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Betreuung in der Grauzone?

Viele Volljährige, die meisten von ihnen Seniorinnen und Senioren, benötigen Betreuung in rechtlichen und vermögensrelevanten Bereichen. Hierfür gibt es ehrenamtliche oder Berufsbetreuer. Doch ihr Einsatz ist nicht selten für die Betroffenen und deren Angehörige ein großes Problem.
Jeder kann plötzlich in die Situation kommen, nicht mehr selbstständig handeln zu können. Deshalb macht eine Vorsorgevollmacht Sinn. Themenbild: pixabay

Jeder kann plötzlich in die Situation kommen, nicht mehr selbstständig handeln zu können. Deshalb macht eine Vorsorgevollmacht Sinn. Themenbild: pixabay

Es kann jeden Volljährigen jederzeit treffen, zum Beispiel nach einem Unfall. Doch es sind vor allem und immer mehr alte Menschen, die Hilfe brauchen: Nämlich jemanden, der ihre Angelegenheiten treuhänderisch für sie erledigt, weil sie diese nicht mehr selbstständig regeln können. Nicht immer steht ein Familienmitglied dafür zur Verfügung. Gemäß BGB kann bei bestimmten Behinderungen oder Krankheiten sowie bei einem Fürsorgebedürfnis vom Amtsgericht ein Betreuer bestellt werden. Seine Aufgabe kann je nach vom Gericht definierten Bereich vieles sein, vom Einholen eines Rezeptes beim Arzt über die Stellung von Anträgen bei Behörden oder Versicherungen bis zur höchst komplizierten Vermögensverwaltung.

Höchst intimes Verhältnis

Eigentlich also ein höchst intimes Verhältnis, das extrem viel Vertrauen und absolute Integrität des Betreuers voraussetzt. Die Wirklichkeit sieht jedoch oft ganz anders aus. So beschreibt das Magazin pflege-prisma.de, welches von dem Verein der Pflegeethik Initiative Deutschland mit Sitz in St. Augustin herausgegeben wird, das Risiko eines Ausgeliefertseins der Betreuten und ihrer Angehörigen. »Wir erleben Richter, Rechtspfleger und Betreuer, die über den Kopf des Betroffenen hinweg bestimmen, wo dieser zu leben hat, wer ihn besuchen darf, was mit seinem Eigentum geschieht, welche medizinischen Maßnahmen durchgeführt werden oder nicht.«
Das Betreuungsrecht jedoch kennt gar keine Entmündigung mehr, sondern lässt dem Betreuten so viel Selbstbestimmung wie irgend möglich. Ein ständiger Dialog und fachkundiger Kontakt zwischen dem Hilfsbedürftigen und seinem Vertreter wäre dafür notwendig.

Gerichte vielfach überlastet

Aber: »Die Betreuer und die Betreuungsgerichte sind in der Regel völlig überlastet«, schildert die Nachlassverwalterin Myriam Berres aus Orenhofen die Wirklichkeit. »Zudem gibt es als Vergütung nur noch Fallpauschalen, die mit zunehmender Dauer der Betreuung niedriger werden und die den tatsächlichen Zeitaufwand einer Betreuung nicht decken.« Auch wird von Betreuern keine einschlägige berufliche Qualifizierung zwingend verlangt: »Diese Tätigkeit darf im Prinzip jeder ausüben.«
So rückt faktisch das Wohl der Betreuten immer mehr in den Hintergrund. Mit fatalen Folgen, wie auch das Institut für Betreuungsrecht feststellt: »Es eröffnen sich hier leider viele denkbare Missbrauchstatbestände. Diese reichen von leergeräumten Konten über ausgeräumte Häuser und Wohnungen, totaler Isolation der Betroffenen bis zur (nicht gewollten) Unterbringung in Pflege- und Altersheimen.« Es gehe dann darum, möglichst viel Profit aus der hilflosen Situation des Betreuten zu schlagen.
Auch Myriam Berres sieht das Risiko, dass eventuelle Missbräuche sehr lange unentdeckt bleiben, weil die Betreuten selbst wehr- und ahnungslos sind und Angehörige erst auf Antrag zu so genannten Verfahrensbeteiligten werden, die Einblick in die Akten erhalten. Sie empfiehlt ein sehr frühzeitiges Gegensteuern, indem jede und jeder bereits bei Eintritt in die eigene Volljährigkeit eine oder sogar zwei vertrauenswürdige Personen bestimmt, die eine Vorsorgevollmacht erhalten und einander kontrollieren können.
So kann kein fremder Dritter von einem Gericht dafür eingesetzt werden. »Man muss diese Vollmacht auch immer wieder überprüfen, ob sie noch zu den eigenen Wünschen und Bedürfnissen passt.« Zudem ende die Betreuung mit dem Tod. Ohne Vorsorgevollmacht sei offen, wer sich um Nachlass oder Beerdigung kümmert. (ako)


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