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Karneval auf der Kippe

Ob Corona und die »5. Jahreszeit« vereinbar sind, wird derzeit kontrovers diskutiert. Während Vereine bereits Alternativkonzepte vorstellen, muss eine Wittlicher Firma dauerhaft ihre Pforten schließen.
Deutschlandweit fragen sich die Jecken, ob sie am »11.11« feiernd in den Karneval starten können.

Deutschlandweit fragen sich die Jecken, ob sie am »11.11« feiernd in den Karneval starten können.

Corona macht auch vor der 5. Jahreszeit nicht halt. Deutschlandweit stellt sich derzeit die Frage: »Karneval – ja oder nein?«
Während Gesundheitsminister Jens Spahn erklärt, dass er sich das bunte Treiben mitten in einer Pandemie schlichtweg nicht vorstellen kann, fürchtet so mancher Jeck um seine geliebte Tradition. Auch Firmen  bangen um ihre Existenz; deutschlandweit ist der Karneval schließlich ein Milliardengeschäft – etwa für Gastronomie- und Hotelbetriebe, aber auch für Textilindustrie, die Eventbranche und das Transportgewerbe.

Aus wegen Corona: Karnevalcenter schließt

Wie die »Fastnachsfrage« bundesweit und auch regional Beantwortung finden wird, kann das Karnevalcenter Wittlich nicht mehr abwarten. Von dort gibt es traurige Nachrichten: »Der Räumungsverkauf hat bereits begonnen. Der 31. Oktober ist unser letzter Tag, danach werden wir schließen«, berichtet Inhaberin Karoline Mertes. Das Aus für den Store nach 19 Jahren sei nicht abzuwenden gewesen, denn es fehlt die Kundschaft aus der Region – schließlich kamen nicht nur die Menschen  aus Wittlich und Umgebung ins Geschäft, sondern u.a. auch aus dem benachbarten Eifelkreis Bitburg-Prüm. »Eigentlich hätten wir im kommenden Jahr 20-jähriges Jubiläum gefeiert. Aber dadurch, dass keine Feste wie Mittelaltermärkte und Privat- sowie öffentliche Feiern stattgefunden haben und auch alle Oktoberfeste abgesagt wurden, haben wir weder Sommer-, noch Herbstgeschäft.« Und wie es mit dem Karneval aussehe, stehe in den Sternen.

Entscheidung der Politik gewünscht

Um die Karnevalsvereine in der Situation nicht alleine zu lassen und  sich ihre Anliegen anzuhören, hat der Verein Rheinische Karnevals-Korporationen (RKK) bereits Anfang August die erste von insgesamt zwölf Regionalkonferenzen zum Thema »Karneval und Corona« einberufen. Mitgliedervereine des RKK aus dem Eifelkreis Bitburg-Prüm und dem Landkreis Bernkastel-Wittlich haben sich dazu getroffen.
  RKK-Präsdident Hans Mayer stellte vor Ort klar: »Karneval findet statt – Karneval kann man nicht absagen. Aber es ist die Frage, wie Karneval in der Session 2020/2021 vonstatten gehen kann. Und da brauchen wir jetzt eine klare Entscheidung der Politik«. Der RKK-Präsident ergänzte, dass er dazu (nach Redaktionsschluss) ein Gespräch mit Malu Dreyer führen werde (Aktuelle Entwicklungen online: www.wochenspiegellive.de). Bereits vor dem Treffen mit der Ministerpräsidentin steht das Konzept für die Wittlicher Fastnacht, dass Vertreter der Wittlicher Narrenzunft, der Schääl-Saidt, der Burgnarren Neuerburg und der Karnevalsgemeinschaft Wengerohr konstruiert haben.
Günnes Eller, Vorsitzender der Wittlicher Narrenzunft, erklärt: »Es wird keine Saal-Kappensitzungen geben.« Hermann Barzen, Vorsitzender der Schääl Saidt erläutert das Alternativ-Konzept unter dem Leitmotiv »eine andere Fastnacht«: Zwischen Fettem Donnerstag und Aschermittwoch seien verschiedene Aktionen geplant, wie eine Prinzen-Proklamation mit Übertragung im Internet sowie eine »Vier-Karnevalsvereine-Tingelshow« durch alle fünf Stadtteile mit Tanz, Corona-Polonäse, Vorträgen oder Sketchen. »Wir haben viel Erfahrung im Straßenkarneval, und wir denken, dass das richtig schön werden wird. Aber es wird nur gemeinsam funktionieren.«
Ebenfalls geplant: eine Sommerfastnacht vom 4. bis 6. Juni 2021. Generell wolle man in der Session verstärkt online auf Facebook und YouTube präsent sein und eine gemeinsame Internetseite der Vereine ins Leben rufen. »Hier ist viel Kreativität und Einsatz nötig, da müssen wir aus unserem Karnevalsalltag raus«, so Günnes Eller. Das sei aber auch eine Chance, wenngleich viel Arbeit dahinter stecke: »Da kann viel Neues entstehen ...«
Während in Wittlich der Plan steht, beratschlagen sich an der Mosel die Vereine: »Wir haben unseren Aktiven noch nicht abgesagt. Allerdings ist das weitere Vorgehen natürlich von den Entschlüssen der Regierung abhängig«, berichtet Lothar Marmann, zweiter Vorsitzender des KV Huckebein 1879 Bernkastel-Kues. »Wir werden dieses Jahr auf jeden Fall noch eine Entscheidung treffen.«
Wie es beim Karnevalsverein Traben-Trarbach (KVTT) weitergeht, ist ebenfalls noch nicht spruchreif, wie  Catherine Lenard vom Vorstand berichet. Darüber beratschlagt werden soll u. a. auf der anstehenden Jahreshauptversammlung.

Auch im Eifelkreis ist die Lage schwierig

Doch wie ist die Situation bei den Vereinen im Eifelkreis aus? »Bei uns liegen alle Pläne zurzeit auf Eis«, erklärt Berthold Thies, 1. Vorsitzender der Prümer KG 1881 e.V.. »Wir gehen davon aus, dass es keine Saalveranstaltungen geben wird und auch der Straßenkarneval ist mehr als fraglich. Wir müssen einfach je nach Situation schauen, ob und was möglich ist.« Einen finanziellen Schaden muss der Verein allerdings nicht fürchten. »Von den Finanzen her hat ein Ausfall der Veranstaltungen keine Konsequenzen für uns. Wir gehen jetzt allerdings auch keine finanziellen Risiken ein«, so Thies.
In Bitburg ist nach der Vorstandssitzung der »Freunde der Bütt« am Dienstag klar: Es wird keinen Karneval geben. Keine Prinzenpaare, keine Kappensitzungen, keinen Umzug. Das hat der Vorstand einstimmig und ohne große Diskussion beschlossen, berichtet der Vorsitzende Matthias Schröder. »Die Verantwortung kann und will keiner übernehmen«, erklärt er die Entscheidung.  »Die Hygienemaßnahmen sind unmöglich einzuhalten. Keiner kann das kontrollieren«, daher sei das Risiko einfach zu groß.

Idee: Karneval im Sommer feiern

Auch langfristig ist er wenig optimistisch. »Es wird schwieriger Karneval zu feiern, weil viele Sponsoren nicht mehr da sein werden«, wirft er einen Blick in die Zukunft. Die Finanzen sind auch ein Grund, warum der Karneval in Bitburg diese Session in den Dornröschenschlaf geht: »Wahrscheinlich würden nicht viele in den Saal im Haus der Jugend kommen und der Saal nicht voll werden. Wir müssen ja auch wirtschaftlich arbeiten«, argumentiert Schröder.
Aber die »Freunde der Bütt« stecken den Kopf nicht in den Sand. Die Idee steht im Raum, den Karneval mit einem Fest im Sommer zu feiern, um zu sagen »Wir sind noch da!«.

Online Informieren Aktuelle Informationen zum Thema bietet der RKK unter: www.rkk-deutschland.de. (sas/sch/bil)


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