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Ein Abschied in 6.461 Metern Höhe

6.461 Meter hoch ist der Mera Peak in Nepal. Der Euskirchener Extrem-Moutainbiker Sascha Beselt hat den Berg im Himalaya bezwungen Teils mit dem Rad, teils zu Fuß, trotz vieler Widrigkeiten mit denen er vor und während der Tour zu kämpfen hatte.

»Das war meine bisher härteste Tour«, sagt Extrem-Mountainbiker Sascha Beselt im Gespräch mit dem WochenSpiegel »Und es wird auch die härteste bleiben«, fügt der Kleinbüllesheimer hinzu, denn auf dem Weg auf den 6.461 Meter hohen Mera Peak Central warteten zahlreiche Widrigkeiten auf ihn.

Mutter träumte vom Himalaya

Die Idee zur Reise war bereits im vergangenen Jahr entstanden. »Der eigentliche Grund für mich diese Reise zu machen, war der Tod meiner Mutter im August 2020. Sie hat sich ihr Leben lang immer für ihre Lieben und ihre Tiere aufgeopfert und dabei viel zu selten mal an sich gedacht. Ihren Traum, einmal nach Nepal und in den Himalaya zu reisen, hat sie sich nie erfüllt«, erzählt Sascha Beselt. »Für mich habe ich dann beschlossen, noch einmal hinzureisen und ein Stück von ihr dort zu lassen«.
Dabei hätte die Corona-Pandemie die Reise fast verhindert. »Alles war minuziös geplant, die Ausrüstung bereit und dann wurde Nepal als Hochrisikogebiet ausgewiesen und ich hatte mich eigentlich schon damit abgefunden, alles absagen zu müssen. Kurzfristig, wenige Tage vor dem geplanten Start wurde die Reisewarnung dann aufgehoben und ich konnte doch noch starten«, erklärt Beselt.
Per Flugzeug und Geländewagen ging es ins nepalesische Phaplu, wo am 5. Oktober die eigentliche Reise begann. Begleitet von zwei ortskundigen, befreundeten Sherpas, die ihm beim Transport der Ausrüstung halfen, begann die mehrwöchige Tour. »Der Monsun hat uns fast eine Woche lang begleitet. Auf einer Höhe von über 2.500 Metern kommt zu der Nässe dann auch noch bittere Kälte hinzu«, berichtet Beselt, der unterwegs immer wieder zwischen Fahrradsattel und Wanderschuhen wechselte. Neben unwegsamen und rutschigen Auf- und Abstiegen, die für Beselt, nur zu Fuß, mit dem Fahrrad huckepack, zu bewältigen waren, machte auch die örtliche Insekten- und Tierwelt nicht halt vor dem Reisenden. »Ob es mehrere Blutegel an den Beinen waren, oder ein Zeckenbiss an einer für Männer extrem unangenehmen Stelle, das war schon ziemlich fies«, sagt Beselt. »Abgebrochene Bambusspitzen im Dschungel machten auch die Abfahrten mit dem Bike zu einem riskanten Unterfangen«.
Mit Erreichen der Schneegrenze wurde der Anstieg für den 41-Jährigen nicht einfacher. »Auf dem Weg zum Hochlager (5.800 Meter) sind wir einen von vielen, für diese Jahreszeit ungewöhnlich heftigen Schneestürmen mit extremen Schneefällen geraten. Der Sturm war so stark, dass er mich regelrecht in den Schnee gedrückt hat. Eine Zeit lang hatte ich Todesangst«, sagt der Extremsportler. Angekommen im Camp erfuhr Sascha Beselt dann, dass ein Sherpa einer anderem Bergsteigergruppe im Sturm nicht mehr vom Berg zurückgekehrt sei.
Nachdem der Sturm abgeklungen war, wagte Beselts Team dennoch den finalen Aufstieg. »Ich bin zwar nicht höhenkrank geworden, aber die Strapazen des Anstiegs haben mich an meine körperlichen Grenzen gebracht. Ich war mehrfach so weit, aufzugeben und habe wimmernd im Schnee gekniet, aber meine beiden Begleiter haben mich sprichwörtlich weitergezogen«. Den Gipfel des Mera Peak erreichten Beselt und seine Sherpas mit Verspätung am 23. Oktober. »Dort konnte ich meiner Mutter den Abschied schenken, den ich mir für Sie gewünscht habe«, sagt Sascha Beselt.

Keine Wiederholung

»Für mich war es die körperlich als auch mental zerstörendste Reise, die ich mir vorstellen kann. Und es war sicher die letzte dieser Art. Rückblickend war es schon ziemlich riskant«, erklärt Beselt. Der Weg nach unten dauerte übrigens nur einen Bruchteil der Zeit. »Da uns der Schneesturm viel Zeit gekostet hatte, ging es per Hubschrauber zurück zum Startpunkt. Ich bin mir allerdings auch nicht sicher, ob ich den Abstieg körperlich verkraftet hätte«, sagt der Euskirchener.
 Künftig will er sich wieder mehr auf Touren konzentrieren, bei denen der »Fahranteil« mit den Bike überwiegt.  »Obwohl mir beim Mera Peak im voraus klar war, dass ich mein Rad sehr oft würde tragen müssen, soll mein nächstes Projekt komplett im Sattel realisierbar sein. Die nächste Tour wird mich voraussichtlich nach Finnland führen. Reizen würde mich auch noch, die Japanischen Alpen mit dem Mountainbike in Angriff zu nehmen«, sagt Beselt.
Auch wenn das Unternehmen Globetrotter ihn für eine Vortragsreihe gebucht hat, verdient der studierte Musikwissenschaftler seinen Lebensunterhalt ganz anders. »Wenn ich mal nicht in der Weltgeschichte unterwegs bin, gebe ich Gitarrenunterricht  und betreibe ein Tonstudio«, sagt Sascha Beselt.


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