehrt mit Gewalt, Respektlosigkeit und überzogenem Anspruchsdenken konfrontiert.
Schnell und kompetent im Einsatz, um das Leben der Eifeler zu retten: Die Einsatzkräfte der Rettungswache im Simmerather Katastrophenschutzzentrum. Foto: Archiv/T. Förster

Schnell und kompetent im Einsatz, um das Leben der Eifeler zu retten: Die Einsatzkräfte der Rettungswache im Simmerather Katastrophenschutzzentrum. Foto: Archiv/T. Förster

»Die Sicherheit der Patienten, anderer Verkehrsteilnehmer und nicht zuletzt das eigene Leben stehen an erster Stelle.« Schließlich sei man nicht aus Spaß im Einsatz, sondern um Menschen in Not zu helfen, unterstreicht Marlis Cremer, Leiterin des Amtes für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz in Simmerath. Dabei sei die Zahl der Einsätze stetig steigend. »Etwa drei bis vier Prozent kommen jedes Jahr dazu«, weiß Cremer um den Druck, der auf den Rettungskräften lastet. Etwa 30.000 Einsätzen waren es 2018 in der Städteregion. Zwar kam es - anders als in den Nachbarkommunen Düren und Euskirchen - zu keinen ernsthaften, tätlichen Übergriffen. Probleme gibt es dennoch: Früher sei es üblich gewesen, dass Leute Platz machen bei einem Einsatz. Mittlerweile müssen die Rettungsassistenten damit rechnen, dass ihre Einsätze von Gaffern gefilmt werden, Leute die Tür zum Rettungswagen aufreißen oder jemand sich beklagt, wenn sie während der Rettungsarbeit vor einer Einfahrt parken. »In Extremsituationen vom Handy gefilmt zu werden, ist auch für einen erfahrenen Rettungsdienstler nicht einfach«, weiß Cremer. Beleidigungen und Anfeindungen erleben sie dabei immer wieder. Dabei müsse man natürlich relativieren, dass die Betroffenen oft in einer Notsituation sind und unter Stress stehen, stellt Cremer klar.

Strafverfolgung verläuft oft im Sande

Mittlerweile wurden drei Sonderdezernate der Staatsanwaltschaften in Aachen, Düsseldorf und Köln eingerichtet, die sich mit Gewalt gegen Einsatz- und Ordnungskräfte befassen. Alleine rund 30 Prozent der Feuerwehr- und Rettungskräfte melden körperliche Übergriffe bislang nicht, weil sie dies für zwecklos halten. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der komba gewerkschaft nrw, des Innenministeriums NRW und der Unfallkasse NRW. Die Dunkelziffer wird weit höher sein. »Allzu oft werden die Verfahren eingestellt. Daher sprechen wir uns für eine konsequentere Strafverfolgung aus«, macht Andreas Hemsing, Landesvorsitzender der komba gewerkschaft nrw, deutlich. »Wir wollen nicht, dass jemand nicht anruft«, betont Cremer. Würde nur eine Person aus falscher Scham nicht rechtzeitig den Rettungsdienst rufen, so sei das eine Katastrophe. Der demografische Wandel lasse grüßen, schließlich seien 90 Prozent der Einsätze internistische Notfälle. Und oft lebe der alte Mensch eben alleine und wisse sich nicht anders zu helfen, als den Notruf zu tätigen. Die Zahl der Einsätze an Bequemlichkeit oder Überforderung des Anrufenden festzumachen, lässt Cremer nicht gelten. »Dem Bürger wird in der heiklen Situation zugemutet, zu differenzieren, ob es ein Notfall ist oder man einfach nur mal zum Hausarzt gehen sollte. Diese Aufgabe muss an die Fachleute in der Leitstelle übertragen werden.« So wie in Ostwestfalen-Lippe, wo es seit Sommer 2018 ein Pilotprojekt gibt. Die Mitarbeiter entscheiden anhand eines Gesprächsleitfadens, wie schwerwiegend die Erkrankung oder Verletzung ist und leiten die entsprechenden Maßnahmen ein. »Wenn sich dadurch die Versorgung verbessert, ist das ein Modell für ganz Nordrhein-Westfalen«, so NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Zustimmung findet er bei Marlis Cremer.

Richtiger Notruf

Wer bei einem Notfall dringend Hilfe benötigt, wählt auch künftig die »112«, für Krankentransporte ist die Aachener Leitstelle auf dem Gelände der Berufsfeuerwehr in der Kaiserstadt unter Tel. 0241/19222 erreichbar.
Wer ein medizinisches Problem hat, mit dem man zum Hausarzt gehen würde, wähl den kassenärztlichen Notdienst unter 116 117 statt dem Notruf.
Mehr zur Aktion »Respekt - Ja, bitte!« gibt es auf www.dfeug.de


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