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"Das Handy auch mal liegenlassen"

Am Freitag, 6. September, findet eine Dankeschön-Veranstaltung für alle ehrenamtlich Tätigen in der Gemeinde Weilerswist statt. Im Fokus steht ein Vortrag von Benjamin Folkmann, gebürtiger Vernicher und Clubsekretär des FC Bayern München, zum Thema ehrenamtliches Engagement.
Benjamin Folkmann hält in Weilerswist ein Impulsreferat über das Ehrenamt. Foto: Deutsche Sportjugend

Benjamin Folkmann hält in Weilerswist ein Impulsreferat über das Ehrenamt. Foto: Deutsche Sportjugend

Benjamin Folkmann (39) wird am Freitag, 6. September im Rahmen der Veranstaltung „Ohne Ehrenamt wär hier nichts los!“ (Beginn: 18.30 Uhr im Forum der Gesamtschule) über seine ehrenamtlichen Tätigkeiten berichten. Vor allem aber möchte er eine Bresche schlagen für das ehrenamtliche Engagement, ohne das unsere Gesellschaft nicht existieren könnte. Im Interview gibt er einen Vorgeschmack auf den Vortrag. Woher kommt ihr ehrenamtliches Engagement? Gab es einen Auslöser? Ich habe mich eigentlich immer schon engagiert, war Klassensprecher in der Grundschule und Schülersprecher auf der weiterführenden Schule. Da kommt sicherlich viel aus meinem Elternhaus. Meine Mutter war viele Jahre in der Schulpflegschaft, meine Eltern sind bis heute in der Partnerschaftsgesellschaft hier in Weilerswist engagiert und mein Vater gibt in der Grundschule Kindern von Flüchtlingen Deutschunterricht. Und Sie engagieren sich ehrenamtlich im Bereich Sport! Ja, der Sport liegt mir eben schon immer besonders am Herzen. Über den Sport kann man aber auch viele andere Themen transportieren. Ich muss lernen, mit dem Gewinnen, aber ebenso mit dem Verlieren umzugehen. Über den Sport wird Disziplin vermittelt. Der Sport vermittelt mir aber auch, dass ich mich selbst zurück und in den Dienst der Mannschaft stellen muss, um erfolgreich sein zu können. Außerdem ist der Sport ein wunderbares Instrument, um Werte zu vermitteln, insbesondere für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen. Hier denke ich an Respekt, Toleranz und Fairness. Sport verbindet die Menschen und es spielt keine Rolle, woher Du kommst. Beruf, Ehrenamt und, nicht zu vergessen, die Familie mit der kleinen Tochter. Wie bringen sie das alles unter einen Hut? Meine Frau hat mich ja schon so kennengelernt und wusste, worauf sie sich einlässt. Sie holt mich aber auch immer auf den Boden zurück. Da muss das Handy auch schon mal zu Hause bleiben, wenn wir in den Zoo gehen. Hinzukommt, dass sich durch meinen Beruf und das Ehrenamt auch viele Synergieeffekte ergeben, da ich ja bei beiden im Sport unterwegs sein darf. Als Ehrenamtler haben sie Ideen, etwas zu bewegen. Alles gut geplant, aber an der Umsetzung hapert es. Wie geht man mit dem Scheitern um? Wenn Projekte, die ich ehrenamtlich umsetzen möchte, scheitern, dann ist das auch immer ein Lernprozess, aus dem man neue Kraft schöpfen kann. Ich mache mir ja Gedanken, woran das Scheitern gelegen hat. Kann ich die Sache anders angehen, damit sie erfolgreich wird. Oder lasse ich die Finger davon, weil die Hindernisse für mich unüberwindlich sind. Loslassen können ist mindestens so wichtig wie sich für seine Projekte einzusetzen. Mir hilft es unheimlich, wenn ich bei meinen Projekten Begleitung und Förderung von Mentoren oder außenstehenden guten Freunden und Vertrauten erfahren darf.  Die meine Projekte nicht nur begleiten, sondern mir auch mal von Ideen abraten oder mir Rückendeckung geben. Im Wesentlichen muss die ehrenamtliche Tätigkeit, für die man sich entscheidet, Spaß machen. Sie muss mir persönlich Erfüllung bringen. Was kann ich als Ehrenamtler tun, um von meinem Ehrenamt nicht „aufgefressen“ zu werden, um irgendwann kraftlos und ausgebrannt zu resignieren? Wer ehrenamtlich unterwegs ist, der ist zunächst einmal idealistisch unterwegs. Aus dem Ehrenamt nimmt jeder persönlich für sich etwas mit, sei es Anerkennung, persönliches Glücksgefühl, ganz egal, was es ist. Das ist auch keinesfalls verwerflich. Tatsache ist aber auch: Wer sein Ehrenamt gut macht, der kriegt auch immer mehr aufgebrummt. Wichtig ist, dass die Rahmenbedingungen stimmen, dass ich Unterstützung einfordern kann. Als Ehrenamtler ist es wichtig, auch auf sich selbst zu schauen. Als sportlich aktiver Mensch weiß ich aus Erfahrung, wann mein Körper nicht mehr mitspielt. Dann muss ich mir auch eine Auszeit nehmen können. Was kann man tun, um das Ehrenamt attraktiver zu machen? Wie kann man die Menschen dazu bewegen, sich persönlich ehrenamtlich einzubringen? Wichtig ist, dass man sich von alten Strukturen freimacht, wenn diese nicht mehr zeitgemäß sind. Das gilt gerade auch für die Vereinslandschaft, um sie attraktiv zu halten. „Das haben wir immer schon so gemacht!“ hilft da häufig nicht weiter. Ich höre auch immer wieder: „Die heutige Jugend will sich nicht mehr engagieren.“ Das ist Quatsch, das sehen wir doch gerade jetzt wieder bei der „Fridays for future“-Bewegung. Das ist doch Engagement der Jugend – egal wie man das in Bezug auf Unterrichtszeit bewerten mag. Es muss eine Bereitschaft vorhanden sein, die Rahmenbedingungen ehrenamtlichen Engagements an die Lebensumstände anzupassen. Und ich muss vor allem junge Menschen auf Augenhöhe ernstnehmen, wenn ich sie mit einbinden möchte. Und letztendlich helfen Begeisterungsfähigkeit und positives Denken; da nehme ich hier in Weilerswist gerne Bezug auf den neuen Trainer des 1. FC Köln, Achim Beierlorzer, der sein Lebensmotto kürzlich in einem Interview so beschrieben hat: „Es gibt keine Alternative zum Optimismus!“

Zur Person:

Benjamin Folkmann ist in Weilerswist und Vernich aufgewachsen und zur Schule gegangen. Schon im frühen Kindesalter war er begeisterter Sportler, spielte beim TTC Vernich Tischtennis und beim TuS Vernich Fußball. Heute ist er noch Mitglied der Alten Herren beim TuS. Nach dem Jura-Studium in Köln ging es 2012 für Folkmann nach Berlin, wo er zweieinhalb Jahre lang als persönlicher Referent der Vorsitzenden des Sportausschusses im Deutschen Bundestag tätig war. 2014 wechselte er von Berlin nach München und ist seitdem Clubsekretär (Geschäftsführer) des Gesamtvereins FC Bayern München eV. Ehrenamtlich ist Folkmann seit 2000 Mitglied des Vorstandes der Deutschen Sportjugend, seit 2016 als zweiter Vorsitzender. Im Fußballverband Mittelrhein war er unter anderem sechs Jahre Präsidiumsmitglied. Darüber hinaus engagiert er sich seit über zwei Jahrzehnten in unterschiedlichsten Gremien und Projekten insbesondere für die internationale Jugendarbeit im Sport und gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. 2012 wurde Folkmann für sein vielfältiges ehrenamtliches Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Benjamin Folkmann ist verheiratet und Vater einer zehn Monate alten Tochter.


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