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Herkunft wird zur Hürde

Die Augen von Hisham Fayad sprechen Bände. Müde und abgekämpft sieht der gebürtige Syrer aus, der seit drei Jahren in Zülpich wohnt. »Ich habe ständig Angst, dass man meine Familie und mich vor die Türe setzt«, erzählt er.

Denn seitdem Fayad vor zwei Jahren in Deutschland anerkannt wurde, ist er dazu verpflichtet, eine eigene Bleibe auf dem freien Wohnungsmarkt zu suchen und aus der vom Sozialamt der Stadt Zülpich angemieteten Wohnung auszuziehen. Doch der 33-Jährige, seine Mutter und die vier Nichten zwischen 14 und 18 Jahren, mit denen er die traumatisierende Reise über die Balkanroute im Schlauchboot auf sich genommen hat, finden keine Wohnung. Zu all den Strapazen, die sie bisher auf sich nehmen mussten, kommt jetzt auch noch ein großer Wasserschaden, weshalb der Eigentümer das gesamte Badezimmer herausreißen lassen muss. Damit die Familie dann nicht auf der Straße steht, hat ihnen die Stadt den Umzug in die Container am Hertenicher Weg angeboten. »Wir wissen, dass die Asylunterkunft alles andere als Hotelstandard besitzt, aber auch wir haben keine andere Wohnung, die wir der Familie anbieten könnten«, sagt Bürgermeister Ulf Hürtgen. Ähnlich wie den Fayads geht es zwei bis drei Jahre nach der Flüchtlingswelle vielen Zugewanderten. »Bezahlbarer Wohnraum ist generell ein knappes Gut. Es fehlen bundesweit rund eine Million Wohnungen«, erzählt Carsten Düppengießer, Leiter der Migrations- und Flüchtlingshilfe der Caritas. Die schwächsten Glieder blieben daher bei der Wohnungssuche auf der Strecke. »Ein ausländischer Name macht es häufig noch schwieriger, denn viele Vermieter fürchten Probleme, mit denen sie dann umgehen müssen«, ergänzt Düppengießer. Diese Erfahrung macht auch Alwin Schwob, der die Familie Fayad ehrenamtlich betreut. »Sobald ich erzähle, für wen ich eine Wohnung suche, wird das Gespräch beendet. Für sechs Personen eine Unterkunft zu finden, ist eine weitere Hürde. Eine zu große Familie wird oft als asozial abgestempelt«.

Container soll nur allerletzte Lösung sein

Dabei versucht die Familie sich zu integrieren, wo es nur geht. Alle vier Mädchen besuchen in Zülpich eine Schule. »Ich mache gerade meinen Realschulabschluss und möchte später Krankenschwester werden«, erzählt Nada Fayad. Hisham Fayad ist studierter Journalist. Er hofft in der Medienbranche unterzukommen. Doch die aktuelle Situation nagt an allen Familienmitgliedern und lässt kaum Zeit, sich auf diese Dinge zu konzentrieren. »Seit einer Woche habe ich nicht mehr richtig geschlafen und gegessen«, sagt Hisham Fayad. Denn in den Container umziehen würden er, seine Mutter und die Nichten nur widerwillig. Zwar wurden sie von der Stadt renoviert und geputzt, doch für die Nichten fehlt der Rückzugsort zum Lernen und die Schlafräume sind nicht abgetrennt. Auch wenn sich Bürgermeister Hürtgen den Problemen schon angenommen hat, soll der Container die letzte Lösung sein. Zumal dort auch schon bald drei weitere Familien ein vorübergehendes Zuhause finden sollen. »Aktuell haben wir noch 115 geflüchtete Menschen in der Stadt Zülpich, die wir ebenfalls mit Wohnraum versorgen müssen«, ergänzt Jürgen Preuß, Leiter des Sozialamt der Stadt Zülpich. Daher käme auch ihm gelegen, wenn sich Eigentümer dazu durchringen, Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Wohnungssuche

Das Sozialamt schreibt vor, dass die neue Wohnung für die Fayads im Stadtgebiet Zülpich liegen muss, maximal 125 Quadratmeter groß sein und 620 Euro Kaltmiete kosten darf (5,05 Euro pro Quadratmeter).


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