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Kinderschutz in Zeiten von Corona

Für Familien und vor allem für Kinder ist die Corona-Krise eine echte Herausforderung. Das Kreisjugendamt und der Allgemeine Soziale Dienst unterstützen Familien bei Problemen auch weiterhin.
Die räumliche Enge, Sorgen und Existenzängste können zu mehr Gewalt in Familien führen. Foto: Hans Kretzmann/pixabay

Die räumliche Enge, Sorgen und Existenzängste können zu mehr Gewalt in Familien führen. Foto: Hans Kretzmann/pixabay

Seit Schulen und Kitas wegen der Corona-Pandemie über Wochen weitgehend geschlossen wurden, spielt sich das Familienleben mehr als sonst im Verborgenen ab. Zwar verzeichnen Polizei und Jugendämter bislang in der Region keinen signifikanten Anstieg von Gewalt und Misshandlung, doch Experten befürchten eine weitaus höhere Dunkelziffer. "Beim Kinderschutz stehen wir vor der Schwierigkeit, dass weder Schulen noch Kitas uns derzeit Auffälligkeiten melden können", sagt der Leiter des Kreisjugendamtes Mayen-Koblenz, Guido Bayer. Der Allgemeine Soziale Dienst sei aber weiterhin für die Familien erreichbar. Sollten telefonische Kontakte nicht ausreichen, würden persönliche Gespräche - unter Beachtung der Corona- Hygiene- und Schutzmaßnahmen - geführt. In den Familien installierte ambulante unterstützende Maßnahmen würden zudem auch über alternative moderne Kommunikationsformen wie Video-Chats fortgesetzt, sofern dies möglich und vertretbar ist. In Kinderschutzfällen sei der persönliche Kontakt zur Überprüfung und Sicherung des Kindeswohls jedoch unumgänglich. Der eindringliche Appell von Guido Bayer an Familien lautet deshalb: "Wenn ihr Schwierigkeiten habt, euch die Decke auf den Kopf fällt, wenn Konflikte zu eskalieren drohen, meldet euch bitte. Es gibt viele Stellen, die weiterhin helfen können. Unsere Mitarbeiter treffen die Familien vor der Tür oder auch auf einen Spaziergang durch den Park, natürlich mit Abstandsregel." Gestärkt aus der Krise hervorgehen Es ließen sich in der Aunahmesituation jedoch auch positive Entwicklungen beobachten. Gabi Teuner, Netzwerkkoordinatorin Kinderschutz-Kindergesundheit im Kreisjugendamt, zum Beispiel berichtet, dass Eltern mit ihren Kindern häufiger zusammen rausgehen, Fahrrad fahren und lange Spaziergänge unternehmen würden: "Die Situation hat für viele also auch positive Effekte. Ich wünschte mir, dass auch nach den Beschränkungen alles ein bisschen entspannter läuft, wenn die Kitas und Schulen und der Arbeitsbetrieb wieder starten." Den Kindern tue eine Entschleunigung gut. Dennoch dürfe dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die mit Kurzarbeit oder gar Entlassungen verbundene Corona-Krise in den Familien für eine brisante Ausnahmesituation sorgt. Zurückhaltend ist das Kreisjugendamt Mayen-Koblenz bei der Aufforderung an die Nachbarn, möglichen Missbrauch oder Gewalt zu melden. "Natürlich ist es immer wichtig, Bescheid zu geben", sagt Jutta Mollenhauer, Leiterin der Sozialen Dienste im Kreisjugendamt Mayen-Koblenz. Solche Aufrufe aber verführten auch zum Denunziantentum. "Da melden sich dann leider auch Nachbarn, die sich ärgern, weil das Kind gegenüber wieder einmal zu laut ist oder bei zehn Grad in kurzer Hose im Garten rumläuft." Finden in diesen Zeiten auch noch Besuche in Familien statt? Jutta Mollenhauer bejaht das. "Wenn wir eine kritische Situation mitbekommen, fahren wir raus. Es ist zwingend notwendig, das Kind im häuslichen Umfeld zu sehen." Mal kommen die Sozialarbeiter angemeldet, mal unangemeldet. Inzwischen verfügen die Mitarbeiter über genügend Schutzmasken und Desinfektionsmittel, insbesondere falls es in einem Haushalt Hinweise auf Corona-Infizierte gebe. "Zudem haben wir Unterbringungsmöglichkeiten in Einrichtungen und Pflegestellen geschaffen, falls die Eltern schwer erkrankt sind und ein Kind versorgt werden muss", so Mollenhauer. Aus Sicht des Kreisjugendamtes könnte sich absehbar die Situation allerdings wieder etwas entspannen. Die Träger der Kindertagesstätten haben nämlich sofort reagiert, als das Bildungsministerium und das Landesjugendamt die Möglichkeit eröffnet haben, für Kinder von Eltern in bestimmten Berufen und Alleinerziehende eine Notbetreuung in den Kitas und Schulen anzubieten. "Bisher wurden Kinder in zurückhaltender Zahl betreut, das wird sich aber ab jetzt Woche ändern, wenn infolge der zunehmenden Möglichkeit der Berufstätigkeit, insbesondere im Verkaufsgewerbe, und erweiterter zusätzlicher Berechtigungen die Zahl der Notbetreuungen zunehmen wird", so Guido Bayer. Anders als manche andere Jugendämter verfügt man im Kreisjugendamt Mayen-Koblenz über genügend Personal. Alle Stellen seien besetzt. "Unsere Strategie ist es, den allgemeinen sozialen Dienst so gut auszustatten, dass die Mitarbeiter nicht überlastet werden. Es handelt sich um einen sehr anspruchsvollen, knochenharten Job", berichtet der Jugendamtsleiter KONTAKT UND HILFEN Der Landkreis Mayen-Koblenz hat für Eltern, Kinder und Jugendliche eine Beratungshotline eingerichtet. Unter der Durchwahl 0261-108-392 stehen von Montag bis Freitag zwischen 8.30 Uhr und 12 Uhr sowie 14 Uhr und 16 Uhr, erfahrene Fachleute zur Beratung in Krisensituationen, die aufgrund der aktuellen schwierigen Lebensumstände eintreten, zur Verfügung. Außerdem können unter www.kvmyk.de über den Suchbegriff "Kinderschutz" örtliche und überörtliche Beratungsanbieter abgerufen werden. Für psychisch auffällige Kinder und Jugendliche und deren Eltern hat die, für den Landkreis zuständige, Kinder-und Jugendpsychiatrie Neuwied/Koblenz, eine Beratungshotline eingerichtet: 02631/3944-4444, Mo-Fr. von 7-8 Uhr und von 18-20 Uhr. Das Bundesfamilienministerium verweist auf folgende telefonische Hilfsangebote, die alle bundesweit und kostenfrei agieren: Der Verein Nummer gegen Kummer e.V. bietet ein Netzwerk, in dem bundesweit rund 2900 Ansprechpartner mitarbeiten. Unter der Hotline "Jugendliche beraten Jugendliche" beraten geschulte Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren ehrenamtlich, ratsuchende Gleichaltrige. Jugendliche beraten Jugendliche: 116111 oder 0800 111 0 333, Mo-Sa, 14-20 Uhr und Mo+Mi+Do, 10-12 Uhr. Für Eltern und andere Erwachsene, die sich um Kinder sorgen - "Nummer gegen Kummer" 0800 111 0 550. Mo-Fr., 9-17 Uhr, Di+Do, 17-19 Uhr. Das Hilfeportal bei sexuellem Missbrauch ist Anlaufstelle für Menschen, die Entlastung, Beratung und Unterstützung suchen.Das Hilfetelefon ist unter 0800 22 55 530 erreichbar. Menschen die fürchten eine Gewalt - oder sex. Straftat zu begehen können therapeutische Hilfestellung über BIOS-BW e.V. unter der Hotline 8007022240 von Mo-Fr., 9-18 Uhr, erhalten. Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder erleben. Unter der Rufnummer 08000 116 016 und via Online-Beratung (www.hilftelefon.de) werden dort Betroffene aller Nationalitäten rund um die Uhr unterstützt. Auch Angehörige, Freundinnen und Freunde sowie Fachkräfte erhalten eine anonyme und kostenfreie Beratung.


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