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Ein Wolf lebt im Hohen Venn

Haben wir einen Wolf im Hohen Venn? Oder gar mehrere? Hat er Schafe in und um Mützenich gerissen? »Ja« meldet das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz NRW. Eine genetische Untersuchung hat Gewissheit gebracht.

Vermutet wurde schon lange, dass es einen oder mehrere Wölfe im Hohen Venn gibt. Anfang des Jahres hatte ein Wanderer Fotos eines Tieres in den sozialen Netzwerken gepostet. Seit Ostern hielten ein oder mehrere Wildtiere, die Schafe rissen, besonders die Ortschaft Mützenich in Atem. Am 11. April wurden an der Reichensteiner Straße binnen 20 Stunden zwei Schafe gerissen. Am 29. April dann fanden Radfahrer gleich drei tote Schafe am Vennbahnradweg zwischen Mützenich und Imgenbroich. Und am 14. Mai wurden wieder an der Reichensteiner Straße drei tote Schafe gefunden.
Zwei von ihnen ordnete Wolfsberater Hermann Carl gezielte Bisse in den Rücken zu. Bei den Vorfällen zuvor stellte der Tierexperte gezielte Kehlbisse fest. »Ich denke, dass auch das ein Profi war«, glaubte der Tierexperte. »Ich habe zwar am Bachlauf der Flora Abdrücke gefunden, die einem Wolf zuzuordnen sind. Um sicher zu gehen, muss man aber Spuren über 100 Meter und mehr verfolgen. Die gibt es hier aber nicht«, so Carl. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz bestätigte nun auf Anfrage des WochenSpiegel: »Es war ein männlicher Wolf«, so LANUV-Pressesprecherin Birgit Kaiser de Garcia. Eine genetische Untersuchung durch eine Speichelprobe, die Wolfsberater Hermann Carl an das Landesamt geschickt hat, habe den Beweis erbracht. Der Halter des ersten getöteten Schafes sei informiert. Dieser werde nun eine Entschädigung für das gerissene Tier beim Umweltministerium anfordern. Auch das Bild, das durch die Fotofalle von Dirk Steffens aus Mützenich am vergangenen Dienstag entstanden ist, zeigt einen Wolf. Dies hat das LANUV gegenüber dem WochenSpiegel bestätigt. Ob es sich bei dem Tier um den selben Wolf handelt wie beim Riss einen Monat zuvor, ist ungewiss.

Verhaltenstipps von Hermann Carl

»Als die Wölfe ausgerottet wurden, hatten wir ganz andere Lebensverhältnisse«, weiß Carl. Damals war ein gerissenes Tier existenzbedrohend, auch wenn er die heutigen Schafhalter verstehen kann, die einen geeigneten Schutz und Entschädigung fordern. »In einem dreimonatigen Zeitraum muss ein Wolf nachgewiesen werden, um Wolfserwartungsland zu sein«, erklärt der Fachmann. Erst dann kann man Zuschüsse für Schutzzäune vor dem Wolf beantragen. Auch ausgebildete Schutzhunde, die unter Schafen groß werden müssen, um sicheren Schutz zu bieten, müssten bezahlt werden. Menschen kommen nur äußerst selten mit Wölfen in Kontakt. Kommt es zur Begegnung, solle man nicht weglaufen, sondern rufen, klatschen und sich groß machen. In der Regel suche das scheue Tier dann das Weite. »Man muss keine Angst haben, aber mit Respekt vorgehen.«, stellt Carl klar. 70 Kilometer lege ein Wolf pro Nacht zurück, ein Rudel sei auf 400 Quadratkilometern unterwegs. »Der Tisch ist reich gedeckt mit Wildtieren und Hasen«, weiß Carl. Die Vermehrungschancen für Wölfe seien also gut. Um 30 Prozent nehme die Population in freier Wildbahn jährlich zu.


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