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Weite Reise im Ernstfall

Im Vulkaneifelkreis gibt es keine Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Dies führt zu weiten Wegen und zusätzlicher Belastung der betroffenen Frauen.
Anna Schick (l.) vom rheinland-pfälzischen Landesverband der Pro-Familia und Michaela Panse (r.), Mitarbeiterin der Gerolsteiner Pro-Familia-Beratungsstelle, klärten im Gespräch über die aktuelle Situation in der Vulkaneifel auf. Foto: Woltmann

Anna Schick (l.) vom rheinland-pfälzischen Landesverband der Pro-Familia und Michaela Panse (r.), Mitarbeiterin der Gerolsteiner Pro-Familia-Beratungsstelle, klärten im Gespräch über die aktuelle Situation in der Vulkaneifel auf. Foto: Woltmann

In den vergangenen Wochen und Monaten war das Thema Schwangerschaftsabbrüche durch die Verhandlungen im Bundestag über den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches immer wieder ein aktuelles Thema. In diesem Paragrafen geht es um die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche durch Ärzte. Doch wie sieht es im Vulkaneifelkreis bezüglich des Themas Schwangerschaftsabbrüche aus?
Die Antwort: »Im Vulkaneifelkreis und im Eifelkreis Bitburg-Prüm gibt es keine Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen«, sagt Michaela Panse von der Pro-Familia-Beratungsstelle in Gerolstein. »In Köln, Koblenz, Aachen, Bonn und Mayen sitzen die nächsten Ärzte, die diese Eingriffe durchführen«, so Panse weiter. Das sei laut Pro-Familia aber kaum ausreichend für die Versorgung in der Region, da oftmals für einen Abbruch mehrere Termine in den entsprechenden Praxen beziehungsweise Kliniken nötig seien. Hierzu zählen Vorgespräche, der Eingriff selbst und die Nachversorgung.

Die rechtliche Lage

Zur rechtlichen Lage äußert sich das zuständige rheinland-pfälzische Familienministerium wie folgt: »Die Länder sind nach Artikel 13 Absatz 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes verpflichtet, ein ausreichendes Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen. Gleichzeitig haben sie – ebenfalls nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz – hierbei jedoch zu berücksichtigen, dass niemand verpflichtet oder gar gezwungen werden kann, an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken. Daher ist eine landesweite infrastrukturelle Planung (wie zum Beispiel bei Krankenhausbedarfsplänen) nicht möglich.«
Hinzu käme, so Anna Schick vom rheinland-pfälzischen Landesverband der Pro-Familia, dass die Praxis des Schwangerschaftsabbruchs kein Bestandteil der medizinischen Ausbildung sei. Ärzte müssten das Vorgehen bei diesen Eingriffen durch Hospitationen bei praktizierenden Ärzten erlernen. »Dies erfordert einen Impuls der Ärzte«, erklärt Schick. Damit ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland straffrei durchgeführt werden kann, muss die Schwangere nach Paragraf 219 Strafgesetzbuch vorher zu einer Schwangerschaftskonfliktberatung. »In diesem Gespräch entscheiden die Frauen individuell, über welche Themen sie reden möchten«, erläutert Michaela Panse. »Sie müssen sich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht für oder gegen einen Abbruch entschieden haben«, so die Pro-Familia-Beraterin. Schwangerschaftsabbrüche seien im Normalfall nur bis zur zwölften Schwangerschaftswoche möglich, aber auch danach könne das Angebot der Beratungsgespräche immer noch in Anspruch genommen werden, um über eventuell auftretende Probleme während und nach der Schwangerschaft zu sprechen.

Zunehmende Anfeindung durch Abtreibungsgegner

Um ein gutes Angebot an Praxen und Kliniken sicherzustellen, in denen Frauen medizinisch sicher Schwangerschaftsabbrüche vornehmen lassen können, hat sich das Familienministerium in einem ersten Schritt dazu entschlossen, verantwortliche Akteure zu einem Gespräch einzuladen, um die aktuelle Situation zu bewerten und Lösungsansätze zu formulieren, so das Ministerium in einer Erklärung. Gründe für die Abnahme der Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sehen sowohl die Pro-Familia als auch das Familienministerium in der zunehmenden Diffamierung und Anfeindung durch Abtreibungsgegner. »Das Ministerium stellt sich ganz ausdrücklich hinter die Gynäkologinnen und Gynäkologen, die in großer sozialer Verantwortung einen  Schwangerschaftsabbruch durchführen, sowie hinter die betroffenen Frauen, die schnell und unbürokratische Unterstützung brauchen«, heißt es in der Erklärung des Ministeriums weiter. Denn durch Anfeindungen und Aktionen vor Ort seien nicht nur die Ärzte, sondern auch die Frauen, denen eine anonyme Beratung laut Gesetzgebung zusteht, gefährdet.


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