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Ein Jahr Fusion: Interview mit Michael Boos und Peter Unkel

Seit dem 1. Januar 2020 existieren die Verbandsgemeinden Hunsrück-Mittelrhein (H-M) und Simmern-Rheinböllen (S-R). Wir haben zum 1. Geburtstag mit den beiden Bürgermeistern Peter Unkel und Michael Boos gesprochen.
Die Bürgermeister Michael Boos (links) und Peter Unkel blicken zurück auf das erste Jahr der »neuen« Verbandsgemeinden. Dabei war das Thema Trinkwasser im Sommer ein großes Thema. (Foto: Bender)

Die Bürgermeister Michael Boos (links) und Peter Unkel blicken zurück auf das erste Jahr der »neuen« Verbandsgemeinden. Dabei war das Thema Trinkwasser im Sommer ein großes Thema. (Foto: Bender)

Herr Unkel, Herr Boos, 2020 war ein historisches Jahr – nicht nur mit Blick auf die Pandemie. Es war auch die Geburtsstunde zweier neuer Verwaltungseinheiten im Kreis. Wie hat die neue VG das erste Jahr gemeistert? Boos: Ich bin sehr zufrieden. Es waren viele neue Grundlagen zu schaffen, die der neue VG-Rat entscheiden musste. Dementsprechend gab es auch mehr und vor allem umfangreichere Sitzungen als gewohnt. Die MitarbeiterInnen hatten und haben entsprechend viel zu tun. Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch die Zusammenlegung der beiden Verwaltungen und der damit einhergehenden Neustrukturierung alle in irgendeiner Art mit neuen Gegebenheiten konfrontiert waren. Umstellungen und Neuorganisationen gibt es nach wie vor auf den verschiedensten Ebenen, z. B. die Nutzung neuer Software, veränderte Prozessabläufe und dabei gleichzeitig Modernisierung – angefangen bei dem Post- und Rechnungseingangslauf bis hin zur Finanzsoftware. Ich freue mich daher umso mehr, dass „meine Mannschaft“ nach wie vor so viel Einsatzbereitschaft aufbringt. Im Ergebnis kann man durchaus sagen, die neue Pflanze ist schon sehr gut angewachsen. Unkel: Es ist uns im ersten Jahr des Bestehens der neuen Verbandsgemeinde Hunsrück-Mittelrhein gelungen, in vertrauensvoller, sachorientierter Zusammenarbeit ein gutes Stück zusammen zu wachsen. Mit wichtigen Investitionen und Initiativen konnten wir die Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit unserer Heimatregion ganz vorne im Hunsrück und im Welterbe Oberes Mittelrheintal weiter ausbauen. Natürlich war die fremdbestimmte Schließung der Loreley-Kliniken ein herber Einschnitt, aber mit der Gründung des Gesundheitscampus Loreley und der Tagesklinik für konservative Orthopädie wurde ein positives Zeichen für die Zukunft gesetzt. Was waren die wichtigsten Aufgaben/Aspekte, die im Zuge der Fusion im vergangenen Jahr umgesetzt wurden? Was steht noch aus? Boos: Die Fusion wird uns noch eine Weile begleiten. Wir haben zwar schon sehr viel geschafft, aber natürlich haben wir intern noch einige Dinge anzugleichen und zu optimieren, was unsere BürgerInnen jedoch hoffentlich kaum merken werden. Wir haben versucht, die Aufgaben und deren Bearbeitung auf den Prüfstand zu stellen mit dem Ziel, die bessere Variante für die Zukunft zu nutzen und dabei noch zu optimieren. Auch alte Zöpfe wurden abgeschnitten. Aber die Grundlagen sind geschaffen, wir haben das wesentliche Ortsrecht der Verbandsgemeinde auf den Weg gebracht und viele richtungsweisende Entscheidungen getroffen, die Verwaltung ist gut strukturiert und jede/r Mitarbeiter*in weiß jetzt, welche Aufgabe sie/er hat. Auch arbeits-/ und dienstrechtlich ist bereits alles in geordnete Bahnen überführt. Aus dem „Ihr“ und „Wir“ wird immer öfter nur noch „Wir“! Der Rat und seine Ausschüsse arbeiten sehr konstruktiv und immer Lösungsorientiert zusammen, was auch das Klima sehr angenehm macht. Von daher freue ich mich auf die Zukunft, in der wir noch einiges vorhaben. Unabhängig von der Fusion ist die Digitalisierung der Dienstleistungen aber auch der Verwaltungsabläufe eine der größten Aufgaben in den kommenden Jahren. Unkel: Zunächst waren die Strukturen hinsichtlich Verwaltung, Verbandsgemeindegremien und der angeschlossenen Kommunen neu aufzustellen und zu optimieren. Viele unterschiedliche Regelungen und Abläufe mussten synchronisiert werden. In diesem Zusammenhang hatte der Lenkungsausschuss im Vorfeld der Fusion sehr hilfreiche Vorarbeiten geleistet. Darüber hinaus sind wir in den VG, den Städten und Ortsgemeinden übergangslos in die Fortsetzung der Sacharbeit eingestiegen. Dies geschah in sehr konstruktiver und vertrauensvoller Weise. Schwerpunkte im Jahr 2020 waren auf VG-Ebene wegweisende Beschlüsse zur Modernisierung unserer unverzichtbaren Freiwilligen Feuerwehren mit dem Neubau bzw. der Sanierung von Feuerwehrgerätehäusern und der Ersatzbeschaffung zahlreicher Einsatzfahrzeuge. Darüber hinaus haben wir die Umsetzung unseres anspruchsvollen Sanierungsprogramms für unsere Grundschulen fortgesetzt. Nicht zuletzt dehnten wir unser beispielhaftes Vereinsförderprogramm auf das Gebiet der gesamten VG aus. In den Städten und Ortsgemeinden wurde ebenfalls viel investiert, insbesondere in Kindertagesstätten, Gemeindehäuser und Neubaugebiete. Weiterhin dienen  auch die Verwaltungssitze der alten VGs in Rheinböllen und Oberwesel als Anlaufstelle für Bürger, richtig? Boos: Die Nutzung der Rathäuser basiert auf unserem Organigramm, das 7 Fachbereiche vorsieht. Dabei haben wir verschiedene Aspekte in die Entscheidung, welche Fachbereiche in Simmern und welche in Rheinböllen angesiedelt werden, einfließen lassen. Dabei spielte natürlich die Besucherfrequenz - unterschieden nach Besucherart (Bürger, Geschäftspartner, etc.) - sowie auch die Kapazität und die Aufteilung der Räume eine Rolle. Die Stadt Simmern liegt innerhalb des Verbandsgemeindegebietes sehr zentral und die weiteren Behörden befinden sich dort, so dass dort die publikumsintensivsten Bereiche untergebracht wurden. In Rheinböllen befinden sich unser größter Fachbereich Finanzen, der Fachbereich Kita-Zweckverband aber auch eine Außenstelle des Bürgerbüros, die den Bürger*innen der nahegelegenen Gemeinden kürzere Wege bieten soll. Auch Trauungen sind nach wie vor möglich. In Simmern befinden sich die Fachbereiche Zentrale Dienste, Bürgerdienste mit Hauptstelle des Bürgerbüros, Soziale Infrastruktur (seit 2021 mit Wirtschaftsförderung), Natürliche Lebensgrundlagen und Bauen sowie die Verbandsgemeindewerke. Aus heutiger Sicht passt das so ganz gut. Unkel: Nach den Regelungen des Fusionsgesetzes ist das Rathaus in Emmelshausen der Hauptsitz der Verwaltung und das Rathaus in Oberwesel die zugehörige Außenstelle. Auch dort werden die wesentlichen Verwaltungsdienstleistungen für die Bürgerschaft insbesondere im Bürgerbüro und im Standesamt angeboten. Welche großen Projekte stehen in der VG in diesem und den nächsten Jahren an? Boos: Aktuell in Planung sind: 1.    Ersatzneubau des Schwimmbades in Simmern, Start 2020/21 2.    Umfangreiche Sanierungsarbeiten im Bad Rheinböllen. 3.    Interessant wird die Auswirkung des neuen Kita-Gesetzes auf die zu tätigenden Investitionen sein. In fast allen Kindertagesstätten müssen neue Küchen und zusätzliche Schlaf- und Essensräume geschaffen werden. 4.    Radverkehrswegekonzept (Schwerpunkt: Sinnvolle Radwegeverbindungen als Grundlage für eine echte Verkehrsmittelalternative) 5.    Feuerwehrgerätehaus Biebertal (Standortsuche) 6.    Feuerwehrgerätehaus Simmern (Standortsuche) 7.    Hilfeleistungszentrum (Konzeptentwicklung – Standortsuche) 8.    Zentrale Feuerwehrwerkstatt (Konzeptentwicklung) Mittelfristig wird die Sanierung des Rathauses in Simmern notwendig.    Unkel: Die Verbandsgemeinde Hunsrück-Mittelrhein verfügt glücklicherweise bereits über zwei generalsanierte Bäder, die sich hervorragend ergänzen. In Emmelshausen steht das attraktive Panoramabad als Hallenbad zur Verfügung. In St. Goar-Werlau befindet sich das herrlich gelegene Rheingoldbad im Freien. Als wichtiges Zukunftsprojekt steht die Frage eines gemeinsamen Verwaltungsgebäudes in Emmelshausen auf der Agenda. Es ist sorgfältig zu prüfen, ob der Anspruch an hinreichenden Raumkapazitäten und zukunftssicherer Modernität entweder per Generalsanierung und Erweiterung des bisherigen Rathauses oder aber durch einen Neubau erfüllt werden können. Hierzu wird es umfassende Zuschüsse des Landes Rheinland-Pfalz geben. Neben den vorstehend bereits genannten Aufgabenschwerpunkten wird uns die umweltgerechte Modernisierung unserer Abwasseranlagen stark beanspruchen. Die größte Kläranlage der VG im oberen Baybachtal wird zurzeit bei laufendem Betrieb neu errichtet und mit hochmoderner Reinigungstechnik ausgestattet. Gleiches ist in den nächsten Jahren bei den betagten Kläranlagen in Oberwesel und St. Goar umzusetzen. Außerdem ist alles daran zu setzen, den Gesundheitscampus Loreley mit Tagesklinik, Fachärztezentrum und Alten- und Pflegeheim zu einem nachhaltigen Erfolg zu führen. Ein großes Thema im vergangenen Sommer war die Trinkwasserknappheit. Die VG S-R schränkte sogar die Nutzung ein. Wie ist die Trinkwasserversorgung in der VG geregelt? Was erwarten Sie für die Zukunft? Boos: Wir betreiben, bis auf die Stadt Rheinböllen, eine eigenständige Wasserversorgung durch unsere Verbandsgemeindewerke. Die Stadt Rheinböllen wird durch Rhein Hunsrück Wasser versorgt. Durch die Fusion bin ich als Bgm. nun auch Mitglied in der Verbandsversammlung des Rhein Hunsrück Wasser Zweckverbandes. Deshalb passt auch die Aufnahme vor dem Verwaltungsgebäude in Dörth. Unser Ziel in der neuen Verbandsgemeinde ist die langfristige Sicherung der Wasserversorgung. Neben einer Konzepterstellung sind folgende Maßnahmen schon jetzt konkret geplant: 1.    Neubau Aufbereitung und Hochbehälter im Soonwald 2.    Verbindung der Wasserversorgungsnetze der beiden ehemaligen VG-Werke 3.    Erschließung von Brunnen innerhalb der Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen Unkel: Die Trinkwasserversorgung für die Menschen und Betriebe in der VG Hunsrück-Mittelrhein ist zuverlässig und in hoher Qualität gesichert. Dies übernimmt der interkommunale Zweckverband RheinHunsrück Wasser, bei dem die VG Mitglied ist. Das Gewinnungsgebiet in der Feldflur von St. Sebastian bei Koblenz hatte selbst in den vergangenen heißen Sommern genügend Kapazitäten, um eine reibungslose Versorgung ohne Nutzungseinschränkungen zu gewährleisten. Das erwarten wir auch für die Zukunft. Abschließend: Wir sind gerade ins neue Jahr gestartet. Was wünschen Sie sich und ihren Mitbürger*innen für 2021? Boos: Ich wünsche allen Bürgerinnen und Bürgern alles Gute, vor allem Gesundheit und Gottes Segen für das neue Jahr. Insbesondere hoffe ich, dass auch diejenigen, die besonderen Beeinträchtigungen durch die Corona-Pandemie wie Krankheit, Kündigungen, Geschäftsaufgaben und ähnliche existenzielle Bedrohungen erfahren mussten, genügend Kraft und Unterstützung für eine positive Zukunft erhalten. Uns und aller Welt wünsche ich wieder uneingeschränkt soziale Kontakte sowie gemeinsame Unternehmungen, Kulturevents und Feste erleben zu dürfen. Unkel: Ich wünsche uns allen viel Glück, Gesundheit und Erfolg im neuen Jahr 2021. Dabei hoffe ich sehr, dass die stark belastende Corona-Pandemie durch die Massenimpfungen entscheidend eingedämmt werden kann. Selbstverständlich möchte ich an dieser Stelle die Gelegenheit wahrnehmen, allen Bürgerinnen und Bürgern herzlich zu danken, die sich für unser Gemeinwesen eingesetzt haben, sei es in den kommunalen Gremien, Verbänden und Vereinen, im kirchlichen und sozialen Bereich, in der Wirtschaft, bei den Feuerwehren und Rettungsdiensten und natürlich bei allen, die im Stillen von Mensch zu Mensch geholfen haben. Dieses mitmenschliche Engagement ist der Schlüssel für die bei uns besonders hohe Lebensqualität und den Zusammenhalt gerade in dieser schwierigen Zeit. Lassen Sie uns auch das neue Jahr in dieser hervorragenden Weise gestalten.


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