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Utopie entsteht im Eifeler Kleinod

Vor 100 Jahren ließen sich Künstler und Intellektuelle als »Kalltalgemeinschaft« in Simonskall nieder. Noch heute sind die Spuren dieser Vereinigung sichtbar. Und daher wird das Kleinod Teil von »100 Jahre Bauhaus«.
Die Macher von der »Moderne im Rheinland« mit Hürtgenwalds Bürgermeister Axel Buch freuen sich auf die Bauhüttenwoche in Simonskall. Foto: T. Förster

Die Macher von der »Moderne im Rheinland« mit Hürtgenwalds Bürgermeister Axel Buch freuen sich auf die Bauhüttenwoche in Simonskall. Foto: T. Förster

36 Einwohner und auf jeden einzelnen von ihnen entfallen rund 1000 Übernachtungen pro Jahr. Simonskall ist ein ganz besonderer Ort im Jahr 2019, und das war er auch schon 1919. Vor 100 Jahren ließ sich in dem kleinen Eifeldorf eine Gruppe Kölner Künstler und Intellektueller nieder und gründete die »Kalltalgemeinschaft«.Initiatoren waren der Publizist Carl Oskar Jatho, Sohn eines evangelischen Pfarrers, und seine Frau, die Schriftstellerin Käthe Jatho-Zimmermann. Im Junkerhaus in Simonskall fanden sie einen Ort, der einen kontinuierlichen Austausch über Kunst, Literatur, Philosophie und Lebensgestaltung ermöglichen sollte. »Und auch heute steht das Junkerhaus dafür, dass man Moderne in die Provinz transportieren kann«, versichert Prof. Dr. Gertrude Cepl-Kaufmann. Sie widmet in ihrem Buch »1919 - Zeit der Utopien« Simonskall ein ganzes Kapitel, das einst und auch heute »Die Welt zum Staunen« bringe. Das Ziel war – dem 1919 in Weimar gegründeten Bauhaus vergleichbar – nicht nur eine neue Ästhetik, sondern eine Vernetzung von Kunst und Leben für eine offene, europäische Gesellschaft. »Dabei entdeckten sie in Weimar wie in Simonskall die Möglichkeiten interdisziplinärer Zusammenarbeit als Form gegenseitiger Bereicherung und kreativer Konzentration«, so Dr. phil. Jasmin Grande vom Institut »Moderne im Rheinland«.

Bauhütte Simonskall

Einheimische und Besucher können sich nun in der ersten September-Woche auf vielfältige Weise mit Kunst und Kultur im Kalltal auseinander setzen. Unter dem Motto »Europa.Utopisch.Denken« werden Workshops, eine Schreibwerkstatt und eine Denkschule angeboten. Man kann aber auch musikalisch aktiv werden oder mit Atem und Stimme der Utopie Gehör verschaffen. Für eine Woche arbeiten Künstler, Schriftsteller, Musikschaffende, Theaterleute und Architekten als Experten für Utopien der Gegenwart zusammen. Es gründet sich ein Improvisationschor, es entstehen Land Art Projekte, es werden Texte der Kalltalgemeinschaft gelesen, neue Texte geschrieben und theatralisch inszeniert. Im Jugendhaus Utopia entwickeln Schüler Ideen für eine Welt von morgen. In der offenen Denkschule, im Rahmen von Symposien, Vorträgen und künstlerischen Impulsen wird über die Vergangenheit und die Zukunft, die Natur und die Landschaft, den Raum und das Bauen nachgedacht, gesprochen und produktiv gestritten. Verschiedene Fachbereiche der Alanus-Hochschule Alfter beteiligen sich mit projektorientierten Aktivitäten. Der Fachbereich Architektur der Dessau Hochschule Anhalt bietet eine Bauhütte an.
Und die Volkshochschule Rur-Eifel, die in diesem Jahr ebenfalls 100. Geburtstag feiert, läutet die »Bauhüttenwoche« mit einem Vortrag »Eine Bauhütte für die Zukunft« am Donnerstag, 29. August, um 18.30 Uhr in der Violengasse 2 in Düren ein. Referenten sind Prof. Dr. Gertrude Cepl-Kaufmann, Dr. phil. Jasmin Grande und Projektleiterin Dr. Martina Padberg. Der Eintritt ist frei.

100 Jahre Bauhaus im Westen

Die Bauhüttenwoche in Simonskall ist Teil des Bauhaus-Jubiläums in NRW. »100 Jahre bauhaus im westen« ist ein Projekt des NRW-Ministeriums für Kultur und Wissenschaften sowie der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe. Schirmherrin ist die zuständige Kultur-Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen für NRW.
Alle Workshops sind kostenlos. Mehr zum Programm gibt es auf www.bauhuette-simonskall.de


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