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Ein ganzes Berufsleben lang »Druck« gemacht

»Ich bin der Letzte, der zum Buchdrucker ausgebildet wurde.« Harald Hermanns erinnert sich gerne an die Anfänge seiner beruflichen Laufbahn, als das Unternehmen Weiss noch im »Mühlchen« am Rande der Monschauer Altstadt ansässig war. Als »Monscher« kannte man sich, da war der Lehrvertrag reine Formsache, unkt der heute 64-Jährige.

50 Jahre hat der Monschauer Jung im Medienhaus Weiss gearbeitet. »Ich habe mit 14 Jahren begonnen, war Mädchen für alles und durfte mittags für die Mannschaft in der Altstadt einkaufen gehen: Essen, Getränke, Tabak, aber auch Lottoscheine abgeben«, lacht Harald Hermanns. »Und wenn die Klischees (eine fotochemisch oder maschinell hergestellte Druckform für das Hochdruckverfahren; Anm.d.Red.) abgewischt werden mussten, dann holte ich bei Frau Weiss ein altes Leinenhemd vom Chef.« Es ging familiär zu unter den gut 30 Mitarbeitern, die Anfang der 1970er Jahre bei Weiss-Druck beschäftigt waren. In seiner Ausbildung wirkte Hermanns meist am »Heidelberger Tiegel«, der heute einen Platz im Druckereimuseum gefunden hat. Zu den ersten Druckerzeugnissen, an denen Harald Hermanns mitwirkte, war der Heimatkalender, also das heutige Jahrbuch des Monschauer Landes. »Der damalige Betriebsleiter hatte sein Büro direkt neben den Druckmaschinen – jedes Produkt musste ihm vorgelegt werden«, erinnert sich Harald Hermanns. Damals gab es noch keine Schichtarbeit, Überstunden waren die Ausnahme. »Wenn neues Papier kam, dann musste es mit der halben Mannschaft abgeladen werden. 15 Rollen Papier – dann war die Halle voll«, weiß Hermanns, dass die alte Betriebsstätte dem wachsenden Fortschritt nicht mehr standhielt.
Kurz vor Weihnachten 1971 traf im Hause Weiss eine neue Druckmaschine ein, eine »Roland Favorit«. Schließlich steckte das Unternehmen von Hans Georg Weiss im Umbruch, er errichtete in diesen Tagen eine neue Betriebsstätte im Imgenbroicher Gewerbegebiet. Im Frühjahr wurde umgezogen, Hermanns blieb als Buchdrucker aber noch den Sommer über in Monschau. »Wir sind dann zusammen mit der Setzerei und dem Korrektorat nach Imgenbroich gezogen – organisiert und perfekt umgesetzt von der damaligen Spedition Küpper aus Eicherscheid«, erinnert sich der Druck-Azubi. Da sein Ausbilder lange Zeit erkrankt war, war Hermanns rasch in der Lage, selbstständig zu arbeiten. »Im Buchdruck wurden Druckerzeugnisse in kleiner Auflage hergestellt, etwa Briefbögen oder Totenzettel«, so Hermanns.

Rotationsdruck und Plattenbelichtung

»Papierknappheit kannten wir nicht, im Gegenteil. Alle Nase lang gab es wieder eine neue Papierart, die für die verschiedensten Druckweisen geeignet waren«, weiß Hermanns. Er selbst wechselte nach einiger Zeit in die Reproduktion und erlebte dort den technischen Fortschritt hautnah mit. Später fand Harald Hermanns im Rotationsdruck eine neue berufliche Herausforderung. »Dort wurde in 16-Stunden-Schichten der WochenSpiegel gedruckt«, erinnert sich Hermanns. »Anfangs schwarz-weiß, später zweifarbig, heute längst vierfarbig.« An die Schichtarbeit hat man sich gewöhnen müssen, so der Monschauer. Und doch wusste man auch die Vorzüge mit der Zeit zu schätzen. »Da kam es auch vor, dass Hans Georg Weiss mitten in der Nacht nach dem Rechten sah, weil er gerade erst vom Düsseldorfer Landtag zurückgekehrt war«, so Hermanns. Gegen Ende seiner beruflichen Laufbahn im Druckhaus ging es für Harald Hermanns wieder zur Plattenkopie. Die Digitale Druckplattenbelichtung bezeichnet ein Verfahren in der Druckvorstufe, bei dem die Druckplatten vom PC aus direkt im Plattenbelichter bebildert werden. Anfang 2021 trat der Buchdrucker, der als letzter Auszubildender seine Lehre im »Mühlchen« begann, nach fast 50 Jahren Firmenzugehörigkeit in den Ruhestand.


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