Römerfunde in Remagen sind eine archäologische Sensation
»Das war für uns ein Überraschungsei«, sagt Dr. Peter Henrich, der Leiter der Außenstelle Koblenz der Landesarchäologie Rheinland-Pfalz. Als die Planung für die Baustelle an der Ecke Bahnhofstraße und Marktstraße begann, konnten die Archäologen nicht sagen, ob dort etwas gefunden werden würde oder nicht. Das liegt auch daran, dass die Fläche außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer lag und seitdem mit Gärten oder Parkplätzen bebaut war - wirklich in den Boden geschaut hat seit der Römerzeit niemand mehr.
Als die Firma Wahl mit der Arbeit auf dem Gelände anfing, stellten die Mitarbeiter schnell fest, dass unter der Erde eine ganze Menge zum Vorschein kam.
Das Gelände in Remagen lag in der Römerzeit an der Limesstraße, die zum römischen Kastell in Remagen führte. Ein idealer Ort für Händler und Gastwirte, um sich anzusiedeln. Dass es entlang dieser Straße Bebauung geben würde, war klar - wie weit sie reichen würde, das ließ sich nicht absehen. Bis jetzt. Doch nicht nur die Information, dass der »Vicus« - die römische Siedlung - so weit reichte, konnten die Archäologen aus den Funden ableiten. Es zeigte sich auch, dass die Bebauung deutlich anders ausgesehen hat, als man bisher vermutet hat. Schaut man in die Broschüren zum Kastell in Remagen, so zeigen die stilisierten Zeichnungen aufgereihte Streifenhäuser rechts und links der Hauptstraße. Dahinter findet sich in der Zeichnung keine Bebauung. Das allerdings deckt sich nicht mit den Ausgrabungen. Hinter den Streifenhäusern fanden sich mehrere weitere Gebäude und eine weitere Straße. »Wir können jetzt mit Sicherheit sagen, dass Remagen so nicht aussah«, resümiert Henrich mit Blick auf die nun veralteten Zeichnungen. Das sind allerdings nur die ersten Erkenntnisse, die die Archäologen des Landesamtes auf der Baustelle ablesen konnten. In welchen Etappen die Bebauung genutzt wurde.
„Wir können ganz eindeutig feststellen, dass eine Bauphase gab, die später überbaut wurde“, erklärt Grabungsleiter Stefan Ciesielski. So gibt es in einem Gebäude einen Brunnen, über dem später ein Boden eingezogen wurden. Man erkennt sowohl den zugeschütteten Brunnen als auch die Mauer, die über dem Umbau eingesackt ist.
Doch nicht nur die Ausgragungsstelle selber liefert Forschungsergebnisse. Es müssen auch noch Massen an Funden analysiert werden.
„Wir haben 500 Kisten Keramik hier rausgeholt“, erzählt Henrich. Diese Stücke wandern nun in die Außenstelle und werden dort restauriert. Erst dann können sich darauf klare Erkenntnisse ergeben.
Die Arbeit der Archäologen sieht dabei anders aus, als man sich das vielleicht gemeinhin vorstellt. Bagger, Schaufeln und Spitzhacken gehören zur Tagesordnung. »Sie finden hier keine Pinsel - die gibt es nur im Kino«, lacht Henrich.
Bis zum 15. Oktober noch wird das Team der Landesarchäologie vor Ort arbeiten. Die Ausgrabungsstätte ist in zwei Abschnitte eingeteilt, so dass die Firma Wahl im ersten Abschnitt nun schon mit der Ausschachtung des Geländes anfangen kann. Denn erhalten bleiben werden die Funde nicht.
Sie werden, so erklärt Henrich, katalogisiert, analysiert und festgehalten, aber die gefundenen Mauern werden danach zerstört. Die Auswertung wird dabei von der Stadt Remagen mit finanziert, die aktuell daran arbeitet, als Teil des Rheinlimes als Weltkulturerbe anerkannt zu werden. Beweise für römische Aktivitäten vor Ort helfen da natürlich.
Finanzierung
Dank der Zusammenarbeit mit der Firma Wahl, die das Gelände ausbaut, konnte das Grabungsprojekt gut über die Bühne gebracht werden. Bei einem Bauprojekt, das über 500.000 Euro kostet, muss ein Prozent davon eingeplant werden, um mögliche Archäologische Grabungen zu finanzieren.
“Wahl hat mehr als ein Prozent beigesteuert“, betont Dr. Peter Henrich. Außerdem stellte die Firma Werkzeuge und Bagger zur Verfügung.
Im Gegenzug konnten die Archäologen zügig arbeiten und den ersten Bauabschnitt schon wieder freigeben. Die Arbeiten am zweiten Abschnitt werden nach aller Vorraussicht zum 15. Oktober fertig sein.