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Hilfe anzunehmen, fällt oft schwer

Die Alltagssituation von dementiell erkrankten Menschen verbessern möchte die Beratungs- und Koordinierungsstelle der Caritas. Wie das gehen kann, erzählt Leiterin Ulrike Jung-Ristic im Interview.

Wochenspiegel: Welche Aufgaben hat die Beratungs- und Koordinierungsstelle Demenz  konkret und wie wird das Angebot angenommen?

Ulrike Jung-Ristic: »Die Aufgaben der ‚BeKo Demenz‘ umfassen die Beratung für Betroffene und Angehörige von Menschen mit Demenz, die Organisation und Durchführung von Schulungen  für Angehörige, Ehrenamtliche und sonstige Gruppen. Seit der Wiederbesetzung der Stelle im März 2019 nehmen die Menschen aus dem Kreisgebiet das Beratungsangebot zunehmend in Anspruch. In der Regel wenden sich die Angehörigen an uns. Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Demenz ist ein weiteres wichtiges Thema der `Beko, ebenso Netzwerkarbeit sowie der Auf- und Ausbau von Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen.«
Bitte geben Sie einen Überblick über die entlastenden Angebote im Landkreis.

»Es gibt unterschiedliche Angebote, allerdings (noch) nicht flächendeckend. Sie reichen von ehrenamtlichen Betreuungsgruppen und Besuchsdiensten für Menschen mit Demenz über Sportangebote, die stundenweise Betreuung bei einem Krankenhausaufenthalt bis hin zu einem quartalsweise stattfindenden `Demenz-Cafe´.
Gesprächskreise für Angehörige von Menschen mit Demenz bieten die Möglichkeit, sich in einem geschützten Rahmen mit anderen auszutauschen und sich mit hilfreichen Tipps gegenseitig zu unterstützen. Auch Tagespflegeeinrichtungen sind ein wichtiger Baustein für die Versorgung von Menschen mit Demenz und die Entlastung der Angehörigen«
Wie beurteilen Sie die Situation im Landkreis? Steigt die Zahl der Betroffenen?

»Von dem Trend des Anstiegs der Zahlen ist auch im Landkreis auszugehen. Allerdings müssen wir auch hier auf statistische Berechnungen zurückgreifen. Daraus ergibt sich für 2020 bei den über 65-Jährigen eine Zahl von ungefähr 2.300 Menschen, die von einer Demenz betroffen sein könnten. Im Jahr 2040 könnte, bezogen auf diese Altersgruppe, mit einer Zahl von ca. 3.000 Menschen zu rechnen sein (*Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz und Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. Selbsthilfe Demenz).«
Gibt es genügend Hilfsangebote?

»Sie sind sicherlich noch ausbaufähig.  Angehörige sprechen insbesondere die Situation an den Wochenenden an, an denen die entlastenden Angebote nicht zur Verfügung stehen. Die Einschränkungen im Zusammenhang mit Corona haben zudem dazu geführt, dass Angebote zeitweise gar nicht vorhanden waren oder – auch jetzt noch – nur in eingeschränkter Form zur Verfügung stehen.«
Wo drückt Betroffene der Schuh Ihrer Erfahrung nach am meisten?
»Nach wie vor fällt es sowohl Betroffenen als auch Angehörigen schwer, bei den ersten Anzeichen ärztlichen Rat einzuholen bzw. mit der Diagnose an die `Öffentlichkeit´zu gehen. Die meisten versuchen solange wie möglich alleine damit zurechtzukommen.«
Erst vor kurzem haben Sie zwei neue Gesprächskreise gestartet. Wie wird das Angebot angenommen? Finden 2020 weitere Infoveranstaltungen statt?

»Das Angebot wird gut angenommen und es besteht großer Gesprächsbedarf.  Die Planung von Veranstaltungen ist aktuell schwierig. Am 3. September findet eine Tagesveranstaltung für Angehörige von Menschen mit Demenz im Krankenhaus in Wittlich statt, die vom Arbeitskreis Demenz und der `BeKo Demenz´ organisiert wurde. Für die Woche der Demenz (21. bis 27. September) sind Infostände an verschiedenen Orten geplant. Am 15./16. Dezember bietet das Krankenhaus Wittlich eine Schulung für Angehörige zum Thema Kommunikation und wertschätzender Umgang mit Menschen mit Demenz an.«
Funktioniert das Networking in Sachen Demenz?

»Seit 2008 gibt es den `Arbeitskreis Demenz´, den der Wochenspiegel ja zu Beginn der Themenreihe vorgestellt hat. Ich kann mich den Wünschen zur Netzwerkarbeit in diesem Artikel nur anschließen. Wenn alle in diesem Themenfeld Tätige, sowie Betroffene und Angehörige und das soziale Umfeld mitwirken, können wir gemeinsam einen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen leisten.
Welche Zukunftsvisionen haben Sie?

»Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz wären zum Beispiel ein spannendes Thema.« Fachliche Hilfe und Information

  • Kontakt: Beratungs- und Koordinierungsstelle/Schwerpunkt Demenz, Ulrike Jung-Ristic, Caritasverband Mosel–Eifel – Hunsrück, Wittlich, Tel.: 06571 / 9155-0, E.Mail: u.jung-ristic@caritas-meh.de, www.caritas-mosel-eifel-hunsrueck.de
  • »Wegweiser für pflegende Angehörige«, www.pflege.bernkastel-wittlich.de
  •  »Veranstaltungen im Verbundkrankenhaus Bernkastel/Wittlich zum Thema Demenz, www.verbund-krankenhaus.de/willkommen/termine/
Interview: Stephanie Baumann


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