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Gehandicapte wollen nur »normale« Arbeit

»Wer von seinem Gehalt leben kann, der ist motiviert und fühlt sich gebraucht.« Das gilt in den Augen von Hermann Stormanns für jeden Menschen. Und so hat er das »ProjektKontorEifel« gegründet – eine Beschäftigungsinitiative für inklusive Projekte.

»Eine tolle Initiative, die wir für den Inklusionspreis 2020 ins Auge fassen werden«, lobt Claudia Middendorf. Sie ist Beauftragte für Menschen mit Behinderung sowie für Patienten der Landesregierung Nordrhein-Westfalen und war nun im Rahmen der Sommertour der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) in Steckenborn zu Besuch. Middendorf hat als gelernte Sozialpädagogin selbst 16 Jahre lang eine Werkstatt für Menschen mit besonderen Bedürfnissen geleitet und weiß, wie wichtig ein Beruf für die Rehabilitation dieser Mitbürger ist. Hermann Stormanns, gelernter Sonderschullehrer und lange Jahre als gesetzlicher Betreuer tätig, gründete 2015 mit drei Beschäftigten das »ProjektKontorEifel«. Aktuell beschäftigt er 59 Mitarbeiter, davon 29 in Festanstellung. »Die Quote der Mitarbeiter mit Schwerbehinderung liegt bei 30,5 Prozent – viele Großkonzerne schaffen nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebenen 5 Prozent«, stellt Stormanns fest. Mit vielfältigen Projekten setzen die Mitarbeiter der Beschäftigungsinitiative genau das um, was immer wieder öffentlich gefordert wird: die konsequente Integration von Menschen mit Handicaps am Arbeitsplatz. »In sämtlichen Teams arbeiten unsere qualifizierten Mitarbeiter mit und ohne Handicaps gleichberechtigt unter den realistischen Bedingungen des sogenannten ersten Arbeitsmarktes«, versichert Stormanns.

Senf und Hausmeister bei Projekt Kontor Eifel

Und das sei gar nicht so einfach. »Natürlich ist ein gehandicapter Mensch nicht so einsatzfähig wie ein nicht-behinderter Mitarbeiter. Dessen Leistungsfähigkeit wird jedoch durch die Betreuung des Gehandicapten zusätzlich gemindert. Da steht die Wirtschaftlichkeit doch manches Mal in Frage«, rechnet Vertriebs- und Projektleiter Dirk Fingerhut vor. Doch die gehandicapten Menschen wollen vielfach dem Staat nicht auf der Tasche liegen, sondern mit eigener Leistung ihr Leben bestreiten.
Für den ersten Arbeitsauftrag konnte Stormanns die Historische Senfmühle aus Monschau gewinnen. Für das Unternehmen von Ruth Breuer werden die 22 Senfsorten abgefüllt und konfektioniert. Rund 500.000 Senftöpfchen sind das pro Jahr. Das »Projekt Huusmeester« umfasst ein Vielzahl klassischer Hausmeisterdienste, haushaltsnahe Dienstleistungen, Gartenarbeiten, aber auch die Alltagsbegleitung von Senioren oder anderweitig Bedürftigen. »Zu helfen bereitet jedem Menschen Freude«, unterstreicht Stormanns. Und gerade in diesem Bereich könnten Menschen mit und ohne Handicap Hand in Hand zusammen arbeiten. Bekanntheit hat das »ProjektKontorEifel« erlangt, als es 2016 den Dorfladen »Onkel Lupo« in Woffelsbach eröffnete. Es folge 2017 »Lupos Restaurant« im Aachener Bootsclub und schließlich in diesem Frühjahr »Lupos Bistro« am Rurberger Badesee. »Dieses vorbildliche soziale Projekt, das dennoch betriebswirtschaftlich funktionieren muss, haben wir als Gemeinde Simmerath gerne unterstützt«, versichert der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde, Bernd Goffart. Und Theo Steinröx, langjähriger Bürgermeister der Stadt Monschau, nutzt den Besuch Middendorfs mit einer Forderung an Düsseldorf: »Das Land muss die Kommunen bei den Sozialausgaben viel besser unterstützen, damit solche Initiativen wie das ProjektKontorEifel Erfolg haben können.« Da könne es nicht sein, dass Mittelständler aus dem ländlichen Raum ihrer Beschäftigungsverpflichtung nachkommen und sich gleichzeitig Großkonzerne mit ein paar Euro aus dieser herauskaufen. 125 Euro kostet es pro Monat, einen Pflichtarbeitsplatz einfach nicht zu besetzen.

Inklusive Projekte bei Projekt Kontor Eifel gut aufgehoben

Hermann Stormanns hingegen macht weiter mit dem »ProjektKontorEifel«, weil er von seinem Konzept überzeugt ist und die Dankbarkeit der gehandicapten Menschen, einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz zu haben, ihn jeden Tag aufs Neue antreibt. Das PKE erzielt auch bei »kleineren Projekten«, die für sich genommen zwar keine wirtschaftliche Existenzgrundlage haben, in der Nachbarschaft anderer Projekte synergetische Effekte.


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