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Jodtabletten für alle Bürger im Kreis Euskirchen

Nachdem Belgien sich entschieden hat, sicherheitshalber Jodtabletten an alle Menschen im Umkreis von 100 Kilometern rund um das Atomkraftwerk Tihange zu verteilen, soll dies nun auch in den angrenzenden deutschen Kreisen passieren. Dies habe laut Kreisverwaltung der Euskirchener Landrat Günter Rosenke bei einem Gespräch mit Innenminister Ralf Jäger in Düsseldorf erfahren.
Mit diesen Tabletten soll verhindert werden, dass radioaktives Jod vom Körper aufgenommen wird. Foto: U. Crespin / Kreis Euskirchen

Mit diesen Tabletten soll verhindert werden, dass radioaktives Jod vom Körper aufgenommen wird. Foto: U. Crespin / Kreis Euskirchen

Bei einem atomaren Unfall soll durch die Tabletten die Aufnahme von radioaktivem Jod verhindert werden. Im Kreis Euskirchen hat man sich bereits frühzeitig mit dem Thema beschäftigt und vorsichtshalber 120.000 Jodtabletten gelagert. In Kürze soll der Bestand sogar auf 200.000 aufgestockt werden. Geplant ist, dass die Tabletten, die derzeit noch zentral aufbewahrt werden, kurzfristig auf die elf Kommunen des Kreises verteilt werden und damit näher an die Bürger. Bei der Verteilung der Jodtabletten sind noch viele Detailfragen zu klären. Landrat Rosenke: "Man kann nicht einfach eine Tablette wie eine Aspirin ausgeben und das war’s. Wir müssen die Bürger genau informieren." Unklar ist noch, wann, wie und wo die Tabletten ausgegeben werden sollen. Zudem enthält eine Packung sechs Stück, jeder Bürger darf aber nur eine Tablette erhalten. Der Kreis Euskirchen wie auch die anderen betroffenen Kreise wollen diese Fragen in enger Abstimmung mit dem Innenministerium klären, um ein einheitliches Vorgehen zu erreichen. Bereits in einer Woche soll auf einer Sitzung der Ordnungsamtsleiter des Kreises Euskirchen das weitere Verfahren besprochen werden, heißt es aus dem Kreishaus weiter. Die Einnahme von Kaliumjodidtabletten verhindert die Speicherung von radioaktivem Jod in der Schilddrüse, weil die Schilddrüse nur eine begrenzte Kapazität an Jod aufnehmen kann („Jodblockade“). Das radioaktive Jod setzt sich nicht in der Schilddrüse fest. Es wird über die Nieren ausgeschieden und richtet weniger Schaden an. Allerdings schützen die Jodtabletten nicht vor anderen radioaktiven Stoffen. Menschen über 45 rate die Strahlenschutzkommission zum Verzicht auf Kaliumjodidtabletten. Mit dem Alter steigt nämlich die Wahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen, etwa einer funktionellen Autonomie der Schilddrüse. Gleichzeitig sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass radioaktives Jod das Schilddrüsengewebe schädigt. Bei der Ausgabe von Jodtabletten sei NRW weiter offen für alternative Konzepte, wenn sie dieselbe Schutzintensität wie die bestehenden aufweisen. Das sagte Innenminister Ralf Jäger nach dem Gespräch mit Verantwortlichen aus der grenznahen Region in Düsseldorf. „Wichtig ist, dass die Jodtabletten im Ernstfall rechtzeitig und sicher von den Menschen in NRW eingenommen werden können.“ Das könne auch durch eine Vorabverteilung an Freiwillige sichergestellt werden. „Zu früh eingenommene Tabletten entfalten aber keine Schutzwirkung. Davor warnt auch die Strahlenschutzkommission“, sagte Jäger. Darüber müssten die Menschen informiert werden. Die betroffenen Kreise erarbeiten derzeit alternative Konzepte, um die Bevölkerung sicher mit Jodtabletten im Ernstfall zu versorgen. Das Land unterstützt sie dabei fachlich. Diese Konzepte sollen die Option einer Verteilung in die Haushalte einbeziehen. Sie werden aber auch weiterhin die bislang vorgesehene Verteilung von Tabletten im Ereignisfall berücksichtigen. Damit können auch die Haushalte versorgt werden, die vorab keine Tabletten abgeholt haben oder diese nicht mehr finden. Außerdem soll die Information der Bevölkerung Bestandteil der konzeptionellen Überlegungen sei, heißt es abschließend aus dem Euskirchener Kreishaus.


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