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Das Sterben der Bestäuber

Fast täglich berichten Medien über das angeblich auf für Menschen bedrohliche Bienensterben. Viele sind deshalb verunsichert. Doch was ist wirklich dran an dieser Schlagzeile?
Michael Lüssem aus Blankenheim, Bienensachverständiger im Imkerverband Rheinland mit »seinen« Honiglieferanten. Foto: Privat

Michael Lüssem aus Blankenheim, Bienensachverständiger im Imkerverband Rheinland mit »seinen« Honiglieferanten. Foto: Privat

»Es ist richtig, dass Bienen und Imker vor Herausforderungen im Bezug auf die Umwelt und Natur stehen, das tun aber alle Lebewesen«, erklärt Michael Lüssem, Obmann für Öffentlichkeitsarbeit im Kreisimkerverband Euskirchen. »Das große Bienensterben« halte er deshalb zwar für einen einprägsamen aber nicht ganz zutreffenden Slogan. Drei Faktoren - die auch größtenteils vom Menschen herbeigeführt wurden - machen den Überlebenskampf der Biene dennoch unnötig schwer: Dazu gehören auch Pflanzenschutzmittel, wie Glyphosat. »Durch sie wird der Orientierungssinn der Biene gestört«, erklärt Michael Lüssem und ergänzt: »Dadurch finden sie nicht mehr in ihren Stock zurück«. Dabei könnte dieser für Bienen lebensbedrohliche Zustand recht simpel vermieden werden. Lüssem: »Eine enge Zusammenarbeit zwischen Imkern und Landwirten wäre sinnvoll. Die Sprühzeiten könnten abgestimmt werden, sodass die Imker die Möglichkeit haben, ihre Völker während des Einsatzes zu verschließen«. Eine Gefahr, die Bienenvölker enorm schwächen und sogar zum totalen Kollaps führen kann, ist die in den 70er Jahren aus Asien eingeschleppte Varroa-Milbe. Das Behandlungskonzept sei zudem eine Wissenschaft für sich und die Erfolgsquoten von Imker zu Imker sehr unterschiedlich. Ein weiterer Faktor, der traurig, aber wahr ist: Das Nahrungsangebot für die Bienen ist sehr eingeschränkt. »Bei der Anlage von Grünflächen ist meist der Preis und nicht dass Pollen- oder Nektarangebot der Pflanzen das entscheidende Kriterium«, sagt der Bienen-Experte. Doch leider gibt es viele Vorurteile gegenüber der gelb-schwarzen Honiglieferanten, die Menschen so handeln lässt.

Bienen würden auf lange Sicht ersetzt werden

»Zeigen Sie mir eine Biene, die an süßen Getränken oder an Ihrem Essen Interesse hat. Bienen mögen Blüten und Nektar. Es sind die Wespen, die Sie beim Grillen nicht in Ruhe lassen«, räumt Lüssem mit einem Klischee auf. Leider habe er trotzdem einmal erlebt, dass eine Schule in der Schulgarten AG keine Bienenvölker stehen haben wollte, da sich die Schulmensa in unmittelbarer Nähe befindet und man dort Angst hatte, die Speisereste könnten die Bienen anlocken. Die Aufklärungsarbeit des Kreisimkerverbandes trägt aber auch Früchte: »Das Interesse an der Imkerei und der Zulauf zu den Imkervereinen war noch nie so hoch wie in den letzten fünf Jahren«. 2017 meldeten die Imker im Kreisgebiet 1605 Völker. 2018 sind es noch 1550 Völker, die von 217 Imkern gehalten werden. Davon, dass die Biene also vom Aussterben bedroht ist, kann also momentan keine Rede sein. Aber wollen wir ein wenig spekulieren: Wäre die Biene von heute auf morgen verschwunden, würde die Ernte von Obstsorten und anderen, auf Insektenbestäubung angewiesene Pflanzen, deutlich geringer ausfallen. »Aufgrund der Bestäubungsleistung zählt die Biene derzeit neben Schwein und Rind zu den drei wichtigsten landwirtschaftlichen Nutztieren«, erklärt Lüssem. »Langfristig würde diese frei gewordene ökologische Nische aber bestimmt durch andere Insektenarten wieder besetzt werden«, glaubt er. Der Spruch: »Wenn es Bienen nicht mehr gibt, gibt es vier Jahre später auch keinen Menschen mehr«, sei daher wissenschaftlich nicht haltbar. Manche für die Ernährung notwendigen Pflanzen, wie Weizen werden außerdem nicht durch Bienen sondern vom Wind bestäubt und in Japan wird sogar schon Salat in Hochregallagern mit künstlicher Beleuchtung und Bewässerung in steriler Umgebung produziert. »Die Frage die wir uns dazu stellen sollten, lautet daher: Wollen wir in einer Natur ohne Bienen leben?«, sagt Lüssem und seine Antwort fällt eindeutig aus: »Nein!«.

Beitrag zum Schutz

Die beste Unterstützung für Bienen ist ein üppiges und breites Nahrungsangebot. Dafür kann jeder etwas tun. »Einfach mal den Garten und die dort befindlichen Pflanzen auf Nektar- und Pollenertrag hin überprüfen. Das Internet bietet zahlreiche Informationsquellen«, verrät Michael Lüssem vom Kreisimkerverband.


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