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Reportage: Beim Bestattungsinstitut Eller-Schrot in Wittlich

Die hygienische Totenversorgung gehört zu den wichtigsten Aufgaben einer Bestattungsfachkraft. WochenSpiegel-Volontärin Juliane Urban begleitet diesen wichtigen Schritt zur Vorbereitung für die letzte Ruhe bei Eller-Schrot in Wittlich.

Ein steriler Raum in einem Keller, eingetaucht in kaltes, unpersönliches Kunstlicht surrender Neonröhren. In die Nase steigt beim Betreten sofort der Geruch des Todes, gepaart mit dem beißenden Gestank nach Desinfektionsmittel - So, oder so ähnlich, stellt man sich vielleicht den Ort vor, an den ein Mensch nach dem Tod gebracht wird.

Nichts als ein Klischee

Doch als ich zum ersten Mal in meinem Leben bei einem Bestattungsinstitut in solch einem Raum stehe, bleibt von dieser Vorstellung nicht viel übrig - abgesehen von der Kälte. Ansonsten entspricht der Raum keinem gängigen Klischee. Die Wände sind gelb-orange, in einer Ecke stehen Pflanzen, gegenüber gibt es Buntglasfenster und darunter steht ein schwarzer Rollwagen mit diversen Utensilien. Eine Stuhlreihe befindet sich an einer der Wände gegenüber der Kühlkammer. Nur der Metalltisch in der Mitte vermittelt die Assoziation mit etwas Medizinischem. Kein Verwesungsgeruch. Es riecht eigentlich nach nichts.
Ich bin hier mit den Bestattungsfachkräften Hans-Josef Heinz und Marco Neises vom Wittlicher Bestattungsinstitut Eller-Schrot. Ich möchte wissen, wie eine hygienische Totenversorgung abläuft. Diese wird durchgeführt, um den Verstorbenen in einen hygienisch einwandfreien und ästhetischen Zustand zu bringen, bevor er beerdigt oder eingeäschert wird. Das ist wichtig, wenn die Person aufgebahrt wird.
Inhaber Guido Eis, der das 1930 gegründete Unternehmen führt, nahm meine Anfrage gerne an. Nachdem die Angehörigen zugestimmt hatten, ging alles ganz schnell. Wenig Zeit, um sich mental darauf vorzubereiten, wie nah man bald einem Toten kommen würde. Doch Hans-Josef Heinz und Marco Neises arbeiten routiniert, meine Anspannung schwindet. "Wir werden den Körper zuerst mit Wasser und Seife waschen", erklärt Hans-Josef-Heinz, der bereits seit 30 Jahren als Bestatter arbeitet. Die Männer streifen Handschuhe und Kittel über und öffnen die Kühlkammer. Ein älterer Mann, etwas übergewichtig, wird von der Trage auf den Tisch gehievt. Der Anblick der Leiche lässt mich überraschenderweise unberührt. Mein Blick schweift über den Mann, der noch ein Krankenhaushemd trägt. Einige Körperstellen weisen Totenflecke auf. Eigentlich sieht er so aus, als würde er nur schlafen.

Einfühlungsvermögen

Der Leichnam wird vom Krankenhaushemd befreit, nur der Intimbereich bleibt bedeckt. Die Bestatter gehen bei der Waschung sehr gründlich vor, kümmern sich um jeden einzelnen Finger und trocknen den Körper ebenso sorgfältig wieder ab. Danach werden Pflaster auf die Handgelenke geklebt. Ich möchte wissen, wozu sie dienen. "Hier waren Kanülen drin, sagt Marco Neises und dreht den Arm. "Die Pflaster verhindern das Auslaufen von Blut."
Julie Schwarz, Auszubildende im dritten Lehrjahr, betritt den Raum. Während der Tote mit einem Einwegrasierer rasiert wird, unterhalten wir uns über ihren Beruf. Wie kommt man dazu Bestattungsfachkraft zu werden? "Es hat mich einfach interessiert", antwortet sie mit einem Lächeln. Berührungsangst habe sie keine mehr. Aus ihrem Freundeskreis fänden einige ihre Berufswahl sogar ziemlich cool. Abwechslungsreich sei der Job und daher immer spannend. "Man braucht ein gutes Einfühlungsvermögen. Außerdem muss man seelisch und körperlich belastbar sein." Dass man auch körperlich fit sein muss, sehe ich, als der Tote mehrfach leicht angehoben und gedreht werden muss. Ihm wird eine Erwachsenenwindel angelegt. Vorbeugend, falls noch Körperflüssigkeiten austreten. Nun muss er nur noch eingekleidet werden.

"Roter Lippenstift"

"Suchen die Angehörigen die Kleidung aus?", frage ich mit Blick auf die graue Hose und das schwarze Hemd. "Ja", bestätigt Hans-Josef-Heinz. "Heutzutage wird die Kleidung auch komplett angezogen." Die Aussage verwundert mich: "War das denn früher anders?" Er nickt: "Früher hat man oft die Kleidung aufgeschnitten und nur drübergelegt. Das ging schneller. Heute macht man das nicht mehr."
Geschickt streifen die Männer dem Verstorbenen Hose und Socken über, bevor sie sich um den Oberkörper kümmern. Sie erzählen, dass Tote manchmal auch geschminkt und frisiert werden. "Einmal wollten die Angehörigen einen ganz bestimmten roten Lippenstift." Solche Wünsche werden erfüllt. Oft bekommen die Bestattungsfachkräfte dafür Fotos als Vorlage. Da der Tote kaum noch Haare besitzt, entfällt das Frisieren. Nur eine Feuchtigkeitscreme wird für ein natürlicheres Aussehen noch aufgetragen.
Dann wird er in einen schlichten Sarg gelegt. Als die weiße Decke über ihn gezogen wird, fällt mir auf, dass er keine Schuhe trägt: "Bei Einäscherungen ziehen wir keine Schuhe an."

"Märchen"

Später erfahre ich, dass das normal ist, weil man einen "schlafenden" Eindruck vermitteln möchte oder einige Krematorien es schlichtweg nicht erlauben. Marco Neises bewegt vorsichtig die Finger des Verstorbenen und flechtet sie ineinander. Dass die Finger aufgrund der Totenstarre dabei oft gebrochen werden, ist, sagt Guido Eis mir später, ein Märchen.
In der Halle wird nun alles desinfiziert und aufgeräumt. In diesem Raum werden auch die Angehörigen Abschied nehmen, bevor der Mann ins Krematorium gebracht wird. "Es gibt Familien, die fotografieren sich mit den Verstorbenen", erzählt Guido Eis von der auch für ihn ungewöhnlichen Praxis.
Auch ich selbst darf noch fotografieren. Natürlich nur den leeren Raum und die Geräte. Dabei zu sein, wie ein Mensch seine letzte Reise antritt, war nicht nur eine spannende Erfahrung, sondern hat mir auch selbst die Angst davor genommen, diese Reise selbst einmal antreten zu müssen ... Juliane Urban (Video: J. Urban)


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