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Bitburg-Prüm: Bestattermeister Niklas Leuschen im Interview

Der 28-jährige Niklas Leuschen ist Bestattermeister in Bitburg und Prüm und hat im Rahmen unseres WochenSpiegel Specials "Abschied gehört zum Leben" Rede und Antwort gestanden. Er erklärt im Interview, wie sich dich Bestattungskultur in der Region wandelt; - Ein Text über persönliche Ansprachen, moderne Musik und Gräber unter Bäumen.
Wir fragten: Niklas Leuschen (28 Jahre), Bestattermeister in Bitburg/Prüm. Foto: Michael Barg

Wir fragten: Niklas Leuschen (28 Jahre), Bestattermeister in Bitburg/Prüm. Foto: Michael Barg

WochenSpiegel: Auch in der Eifel ist die Bestattungskultur im Wandel. Was hat sich in den letzten Jahren geändert?

Niklas Leuschen: „Der Trend geht immer mehr zur Individualisierung. Das fängt bei Totenzetteln an, die keiner Richtlinie folgen müssen und somit auch mit lebensnahen Bildern des Verstorbenen einzigartig gestaltet werden können. Bei den Bestattungen hat die Zahl der freien Begleitungen durch einen weltlichen Redner (oder den Bestatter) zugenommen. Bei diesen Trauerreden steht der Verstorbene im Mittelpunkt. Natürlich wird auch gemeinsam gebetet. Allerdings haben sich viele Menschen in den letzten Jahren von der Kirche etwas distanziert. Die musikalische Untermalung spielt eine große Rolle. Auch hier geht es „liberaler“ zu und manchmal werden durchaus moderne Lieder gespielt. Das hängt oft mit den Umständen des Todes zusammen, zum Beispiel wenn junge Menschen bei einem Unfall ums Leben kommen.“

Welche Bestattungsformen nehmen zu?

„Immer mehr Gemeinden bieten sogenannte `Pflegefreie Grabstellen' an, zumeist nur für Urnen, aber auch für Erdbestattungen - z.B. auf Kolmeshöh´ in Bitburg. Pflegefrei bedeutet, dass eine Steinplatte mit dem Namen des Verstorbenen im Boden eingelassen wird und keine Grabpflege anfällt. Das Grabfeld entspricht dann einer Wiese und das Mähen des Rasens obliegt der Friedhofsverwaltung. Viele Familien sind heute über ganz Deutschland verstreut und haben nicht mehr die Möglichkeit, sich intensiv um die Grabpflege zu kümmern. Dennoch möchten viele Angehörige einen Ort zum Trauern haben.“  

Auch Friedwälder sind immer häufiger im Gespräch. Was ist das Besondere daran?

„`Friedwald` ist eine Marke, eine Gesellschaft, die in ganz Deutschland verteilt mehrere Bestattungswälder besitzt. Wenn also die Bestattung unter Bäumen im Wald gemeint ist, sprechen wir von `Bestattungswäldern'. Im Eifelkreis gibt es Bestattungswälder in Niederweiler, Prüm und Neuerburg. Das Besondere daran ist, dass Geistliche nicht immer mit in den Wald gehen und somit der eigentlichen Beerdigung nicht beiwohnen. Dabei ist zu beachten, dass einige Grabstätten vor allem in der dunklen Jahreszeit nur mit etwas Aufwand zu erreichen sind. Manchmal ist der Zugang sogar erheblich erschwert. Bestattungswälder haben zumeist die Auflage, dass Urnen nur aus Naturstoff bestehen dürfen und auch sonst nur biologisch abbaubare Materialien z.B. beim Blumenschmuck verwendet werden dürfen. Des Weiteren ist jegliches Feuer im Wald verboten, es dürfen also auch keine Kerzen aufgestellt werden. Die Dekoration fällt also eher spartanisch aus.“

Was gehört für Sie persönlich zu einer würdevollen Bestattung dazu?

„Ganz wichtig finde ich eine persönliche Ansprache, in der der Verstorbene von verschiedenen Seiten dargestellt wird. Dabei darf durchaus auch geschmunzelt oder sogar gelacht werden. Oft gehören dazu auch Zitate, sodass am Schluss bei den Trauergästen der Tenor entsteht: „Ja, genau so war der Verstorbene.“ Musik, die sich der Verstorbene oder die Angehörigen ausgesucht haben, finde ich zudem sehr schön. Ich ermutige Angehörige beim Trauergespräch dazu, bei den Totenzetteln Bilder in Betracht zu ziehen, die man auf den ersten Blick nicht auswählen würde. Das kann z.B. ein Bild sein, was denjenigen bei seinem passionierten Hobby zeigt. Es gibt natürlich Fälle, die ohne Wenn und Aber einfach schrecklich sind. Wenn ein Kind stirbt oder ein junger Familienvater bei einem Unfall ums Leben kommt - da gibt es keine „schönen“ Bestattungen. So etwas ist immer schrecklich.“

Hat sich die „Erinnerungskultur“ auch verändert?

„Die Erinnerungskultur hat in den letzten Jahren auf jeden Fall eine größere Bedeutung erhalten. Nur zwei Beispiele: Beim sogenannten „Fingerprint“ wird der Fingerabdruck eines Verstorbenen abgenommen. Er kann dann in ein Schmuckstück eingearbeitet werden oder als Tattoo-Vorlage dienen. Es ist außerdem möglich, aus einer Locke des Verstorbenen die Elemente in einem Edelstein zu binden oder damit ein Perlenschmuckstück zu personalisieren.“

 sas


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