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Bange Blicke auf das Dreiser-Haus

In dem Haus in der Daunerstraße 16 in Bitburg lebte einst die Heimatschriftstellerin Gerda Dreiser. Nachdem ein Bauträger das renovierungsbedürftige Haus von 1907 gekauft hat, ist die Verunsicherung unter Bewahrern historischer Bausubstanz groß, was damit geschehen wird.

Architekturprofessorin und Denkmalschützerin Marie-Luise  Niewodniczanska ist »entsetzt«, wie sie selbst ihre Gefühle beschreibt. Ihr sei zu Ohren gekommen, dass eines der letzten Vorkriegshäuser abgerissen werden soll.  Gemeint ist das Haus in der Dauner Straße 16 in Bitburg gegenüber des Friedhofeingangs. Ob da etwas dran ist? Immerhin ist der Besitzer eine Immobilienfirma, die für größere Neubauprojekte  bekannt ist. Der WochenSpiegel erkundigt sich bei Johannes Arend, Geschäftsführer von Arend Immobilien in Bitburg. Er hat das Haus vor etwa drei Jahren erworben. Er habe keine konkreten Pläne, so Arend. »Ich habe das Haus aus einer Laune heraus gekauft, weil es mir gut gefallen hat. Es ist sehr sanierungsbedürftig. Ich weiß nicht, was ich damit mache. Von einem Abriss war nie die Rede«, führt er vage aus.  Derzeit liegt auch weder ein Bauantrag, noch eine Bauvoranfrage vor, bestätigt der Bürgermeister.

Haus steht nicht unter Denkmalschutz


Da das Haus nicht unter Denkmalschutz steht, stünde einem Abriss zumindest nichts im Wege. »Gerda Dreiser bemühte sich an ihrem Lebensende darum, das Elternhaus unter Denkmalschutz gestellt zu bekommen. Allerdings starb sie über diese Aktion. Das Haus ist eines der wenigen, auch baulich ansprechenden Häuser, die den 1. und 2. Weltkrieg überstanden haben. Es wäre sehr zu bedauern, wenn dieses Zeugnis handwerklicher Baukunst für immer verschwinden würde«, sagt Peter Neu, Historiker und Stadtarchivar. Neu hat für seine Verdienste um die Aufarbeitung der Bitburger Geschichte 2015 die Ehrenplakette der Stadt erhalten. Sein Wort hat Gewicht, sollte man daher meinen. Und Neu erhebt zurzeit mahnend seine Stimme.

Neuer Bebauungsplan kann das Haus schützen

Stefan Garcon sieht eine Möglichkeit, das historische Haus zu retten. Garcon, der Mitglied im Stadtrat und im Arbeitskreis  Gedenken ist, will das Thema in den Bauausschuss einbringen. »Wir könnten einen Bebauungsplan drüberlegen und so verhindern, dass ein großes Haus dort entsteht. Dann würde es für den Investor uninteressant.«
Ähnlich klingt es aus dem Rathaus: Es gebe Überlegungen, zwischen Dauner und Dudeldorfer Straße einen Bebauungsplan aufzustellen, um diesen Bereich städtebaulich neu zu ordnen. »Wir werden uns seitens der Stadt darum bemühen, dass das Haus erhalten bleibt, falls der neue Eigentümer einen Abriss erwägt. Schließlich hat hier viele Jahrzehnte eine bedeutende Persönlichkeit unserer Stadt gelebt«, so der Sprecher der Stadt.

Hintergrund: Wohnhaus einer Eifeler Ikone

  • Erbauer des Hauses Dauner Straße 16 war 1907 der Bildhauer Wilhelm Dreiser, Vater von Gerda Dreiser, die hier mit ihrer Familie lebte.  
  • Gerda Dreiser (1906 - 1991) wurde als Heimatschriftstellerin bekannt.
  • Bis 1944/45 war sie als Rotkreuzschwester im Krankenhaus Bitburg bei der Betreuung der Verwundeten tätig. 
  • Im Auftrag des Roten Kreuzes hat sie gefallene Soldaten nach Bitburg umbetten lassen und zu ihrer Identifizierung beigetragen.
  • Gerda Dreiser erhielt 1955 die höchste Auszeichnung des Roten Kreuzes, die Florence-Nightingale-Medaille.

Kommentar: Flair statt leer

Ein Alarmruf zur Rettung des Dreiser-Hauses geht durch Bitburg. Ob tatsächlich ein Abriss droht, weiß nur der Besitzer. Auf jeden Fall ist es gut, dass es Menschen gibt, denen es nicht egal ist, wenn Häuser mit einer langen Geschichte und ansprechender Architektur  ausradiert werden. Eine Stadt schöpft ihren Wert nicht nur durch  Infrastruktur, Arbeitsplätze und Freizeitangebote. Sie braucht auch Platz für Schönes. Monotone Neubauten mit schablonenhaft gestalteten Wohnungen bringen  zwar dem Bauträger Rendite. Aber sie schaden dem Lebensgefühl der Menschen.  Gesichtslose Einheitsunterbringungen in gleichförmiger Tristesse und ohne Vergangenheit bieten viel Platz, verströmen aber Leere.
Ihre Sybille Schönhofen
sybilleschoenhofen@tw-verlag.de


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