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Schlichten statt richten

Sie vermitteln bei Nachbarschaftsstreitigkeiten aber schlichten auch Fälle von Beleidigung, leichter Körperverletzung oder Sachbeschädigung – die Schiedspersonen. Vor allem entlasten die Ehrenamtler die Gerichte.
Wilfried Freche (v.li.),  Klara Kohlstadt und Ulrich Pawig schlichten als Schiedspersonen im Stadtgebiet Euskirchen nicht nur Nachbarschaftssteitigkeiten. Foto: Scholl

Wilfried Freche (v.li.), Klara Kohlstadt und Ulrich Pawig schlichten als Schiedspersonen im Stadtgebiet Euskirchen nicht nur Nachbarschaftssteitigkeiten. Foto: Scholl

»Man braucht Feingefühl und gute Menschenkenntnis. Und es ist wichtig den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen«, sagt Schiedsmann Ulrich Pawig. Er ist im Stadtgebiet Euskirchen als Schiedsmann für den Bezirk 3 zuständig. Zu den Aufgaben des Ehrenamtlers gehört es unter anderem in strafrechtlichen Belangen wie Beleidigung, leichter Körperverletzung, Sachbeschädigung oder Bedrohung gegnerische Parteien zu einer außergerichtlichen Einigung zu führen.
Häufig haben es Schiedsleute aber auch mit zivilrechtlichen Belangen bei Nachbarschaftsstreitigkeiten zu tun. »Das erstreckt sich von Lärm- oder Geruchsbelästigung bis hin zur Verletzung der persönlichen Ehre – beispielsweise, wenn über die betroffene Person gelästert wurde«, weiß Wilfried Freche. Er ist seit zwei Jahren für den Euskirchener Schiedsbezirk 2 zuständig.
Bevor ein Fall »vor Gericht« geht, werden in den meisten Fällen die Schiedsleute eingeschaltet. Entweder vermittelt dabei das Amtsgericht, die Stadt oder die Polizei die Betroffenen an die Schiedsperson. Alternativ kann man sich auch direkt an die zuständige Schiedsperson wenden. Nach der Kontaktaufnahme und einem ersten Gespräch kann gegen Entrichtung einer Gebühr von 50 Euro ein Antrag auf das Schlichtungsgespräch gestellt werden.  »Es gibt natürlich auch Fälle, da genügt schon ein erstes Telefongespräch, einfach weil die Person jemanden zum Reden braucht. In der Regel ist dann kein Schiedsverfahren mehr nötig. Das sind dann die sogenannten Tür-und-Angel-Fälle«, erklärt Schiedsfrau Klara Kohlstadt. Sie betreut den Bezirk Euskirchen Parteien müssen persönlich erscheinen Kommt es zu einem Schiedsverfahren, findet etwa drei bis vier Wochen nach Antragstellung das Schlichtungsgespräch statt. »Antragsteller und Antragsgegner, dürfen zwar einen Rechtsanwalt mitbringen, sie müssen aber persönlich erscheinen«, erklärt Ulrich Pawig. Gemeinsam wird dann versucht eine Lösung zu finden, die allen gerecht wird. »Wir drängen dabei niemanden zu etwas, sondern vermitteln zwischen den Parteien. Manchmal kommen bei den Gesprächen allerdings auch ältere Probleme auf den Tisch, die nichts mit dem eigentlichen Auslöser zu tun haben. Die werden dann gleich mit ausgeräumt«, betont Wilfried Freche. In 60 Prozent der Fälle kommt es zu einer Einigung zwischen den Parteien. Diese wird dann in einer Vereinbarung, dem sogenannten Vergleich, festgehalten, die beide Parteien unterzeichnen und der, wie ein Gerichtsurteil, 30 Jahre vollstreckbar ist.
»Man ist schon ein bisschen stolz, wenn man erreicht hat, dass sich zerstrittene Menschen wieder die Hand geben«, erklärt Klara Kohlstadt. »Unser Service für die Bürger könnte durchaus häufiger in Anspruch genommen werden. Schließlich gibt es bei einem erfolgreichen Schiedsverfahren keine Verlierer, sondern nur Gewinner«, sagt Ulrich Pawig. Alle Fälle werden selbstverständlich vertraulich behandelt, denn Schiedspersonen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht. Alle Schiedspersonen im Bezirk des Amtsgerichts Euskirchen unter: www.ag-euskirchen.nrw.de/infos/streitschlichtung Info Derzeit ist der Schiedsbezirk 4 in Euskirchen (Dom-Esch, Flamersheim, Kirchheim, Palmersheim) nicht besetzt. Bewerbungen mit Lebenslauf bis Freitag, 9. August, an die Stadt Euskirchen, Fachbereich 4, Kölner Straße  75, 53879 Euskirchen.  Eine Amtszeit beträgt fünf Jahre. Die Person sollte zwischen 30 und 70 Jahren alt sein, im Schiedsamtsbezirk wohnen und zur Streitschlichtung besonders befähigt sein. Die Person darf nicht durch gerichtliche Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen  beschränkt sein. Durch Schulungen wird man auf das Amt vorbereitet.


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