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Klaus Desinger

Es trifft besonders die kleinen Cafés und Läden

Seit zehn Jahren ist Aaron Müller (35) aus Idar-Oberstein Resident-DJ im Bierbrunnen auf Mallorca. Nach Lockdown und neuerlicher Reisewarnung stellt Corona das Leben dort auf den Kopf.

Neben Megapark und Bierkönig ist der Bierbrunnen eine der angesagtesten Party-Locations auf Malle, 2000 Gäste tummeln sich in normalen Zeiten dort täglich. Heute gähnende Leere, das Lokal hat in diesem Jahr gar nicht erst geöffnet. »Wir durften zwar, aber wir haben schon geahnt, dass die Infektionszahlen wieder nach oben gehen«, sagt Müller im WochenSpiegel-Gespräch.

»Jeder zweite Laden ist zu vermieten«


Mit seiner Freundin Alina (22) hat er eine Wohnung mit Meerblick  in Cala Ratjada, das Paar pendelt ständig zwischen Deutschland und der Insel. Hier haben sie viele Freunde gefunden, wie Sängerin Marion (Krümel) und Daniel Pfaff (Krümels Stadl), bekannt aus »Die Auswanderer« auf VOX. Der Stadl musste ebenso wie andere Nachtclubs wieder schließen. »Besonders hart trifft es die kleinen Bars, Klamotten- und Souvenirläden«, berichtet DJ Aaron. »An jedem zweiten Geschäft steht ‚se alquila‘, zu vermieten.« Die Zeiten von Eimersaufen sind erstmal vorbei, die Wege zum Klo sind oft zu eng und nicht zu beaufsichtigen. Die Policia Local kontrolliert streng, hohe Strafen oder Schließungen drohen bei Verstößen. Müller fühlt sich aber sicher auf der Lieblingsinsel der Deutschen, denn die Spanier seien sehr besonnen und hielten sich strikt an die Hygieneregeln.

"Demos und Massenaufläufe gibt es hier nicht"

»Die Leute ziehen hier bei 38 Grad die Maske auf. In den Läden geht man nur in eine Richtung. Wer ohne Maske erwischt wird, muss sofort 100 Euro Strafe bezahlen«, weiß der DJ. Zwar gebe es einige wenige Hotspots, wie Palma oder Inca, aber im Vergleich zur Nord- und Ostsee habe man in den Touristengebieten kaum Coronafälle. Demos und Massenaufläufe wie in Deutschland gebe es dort nicht. Die Polizei fährt verstärkt Patrouillen, kontrolliert sehr streng, das schreckt ab. »Das Risiko, in Idar-Oberstein von einem Blitz getroffen zu werden, ist höher, als sich auf der Insel zu infizieren«, mutmaßt Müller. Auch wenn die Strände durch die Spanier gut besucht sind, fehlen die deutschen Gäste. 98 Prozent der Urlauber in Cala Ratjada seien Bundesbürger. Läden wie »Heidis Schnitzelhütte« versorgen sie. Noch. Vielen nicht fest angestellte Arbeitnehmer, vor allem Kellner und Baarkeeper, driften in die Arbeitslosigkeit, wenn nicht sogar in die Obdachlosigkeit ab. Ein Sozialsystem wie hierzulande gibt es in Spanien nicht. »Den Kellnern geht es richtig schlecht«, weiß Aaron, während die Schlagersänger oft etwas angespart hätten. Ein Mickie Krause oder Peter Wackel könnten seiner Meinung nach von ihrem Erspartem leben, aber die Newcomer hätten große Probleme. Viele Gastromomen auf der Insel haben ein zweites Standbein, der Clubbesitzer betreibt noch ein Hotel, eine Bäckerei. Manchen DJs geht es aber richtig schlecht. »Ich habe einen Kollegen in S‘Arenal, der hat gar nichts mehr«, bedauert Müller.

Finanziell kommt man schnell an seine Grenzen


Viele Kollegen arbeiten im Winter in den Skigebieten, das wird 2020 nicht so sein. Schließlich fallen auch die Events in Deutschland nahezu alle aus, wo die Stars und Sternchen auf Mallorca-Partys ansonsten auftreten. Geld für Mieten, manche haben Kinder, da kommt man schnell an seine Grenzen.   Viele Hotels haben in diesem Jahr gar nicht erst geöffnet - oder schließen gerade wieder. Reise-Platzhirsche wie TUI oder Alltours würden gar keine Pauschaltouristen mehr schicken. Das Geld fürs ganze Jahr muss auf der Insel in drei bis vier Monaten verdient werden. Auch Aaron Müller beschleichen mittlerweile Existenzängste. »Im Winter muss ich mir in Deutschland einen Job suchen«. In drei Wochen ist er wieder auf Malle. »Wir müssen ja für die nächste Saison planen, ein Hygienekonzept, es muss ja irgendwie weitergehen...


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